Mal schnell eine rauchen, ist ja nicht so schlimm, dauert nur fünf Minuten. Ist doch jetzt ein guter Zeitpunkt, die Besprechung ist gerade vorbei. Nach dem Mittagessen, nur eine kurze Kippe. Das ist Alltag in vielen Betrieben. Aber "schnell mal eine rauchen" ist teuer, für die Gesundheit und das Unternehmen.
Viele Mitarbeiter, egal auf welcher Ebene sie angesiedelt sind, machen sich keine Gedanken darüber, wie viel das eigene Laster ihren Arbeitgeber kostet. Eine ganze Menge – wie US-Wissenschaftler nun herausgefunden haben: Etwa 6.000 Dollar, rund 4.600 Euro, mehr pro Jahr müssen Unternehmen für rauchende Mitarbeiter mehr berappen.
Größter Kostenfaktor: Pausen
Viele Nichtraucher müssen sehr an sich halten, wenn die rauchenden Kollegen, mal wieder ein "Rauchpäuschen" einlegen. Insgesamt, so die Forscher der Ohio State University, kostet die "kleine Rauchpause" im Schnitt etwa 3.077 Dollar im Jahr. In der Metastudie kalkulierten die Wissenschaftler, dass ein Raucher zwei Zigaretten während der Arbeitszeit raucht. Für jede Kippe fallen 15 Minuten Arbeitszeit weg. Der Weg zur Raucherzone, der Plausch, die Zigarette selbst – das alles summiert sich. Daher müsste ein Raucher eigentlich eine halbe Stunde am Tag länger als ein Nichtraucher arbeiten, um die unproduktiver Zeit auszugleichen.
Braucht der Raucher nur eine Minute bis "vor die Tür", wird keine Viertelstunde daraus. Diese kurzen Wege aber verleiten häufig dazu, öfter eine Zigarette zu rauchen. Rein körperlich braucht ein Raucher alle 90 Minuten eine Zigarette, nicht nur zweimal am Tag. Wahrscheinlich ist der Zeitverlust also höher anzusiedeln. Zudem stören Pausen den Arbeitsablauf erheblich und die Raucher benötigen hinterher mehr Zeit, wieder in ihre Aufgabe hineinzufinden.
Raucher kosten 33 Milliarden Euro im Jahr
Die höheren Krankenversicherungskosten, die in den USA auf Firmen zukommen, schlagen in Deutschland nicht zu Buche. Daher sind die Mehrkosten hierzulande deutlich geringer anzusetzen als in Amerika. Trotzdem verursachen Raucher der Volkswirtschaft jedes Jahr 25,41 Milliarden Euro an direkten Kosten und 53,68 Milliarden Euro an indirekten Kosten, wie eine Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums (dkfz) herausfand.
Für das Einzelunternehmen entscheidend dürfte folgende Zahl sein: Raucher sind viel häufiger krank als Nichtraucher. Jedes Jahr liegt ein Raucher in den USA etwa drei Tage länger im Bett. In Deutschland, so die dkfz-Studie, litten Raucher acht Tage länger an Krankheiten, insgesamt hatten sie 50 Prozent mehr Fehlzeiten. Diese Fehltage wären einfach zu vermeiden und kosten die Firma Unsummen.
Trugschluss Konzentration durch Kippe
Viele Raucher glauben, dass sie durch die Entwöhnung müde und unkonzentriert bei der Arbeit sind und dadurch weniger leistungsfähig. "Wenn ich rauche, bin ich konzentrierter", sagen viele. Doch das ist ein Trugschluss. "Der Raucher gerät schon nach eineinhalb Stunden in den Entzug", erklärt der Psychiater Tobias Rüther, Leiter der Spezialambulanz für Tabakabhängigkeit der Münchner Uniklinik. "Er wird eher unkonzentriert, weil er nicht raucht – und nicht umgekehrt." Erst der Qualm beruhigt die Nerven wieder. Nichtraucher sind produktiver, weil sie eben nicht zittrig werden.
Das können Chefs tun
Macht Rauchen wach? Jein. Ein Raucher muss sich tatsächlich mit Zigaretten wachhalten. Das liegt aber nicht an einem Kaffee-ähnlichen Effekt, sondern daran, dass Raucher schlechter schlafen als Nichtraucher. Deswegen sind sie tagsüber müder und unkonzentrierter. Erst eine kurze Pause macht sie wieder kurzfristig wach. "Nach zwei bis drei Monaten ohne Zigaretten schläft man besser und kann konzentrierter arbeiten", sagt Rüther. Für einen Betrieb lohnt es sich also, seine Mitarbeiter bei der Rauchentwöhnung zu unterstützen.
Was können Führungskräfte tun, um ihre Mitarbeiter dabei zu unterstützen, mit dem Rauchen aufzuhören? Zuerst einmal sollten die Kollegen erkennen, dass Rauchen eine doppelte Abhängigkeit ist. Rauchen macht körperlich und psychisch abhängig. "Wenn Sie 30 Jahre lang zum Kaffee immer eine Zigarette geraucht haben, haben Sie sich selbst konditioniert", sagt der Suchttherapeut. Zudem ist Rauchen keine dumme Angewohnheit, der sich Raucher bereitwillig hingeben: "Rauchen ist eine Erkrankung, die sich der Raucher meist schon in Jugendjahren zugezogen hat." Die meisten Raucher sind ambivalent, wollen eigentlich aufhören. Aber die Sucht ist zu stark. Ein Unternehmen kann seine Mitarbeiter aber sehr gut dabei unterstützen, mit dem Rauchen aufzuhören.
Zum Rauchen gehört der soziale Aspekt. Nach dem Meeting oder dem Mittagessen geht man mit den Kollegen vor die Tür oder in den Hof. Bei einer Zigarette erfährt man unter Umständen nicht nur Privates, sondern auch wichtige Einzelheiten zu Projekten und den Flurfunk. "Raucher haben Angst, dass ihre sozialen Kontakte abbrechen, wenn sie aufhören", erklärt Rüther. Der Mitarbeiter kann selbst aktiv werden und seinen Kollegen sagen, dass er versucht aufzuhören. "Er sollte ruhig ansprechen, dass er Angst hat, den Anschluss zu verlieren", rät der Psychiater. Seine Raucherkollegen haben meist Verständnis und versuchen ihn anders einzubinden.
Nicht verführen
Gut gemeint, aber falsch: "Seine Kollegen sollten ihm dann aber keine Zigarette anbieten, um es ihm nicht noch schwerer zu machen", sagt Rüther. Will er nicht in die Raucherecke gehen – das ist gerade am Anfang schwierig –, könne man sich auch zum Kaffee woanders treffen. Hat ein Raucher die ersten Wochen überstanden, kann er sich ein paar Minuten später in die Raucherecke gesellen. Wichtig ist die Unterstützung der Kollegen, die den Mitarbeiter nicht aus dem sozialen Kreis ausschließen.
Das Unternehmen kann dagegen steuern: "Der Betrieb kann zum Beispiel kleine Wohlfühlecken einrichten, wo sich die Mitarbeiter ohne Zigarette gemütlich treffen können", schlägt der Suchttherapeut vor. Fehlen solche Orte, fehlt auch der soziale Austausch der Nichtraucher. Kleine Entspannungsinseln fördern den kollegialen Austausch und erleichtern es Rauchern ungemein, aufzuhören.
Lob und Unterstützung
Die Führungskraft kann den Mitarbeiter ebenfalls unterstützen. "Lob und Unterstützung bringt sehr viel", sagt Rüther. Für diejenigen im Team, die es noch nicht geschafft haben, vom Glimmstengel loszukommen, sei das übrigens eine Art Ansporn. "Sie freuen sich eher für den Kollegen, dass er es geschafft hat", erzählt der Psychiataer.
Die Fehler von Neu-Nichtrauchern
Chefs müssen besonders auf die "Aufhörer" achten. Ein fataler Fehler von Neu-Nichtrauchern: Sie machen keine Pausen. "Statt wie bisher alle 90 Minuten kurz mit dem Arbeiten aufzuhören, arbeiten viele durch", sagt Rüther. "Viele beklagen sich, dass sie viel mehr arbeiten und viel mehr Stress haben."
Neu-Nichtraucher nehmen sich nicht die Pausen, die sie bräuchten. Der Chef sollte darauf achten, dass die Kollegen durchaus mal kurz in die Kaffee-Ecke gehen oder nach draußen zum Durchatmen. Danach sind sie wieder effektiver bei der Arbeit. "Das Schlimme ist, dass in vielen Unternehmen die Raucherpause akzeptiert wird, aber eine Pause zum normalen Luftschnappen nicht", sagt Rüther. Daran kann ein Vorgesetzter viel ändern und ein positives Beispiel für seine Mitarbeiter sein.
Rückfälle gehören dazu
Wird ein Mitarbeiter wieder rückfällig, ist es wichtig, ihn keinesfalls dafür zu rügen. "Rückfälle gehören zum Entwöhnen dazu", erklärt der Suchttherapeut. Jeder Raucher greift mal wieder zur Zigarette. "Man muss versuchen, den Rückfall zu entkatastrophisieren", sagt Rüther. Stattdessen sollte man sich mit dem Kollegen freuen, dass er einige Wochen durchgehalten hat und ihn wieder beim Aufhören unterstützen.
Unternehmen dürfen Raucher keinesfalls diskriminieren. "Das führt nur zur Reaktanz: Die Mitarbeiter rauchen aus Trotz weiter", sagt Rüther. Der Betrieb muss seinen Mitarbeitern klar machen, dass er beide wertschätzt. Raucher sind keine Menschen zweiter Klasse. Stattdessen können Betriebe Rauchentwöhnungskurse für Mitarbeiter anbieten. "Das lohnt sich für einen Betrieb sehr", sagt Rüther. Drei Mal drei Stunden dauert ein Kurs. Zudem kann man ihn steuerlich absetzen: Ein Unternehmen hat laut Einkommenssteuergesetz 500 Euro im Jahr Freibetrag für jeden Mitarbeiter, die auch für Präventionsmaßnahmen eingesetzt werden können. "Die Erfolgsquoten sind sehr gut", sagt er.
Will ein Mitarbeiter aufhören, hilft es, sich im Unternehmen Gleichgesinnte zu suchen. In der Gruppe hören Mitarbeiter leichter auf. Sie motivieren sich gegenseitig und halten stetigen Kontakt, erzählt Rüther. Das baue auch weitere soziale Kontakte auf und verhindere Vereinsamung. Endlich rauchfrei muss vom Mitarbeiter selbst kommen, nicht von oben herab. Umso wichtiger, dass ein Ex-Raucher jede Hilfe bekommt.