Für eine erfolgreiche Digitalisierung fehlt es CIOs in Deutschland an Mitarbeitern mit den notwendigen Skills. Die Lösung liegt in offeneren unternehmensübergreifenden Strukturen, mit denen sich das Silodenken aufbrechen lässt.
Seinen Talk bei den Hamburger IT-Strategietagen startete Frank Ridder mit beeindruckenden Zahlen: Der Managing Vice President und Head of Research DACH bei der Gartner Deutschland GmbH hatte ausgerechnet, dass die Kongressteilnehmer gemeinsam 17.000 Jahre IT-Erfahrung mitbringen. Das entspricht mehr als sechs Millionen Tagen
Das diesjährige Motto der Strategietage "It's all about speed" setzt Ridder mit den häufig überzogenen Erwartungen aus Geschäftsführungen an die Digitalisierung gleich. Viele sehen Geschwindigkeit als das Allheilmittel und verlangen Innovationen und Veränderungen im Wochentakt. Bei aktuell stattfindenden Digitalisierungsprojekten unterscheidet der Gartner-Mann zwischen Projekten im Wachstumsfokus und Projekten im Verbesserungsfokus. Zu 90 Prozent befinde man sich seiner Meinung nach noch im Verbesserungsfokus.
Digitalisierung hat Prio 1 bei CIOs in Deutschland
Wie wichtig das Thema Digitalisierung für CIOs in Deutschland ist, verdeutlichen Zahlen aus der aktuellen Gartner-Umfrage unter IT-Verantwortlichen: Digitalisierung ist die höchste Priorität unter CIOs, 41 Prozent fokussieren ihr Business darauf. An zweiter und dritter Stelle folgen die Themen M&A sowie Technologie-Investitionen. Diese Investitionen fließen in Deutschland vor allem in Business Analytics, Cloud und ERP.
Bei der Organisation eines Digital Business beobachten die Analysten von Gartner vier erfolgversprechende Modelle:
Digitale Ambassadore arbeiten in verschiedenen Unternehmensbereichen. Sie begeistern sich für das Thema Digitalisierung, kennen sich aus und wollen das Thema ins Unternehmen tragen. Zur Vernetzung der Ambassadore kann beispielsweise eine digitale Community beitragen.
Digitale DNA im Unternehmen: Bei diesem zweiten Modell wählt das Management einen radikaleren Ansatz und möchte sein gesamtes Unternehmen auf Digitalisierung ausrichten.
In einem dritten Modell werden digitale Themen in einer separaten internen Organisation gebündelt. Unternehmen erhoffen sich, so schnell genug am Markt agieren zu können.
Auslagerung: Modell vier lagert Digitalisierungsthemen in eine separate externe Organisation aus, die diese Themen vorantreibt.
"Letztendlich müssen die Dinge zu Ihnen passen", lautet Ridders Empfehlung für die Wahl des eigenen Modells.
Ein Selbstläufer ist das Thema Digitalisierung in Deutschland bislang nicht. Gefragt, wo es hakt, begründen CIOs das in der Gartner-Umfrage mit mangelnden Skills ihrer Mitarbeiter (18 Prozent), dem fehlenden Führungsmandat (13 Prozent), Budget-Engpässen und fehlender Unterstützung durch das Management (beide elf Prozent).
Wichtigste Frage: Warum soll digitalisiert werden?
Ridder und seine Kollegen sehen bei der Reise zu einer erfolgreichen Digitalen Transformation drei Bausteine als essenziell:
1. Bimodale IT
Erfolgreiche Unternehmen setzen auf eine IT der zwei Geschwindigkeiten. Auf der einen Seite überlegen Sie, wie sie ihre Altsysteme effizienter gestalten und so schneller machen können. Auf der anderen suchen sie neue schnelle Wege und integrieren diese Innovationen erfolgreich in ihr Business und die bestehenden Systeme.
2. Skills
Bei Skills geht es Ridder um weit mehr als darum, welche Fähigkeiten die Mitarbeiter eines Unternehmens mitbringen. Er empfiehlt eine offenere Herangehensweise an das Thema: Partnerschaften mit Universitäten und Startups sowie eine Kollaboration über Unternehmensgrenzen hinweg, bei der Partner gemeinsam neue Geschäftsmodelle entwickeln.
3. Elemente der digitalen Transformation
Ridder macht klar, dass ein erfolgreich digitalisiertes Unternehmen viel mehr mitbringt als eine hochentwickelte IT. Voraussetzung ist die Frage nach dem "Warum?". Wieso möchte man sich überhaupt mit dem Thema Digitalisierung beschäftigen? Die Antwort "Weil es alle tun" zählt dabei nicht. Als essenziell sieht Ridder neben der Architektur beispielsweise das Sourcing. Wie findet ein Unternehmen geeignete Startups oder Unternehmen für Partnerschaften? Gibt es diese Partnerschaften, muss das Outcome Management thematisiert werden. Wie rechnet man auseinander? "Klassische ROI-Berechnungsmodelle taugen nichts für Digitalisierung", so Ridder. Auch das Projektmanagement muss sich anpassen und offen für neue Tools und Methoden sein. Schließlich sind auch Kommunikation und die Unternehmenskultur zentrale Bausteine für das Gelingen der Digitalen Transformation. "Erlauben Sie Ihren Mitarbeitern, Fehler machen zu dürfen und daraus zu lernen", appelliert Ridder. Wer diese Bausteine befolgt, kann die Reise beginnen und den digitalen Wandel mitgestalten.
Hamburger IT-Strategietage Umfrage "It's all about speed"
"It's all about speed" Für die Hamburger IT-Strategietage 2017 hat das CIO-Magazin Manager gefragt, was sie über das Motto "It's all about speed" denken. Was steht in Sachen digitale Transformation ganz oben auf der Agenda?
Ralf Gernhold, Miles & More Der CIO von Miles & More, Ralf Gernhold, stellt eine Gegenthese auf: "Digital Transformation: It’s all about Speed? It’s all about Culture!"
Roger Kehl, Festo Festo-CIO Roger Kehl nennt zwei Stichworte: "Erstens Cloud first – Umbau der bestehenden IT-Landschaft in eine hoch skalierbare, flexible und schnelle IT-Infrastruktur. Und zweitens Big Data & Analytics Plattformen für real time Datenanalyse, Machine Learning et cetera – wichtig für Produktion oder unsere eigenen Produkte (IoT) und die neuen Geschäftsmodelle."
Martin Niemer, VMware Martin Niemer, Europa-Marketingleiter bei VMware, erklärt: "In einer Studie, die letztes Jahr veröffentlicht wurde, gaben fast die Hälfte der knapp 4.000 weltweit befragten Entscheider an, dass sie nicht sagen könnten, wie es um ihr Business in drei Jahren aussieht. Um den schnellen Veränderungen begegnen zu können, gilt es, die IT sowohl auf der technischen wie organisatorischen Seite dafür vorzubereiten, so dass sie auf die sich schnell verändernden Anforderungen reagieren kann."
Martin Wibbe, Atos Senior Vice President & COO bei Atos Martin Wibbe sagt: „Mit unseren Kunden entwickeln wir gemeinsam neue Umsatzmöglichkeiten durch neue Geschäftsideen, ermöglicht durch neuste Technologie! Wir unterstützenmit unserem Netzwerk und unseren Erfahrungen und Methoden! Wichtig ist zu sehen wo die Digitale Transformation am ehesten Werte schafft für die Unternehmen, sowohl kurzfristig als auch mittelfristig. Dabei gibt es keinen Standard! Es braucht nur Mut! “
Matthias Spott, Kaskilo CEO der Kaskilo AG ist Matthias Spott. Für ihn heißt Speed, "schnellstmöglich die Raumfahrt nicht mehr nur als Selbstzweck, sondern als Enabler für die Digitalisierung all unserer Industrien zu positionieren. Früher war Raumfahrt zumeist staatlich getrieben, teuer und langwierig. Heute wird Raumfahrt zunehmend kosteneffiziente, zielgerichtete und leistungsfähige Infrastrukturen bereitstellen, die wir für alle Arten von Anwendungen und Dienstleistungen nutzen werden."
Daniel Hartert, Bayer Bayer-CIO Daniel Hartert bringt es schnell auf den Punkt: "It’s all about value creation for the consumer / customer."
Jochen Fauser, Deloitte Jochen Fauser, Partner Technology Strategy & Architecture bei Deloitte, sagt: "Für eine erfolgreiche digitale Transformation muss schnellstmöglich die Integration von Kernsystemen vorangetrieben werden, um dem Kunden tiefgehend nutzenbringende Funktionalitäten zur Verfügung zu stellen – und nicht nur auf grafisches Begeisterungsmoment zu setzen."
Matthias Frühauf, Veeam Matthias Frühauf ist Regional Presales Manager CEMEA bei Veeam Software. Er sagt: "Im Rahmen der digitalen Transformation werden immer mehr Businessmodelle durch Servicedienstleistungen ergänzt oder abgelöst. Die Fehlertoleranz auf Seiten der Kunden – oder besser gesagt: User – ist gleich Null: Services müssen 24x7 zur Verfügung stehen… und das 365 Tage im Jahr. Ein gut strukturiertes Hochverfügbarkeitskonzept mit minimalen Ausfallzeiten ist deshalb essentiell für den Erfolg."
Michael Hilzinger, Klöckner Auf der Agenda von Michael Hilzinger, Managing Director bei Klöckner, stehen vier Punkte: "Erstens Bau einer skalierbaren Plattform für digitales Geschäft, zweitens insbesondere Digitalisierung der Kommunikationskanäle und des Datenflusses Richtung Kunden und auch Richtung Supplier sowie drittens vertikale, digitale Tiefenintegration mit Systeme von Kunden und viertens Öffnung der Plattform für Dritte."
Heiko Packwitz, Lufthansa Industry Solutions Heiko Packwitz, Chief Marketing & Communications Officer bei Lufthansa Industry Solutions, sagt: "Unsere Aufgabe ist es an allererster Stelle, unsere Kunden in die Lage zu versetzen, mit dem rasanten Tempo des Wandels umzugehen. Dabei müssen unsere Berater die richtigen Technologien und Methoden der digitalen Transformation zum passenden Zeitpunkt sicher beherrschen. Labs und eine strategische Entwicklung der Mitarbeiterkompetenzen sind hier wichtige Maßnahmen."
Burkhard Kaufmann, Bitmarck Bitmarck-Geschäftsführer Burkhard Kaufmann sagt: "Auf der Prioritätenliste ganz oben steht die Ausrichtung der Organisation und des Mindsets der Mitarbeiter. Ohne das Verständnis für die Notwendigkeit der massiven Veränderungen und die Bereitschaft sich auf diese einzulassen und diese aktiv zu gestalten, wird keine digitale Transformation gelingen."
Lumir Boureanu, Eurodata Für Lumir Boureanu, Geschäftsführer von Eurodata, bedeutet Speed: "Weg zum Nischendenken, hin zur Vernetzung! Eigene Kompetenzen in digital Value umsetzen."
Oliver Blüher, Dropbox Oliver Blüher, Country Manager DACH & Nordics bei Dropbox, sagt: "Der Mitarbeiter – in dem ganzen Hype um Plattformen, verbundene Geräte, selbststeuernde Fahrzeuge und Geräte wird der Mensch gerne vergessen. Es wird eine gewaltige Herausforderung sein, den Menschen auf diesem Weg des Wandels mitzunehmen."
Thomas Fischer, All for one Steeb Thomas Fischer, Digital Strategist und Managing Director bei All for one Steeb, erklärt: "Frei nach Bill Clinton: It’s the unternehmenskultur, stupid! Ob man es Speed, Agilität oder Innovationsfähigkeit nennt – Sie werden hier nichts wirklich bewegen, wenn Ihr Unternehmen von starrer Hierarchie und Sicherheitsfokussierung bestimmt wird."