Frau Manz, durch die Einführung der Fallpauschalen in 2003 hat es in den Kliniken einen Vergütungsausfall gegeben, der erstmal kompensiert werden muss. Das Deutsche Krankenhausinstitut spricht von einer schwierigen Lage der Krankenhäuser…
Auch wir mussten uns etwas überlegen. Zwar haben wir 2006 1,7 Millionen Euro Gewinn gemacht, doch war uns klar, dass die Vergütung, die sich aus den Fallpauschalen ergibt, für uns zukünftig erhebliche wirtschaftliche Risiken nach sich zieht. Vor allem vor dem Hintergrund, dass wir hochspezialisierte Leistungen hatten und auch weiterhin haben, die nicht in jedem Krankenhaus angeboten werden.
Welche zum Beispiel?
Wir versorgen Querschnittsgelähmte genauso wie Patienten, die ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten haben und gewährleisten die neurologische Frührehabilitation.
Sie haben sich gegen die traditionelle Form der Sanierung entschlossen und setzen auf Lean Management. Was bedeutet das?
Traditionelle Sanierung hätte bedeutet, Personal abzubauen und vor allem dadurch Kosten zu senken. Wir haben allerdings einen sehr großen Zulauf von Patienten und wollten künftig die größere Nachfrage bedienen können. Deshalb mussten wir effizienter werden. Die Idee Lean Management hat der Vorstandsvorsitzende unserer Holding, Professor Klaus Hekking, aus den USA mitgebracht. Dort befanden sich die Kliniken vor etwa zehn Jahren in einer ähnlichen Situation wie die deutschen Krankenhäuser heute. Und einige von ihnen setzten auf die Methoden des Lean Management. Das bedeutet eine Verschlankung der Strukturen vorrangig dadurch, Verschwendung zu vermeiden. Der wesentliche Gedanke des Lean-Hospital-Ansatzes ist, das Verbesserunsgprozessee nicht top-down vorgegeben werden, sondern durch die Mitarbeiter - buttom-up - initiiert werden. Die Mitarbeiter können die künftigen Prozesse im Krankenhaus mit gestalten.
Wie sieht das praktisch aus?
So genannte KVP-Trainer (*Anm. der Red.: Trainer für den Kontinuierlichen-Verbesserungs-Prozess) fragen die Mitarbeiter, was sie verbessern würden. Sie schauen dabei deutlich hinter die Kulissen und fragen immer wieder warum, um an den Kern des Problems heranzugelangen.
Diese KVP-Trainer kamen von der Porsche Consulting…
Ja, ursprünglich stammt Lean Management von Toyota. Porsche hat es Mitte der 90er Jahre aufgegriffen und auf das Porschewerk in Zuffenhausen übertragen. Jetzt nutzen wir die guten Erfahrungen, die Porsche damit gemacht hat. Inzwischen haben wir 13 eigene Mitarbeiter zu KVP-Trainern gemacht – Ärzte, Pfleger, Therapeuten und Mitarbeiter aus der Verwaltung.
Nennen Sie einen Prozess, den Sie verbessert haben.
In der Inneren Medizin gab es keinen eindeutigen Prozess für die Einweisung von Patienten. Manche waren geplant, manche Notfälle, andere kamen über den Hausarzt oder über gute Beziehungen zum Chefarzt. Heute wickelt das ein Assistenzarzt als Patientenmanager ab, der ausschließlich für die Aufnahme der neuen Patienten zuständig ist. Wir beschäftigen also heute nicht mehr bis zu acht Personen mit diesem Prozess, sondern einen.
Inwiefern unterstützt die IT diesen Prozess?
Prinzipiell ist es so, dass Erstkontakte über das KIS (Krankenhau-Informations-System) eingegeben werden und dann die betreffenden Bereiche wie die Radiologie oder der OP benachrichtigt werden. Gleichzeitig fließen neue Informationen in die Krankenakte ein. Die IT hat jahrelang ein Schattendasein geführt. Der Lean Management-Ansatz hat dazu geführt, dass die Forderung von den Mitarbeitern kam, die IT als Werkzeug stärker einzusetzen – also von Ärzten und Pflegern, die herkömmlicherweise nicht so gern mit IT arbeiten. Es entsteht sogar ein Positivdruck auf die IT, dass Dinge schnell umgesetzt werden sollen, dass man sehr irritiert ist, wenn die Systeme einmal kurzfristig nicht laufen.
Inzwischen ersetzen die eigenen Mitarbeiter die Porsche-Berater. Ist der Verbesserungsprozess dann bald abgeschlossen?
Nein, er wird nie abgeschlossen sein. Die Paten für Projekte, die KVP-Trainer, haben auch für Nachhaltigkeit zu sorgen und treffen sich daher in regelmäßigen Abständen mit ihren Mitarbeitern, um weitere Verschwendung - oder besser auf japanisch Muda (=Verschwendung) zu vermeiden.
Hat Muda jetzt auch zur Folge, dass Mitarbeiter entlassen werden?
Nein, wir haben vorher mit dem Betriebsrat eine Vereinbarung getroffen, dass durch den Change-Prozess keine Mitarbeiter entlassen werden dürfen. Es geht uns vorrangig darum, mehr Ressourcen zu schaffen für mehr Patienten – und natürlich auch darum, wirtschaftlich profitabel zu bleiben.