Die Einzelhandelsbranche von heute ist eine Omnichannel-Welt. Klar im Vorteil sind daher Einzelhändler, die ihre Daten intelligent zu nutzen wissen und ihre Geschäftsprozesse danach ausrichten. Man denke hier beispielsweise an Unternehmen aus der Schuhbranche: Verfügen diese über ein zentralisiertes Produktinformationsmanagement und ist dieses in das ERP- und Fertigungsmanagementsystem integriert, können sie ihren Kunden eine konsistente Kundenerfahrung über alle Kanäle hinweg bieten. Außerdem versetzt sie das in die Lage, neue Services und Produkte schneller, besser und zielgerichteter auf den Markt bringen. Doch um dieses Potenzial zu erschließen, gilt es auch einige Herausforderungen zu meistern.
Der heutige Einzelhandel ist eine schnelle, technologiegetriebene und komplexe Branche. Die größten Herausforderungen sind dabei die sich ständig ändernden Wünsche der Verbraucher sowie die Menge, Vielfalt und Geschwindigkeit, in der strukturierte, unstrukturierte und semistrukturierte Daten anfallen. Ein Paradebeispiel hierfür ist der Schuhhandel - allein 2013 gaben die Deutschen rund 11 Milliarden Euro für Schuhe aus.
Die Verwaltung großer Datenmengen war für Schuheinzelhändler schon immer entscheidend, insbesondere seit dem Siegeszug des E-Commerce. Die Distribution über mehrere Kanäle ist heute kein Alleinstellungsmerkmal mehr, macht das Thema Datenverwaltung aber noch komplexer. Der gezielte Verkauf über Online-Shops, Printkataloge und Filialen verlangt nach einem Omnichannel-Konzept, das den Kunden eine integrierte und durchgängige Einkaufserfahrung bietet. Um dies zu ermöglichen, müssen große Mengen an Produkt- und Kundendaten effektiv verwaltet und analysiert werden.
Komplexität der Produktsortimente
Dabei gilt es, die richtige Balance zwischen Zweckmäßigkeit und Auswahl zu finden. Doch diese Aufgabe ist komplex: Faktoren wie Funktionalität, Mode oder die Verfügbarkeit von Schuhen in speziellen Größen spielen mit hinein. Deshalb ist es oft schwierig für Schuhunternehmen, die richtige Auswahl an Schuhen zur richtigen Zeit am richtigen Ort verfügbar zu haben.
In der Schuhbranche verfügen Einzelhändler und Hersteller im Durchschnitt über ein Portfolio von 40.000 Modellen. Angesichts der Tatsache, dass Schuhe zu den populärsten Produkten zählen, scheint diese Zahl nicht besonders hoch. Wenn man jedoch auch Aspekte wie Größe, Farbe, Herstellungsland und Saisonkollektionen berücksichtigt, steigt die Zahl der Artikel (Stock Keeping Units, SKUs) exponentiell an. Entsprechend kompliziert und anspruchsvoll wird das Datenmanagement.
Die meisten Schuhe sind in zwölf verschiedenen Größen und mindestens drei Farben erhältlich, außerdem gibt es für jede Saison eine neue Kollektion. Multipliziert man diese Faktoren, wird deutlich, um welch gigantische Dimensionen es hier geht:
40.000 Produkte
× 12 verschiedene Größen
× 3 verschiedene Farben
× 4 verschiedene Saisonkollektionen
= 5.760.000 Artikel (SKUs) pro Jahr
Angesichts dieser enormen Menge von Artikeln haben viele Schuhunternehmen Schwierigkeiten, die Masse an Produktdaten aktuell zu halten. Für große Multibrand-Einzelhändler, die mehrere Marken im Sortiment haben, liegt die Zahl noch wesentlich höher. Ein effizientes und effektives Datenmanagement ist daher unabdingbar.
Komplexe Datenwelt - Trends im E-Commerce
Eine Studie von Cognizant hat signifikante Veränderungen im Einkaufsverhalten gezeigt: Entscheidend für den Erfolg ist die Erfahrung, die der Kunde mit der Marke macht, egal ob online oder in der Filiale. Daher ist es wichtig, dass Einzelhändler ihre digitalen Strategien mit den Filialprozessen abgleichen und zugleich ein hohes Maß an Personalisierung bieten.
Personalisierung setzt voraus, dass der individuelle Kunde bekannt ist und jederzeit Klarheit über seine Wünsche (Was? Wo? Wann? Wie?) besteht, auch wenn er mehrere Kanäle für einen Kaufvorgang nutzt. Laut der Studie gelingt es allerdings nur wenigen Einzelhändlern, diese Anforderungen zu erfüllen. Ein Beispiel dafür ist "Click and Collect", also die Bestellung im Internet mit Abholung in der Filiale. Mit gutem Grund haben viele Einzelhändler dieses Modell in den vergangenen Jahren eingeführt: 30 Prozent der Online-Kunden entscheiden sich für eine Abholung in der Filiale, 65 Prozent davon kaufen bei Abholung weitere Produkte.
Allerdings berichten auch mehr als 60 Prozent der Kunden von Problemen bei der Abholung. Zum Beispiel waren die Artikel nicht vorhanden, es gab lange Schlangen an der Kasse oder ähnliches. Für viele Einkaufende fängt die Einkaufserfahrung im Internet an - da funktioniert die Bestellung meistens ziemlich reibungslos. Alles, was in der Filiale folgt, muss diesen hohen Erwartungen entsprechen. Personalisierte Interaktion ist dabei besonders wichtig - und die Grundlage dafür bereitet die effiziente Verwaltung und Analyse der Daten.
Noch mehr Daten entstehen im Marketing, denn angesichts des zunehmenden Online-Datenverkehrs setzen Schuhhändler verstärkt auf Bilder und Videos, um die Absatzzahlen zu erhöhen - auch diese unstrukturierten Daten müssen verwaltet werden. Einige Online-Schuhhändler ermöglichen ihren Kunden sogar eine virtuelle Schuhanprobe. Mit intelligenten Algorithmen wird die Fußform erkannt, und der Kunde braucht nur noch auf das Schuhmodell zu klicken, das er anprobieren möchte. Diese spannende Möglichkeit benötigt ebenfalls sehr viele Daten und bringt damit die konventionelle Informationsarchitektur des Einzelhändlers an ihre Grenzen.
Mehr Daten brauchen effizienteres Management
Die zunehmende Menge und Komplexität der Daten unterstreicht die Notwendigkeit, das Datenmanagement effizienter zu gestalten. Ein wichtiger Schritt besteht darin, die Erfassung, Analyse und Verteilung der mit dem Produkt verknüpften strukturierten und unstrukturierten Daten an zentraler Stelle zu bündeln.
Ein weiterer wichtiger Faktor, der für die Zunahme der Datenmenge verantwortlich ist, sind die Saisonkollektionen. Eine akkurate Auswertung ist nur möglich, wenn sich die verschiedenen Saisonkollektionen unterscheiden lassen. Außerdem müssen kontinuierlich Preisanpassungen vorgenommen werden. Bei Absatzanalysen sollte daher aus Gründen der Genauigkeit eine Differenzierung zwischen ursprünglichem und reduziertem Preis möglich sein.
Zusammenführung und Aggregation der Daten
Schuheinzelhändler mit einer Online-Präsenz unterschätzen möglicherweise, wie wichtig ein starkes Datenmanagement auch für die Fähigkeit ist, den Return-on-Investment ihrer Marketingstrategien zu evaluieren. Aktionen in sozialen Netzwerken machen die Datenlage noch komplizierter, denn hier entsteht zusätzlich zu den strukturierten und semistrukturierten Interaktions? und Transaktionsdaten ein ständiger Strom an unstrukturierten Daten. Bei vielen Einzelhändlern ist der Prozess, eine geeignete Multichannel-Strategie mit zugehörigen Messdaten, Analysewerkzeugen und Erfolgskennziffern zu entwickeln, noch nicht abgeschlossen.
Datenmanagement und Analyse im Schuhbereich
Ein durchdachter, effizienter Ansatz für Datenmanagement und Datenanalyse kann dabei helfen, die oben genannten Herausforderungen zu überwinden. Dabei sind die folgenden Schritte zu empfehlen:
ERP-System Integration: Damit Fragen zum Produktsortiment oder den saisonalen Absätzen mit einem Klick beantwortet werden können, müssen das Produktmanagement und die entsprechenden Analyselösungen in das ERP-System integriert sein. Das Verkaufen von Schuhen ist komplex, schnell und kaum vorhersehbar. So ist die Kontrolle über die Daten ein entscheidender Faktor.
Das Datensystem sollte als einheitliche Informationsquelle fungieren, auf die sowohl das ERP? als auch das Fertigungssystem zugreifen können. Die zentrale Speicherung der Daten in einem System ermöglicht den Zugriff auf das Produktinformationsmanagement-System (PIM-System) von jedem berechtigten Ort aus, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unternehmens.
Markteinführungszeit verkürzen: Aufgrund von vier oder mehr saisonalen Phasen ist die Markteinführungszeit extrem wichtig. Die Planung neuer Produktkollektionen und die entsprechende Dateneingabe dürfen nicht mehrere Wochen dauern. Häufig laufen Prozesse parallel, weil externe Agenturen, wie zum Beispiel Marketingpartner, oder andere Firmen, wie beispielsweise Distributoren, beteiligt sind. Daher ist die manuelle Dateneingabe ein Hemmnis für den erfolgreichen Online-Vertrieb.
Da Bilder beim Kauf von Schuhen eine große Rolle spielen, sollten die Produktdetails mindestens ein großes Bild, eine kurze Beschreibung sowie die verfügbaren Farben und Größen umfassen. Das Hinzufügen zusätzlicher Beschreibungen, Bilder, Videos und Verweise sollte in einen Erweiterungsprozess ausgelagert werden. So kann die Produktpräsentation später noch erweitert und verbessert werden. Doch am Anfang muss der Fokus darauf liegen, das Produkt so schnell wie möglich online zu stellen und für die Kunden verfügbar zu machen.
Kundenfeedback einbauen: Schuheinzelhändler sollten den direkten Kundenkontakt nutzen und die Kunden um Bewertungen und Feedback bitten. Heute ist das Sammeln und Analysieren von Kundenfeedback einer der wichtigsten Wege, um an Produktplanungsdaten zu gelangen, weil dadurch Trends viel schneller identifizierbar werden als in der Vergangenheit.
Vielfach geht das Feedback in Form von unstrukturierten E-Mails ein, die oft sehr nützlich sind, das Datenmanagement aber noch komplexer machen. Online-Formulare, zum Beispiel Rezensionen mit einer 5-Sterne-Bewertungsskala, sind da strukturierter und leichter zu verwalten. Die Option, einen Kommentar zu hinterlassen, sollte in das Bewertungssystem integriert sein, und negatives Feedback sollte als Chance gesehen werden, mit einem unzufriedenen Kunden in Kontakt zu treten und dadurch Vertrauen innerhalb der Community zu schaffen.
Negatives Feedback kann zudem wichtige Hinweise auf bislang verborgene Fehler im Store oder bei den Online-Medien enthalten, die möglichst zeitnah behoben werden sollten. Wenn ein Händler Feedback schnell analysiert und darauf reagiert, schützt er damit nicht nur seinen guten Ruf, sondern erzeugt in vielen Fällen bei dem zuvor kritischen Kunden eine besonders enge Bindung an das Produkt beziehungsweise die Marke.
Datenmanagement und Analyselösungen bieten die Möglichkeit, Produktinformationen mit Kundenmeinungen zu verknüpfen. Die in einem zentralen Daten-Hub befindlichen Produktdaten können nicht nur die Eigenschaften des Produkts, sondern auch produktbezogene Kommentare, Feedback und Reaktionen der Kunden enthalten. Dies ermöglicht einem Händler, in jeder Situation proaktiv zu handeln.
So wird ein Schuh daraus
Viele Schuhunternehmen verlassen sich immer noch auf intern entwickelte Marketing-Datenbanken und Vertriebssoftwarelösungen, die nicht integriert sind und sich nicht anhand von bestimmten Kriterien steuern lassen. Ohne eine gut gestaltete Datenkontrolle sind Daten-Crashs und Fehler bei der Auswertung unvermeidbar.
Schuhunternehmen müssen sich auf diesen Wandel vorbereiten, der mit der Digitalisierung einhergeht. Die Vorbereitung sollte dabei nicht nur neue Systeme und Prozesse umfassen, sondern auch die interne Kultur. Das erfordert geplantes Änderungsmanagement und ein genaues Wissen der Entscheidungsträger um die Einflussfaktoren und Ziele der Initiative.
In Bezug auf die IT sollten Schuheinzelhändler sicherstellen, dass ihre internen Altsysteme während der Implementierung des neuen Datenmanagementsystems weiterhin funktionieren. Dann können sie die Daten langsam aus diesen älteren, unflexiblen Systemen in die neuen Systeme migrieren, die bereits zu dem zentralen Datenmanagement-Hub gehören.
Das Schuhgeschäft ist hochdynamisch, und die Präferenzen der Kunden wandeln sich ständig. Daher sind Unternehmen mit einer unausgereiften Produktdatenverwaltung deutlich im Nachteil. Kürzere Markteinführungszeiten sind nicht nur wichtig, sie sind auch der entscheidende Faktor für langfristigen Geschäftserfolg.
Erfolgreiche Schuheinzelhändler nutzen alle verfügbaren Vertriebskanäle und hören ihren Kunden genau zu. Denn nur so entstehen enge Kundenbeziehungen sowie vielfältige, ansprechende und relevante Einkaufserfahrungen.