Wenn Business-Anwendungen auf Smartphone, Tablet oder Notebook kompliziert zu bedienen sind, bringen Mitarbeiter dafür kein Verständnis auf. "Die wollen es genauso einfach haben wie auf ihren persönlichen Geräten", sagt Thomas Mayr, Leiter IT und Technik bei Lotto Bayern. Doch die hohen Sicherheitsanforderungen stehen dem im Weg - und die sind "für uns nicht diskutierbar", wie Mayr betont.
Gestiegene Erwartungen der Anwender
Auch für Mitarbeiter im Home Office kann es zu unvermeidlichen Einschränkungen kommen, etwa wenn bestimmte Anwendungen nicht verfügbar sind oder der Citrix-Zugang zu Einbußen bei Performance und Bedienbarkeit führt. CIOs müssen also den Spagat hinbekommen, den gestiegenen Erwartungen gerecht zu werden, ohne die Erfordernisse des Business zu vernachlässigen. Weil aber Anwender die Hemmnisse beim mobilen Arbeiten oft nicht nachvollziehen können, ist die IT gefordert, die Zusammenhänge zu erklären. "Deswegen legen wir besonders viel Wert auf Kommunikation und Weiterbildung", betont Mayr. "Denn wer den Durchblick verliert, wird schnell unzufrieden."
Blockchain war der Renner
Bei Lotto Bayern kommt daher den sogenannten IT-Talks eine große Bedeutung zu: Alle vier Wochen stellt ein IT-Mitarbeiter ein Thema oder eine neue Technologie vor. Offen ist diese Veranstaltung für alle 380 Mitarbeiter der staatlichen Lotteriegesellschaft. Hier zeigt die IT beispielsweise, wie sie Endpoint-Security am Rechner sicherstellt oder den Konzern vor DDoS-Attacken (Distributed Denial of Service) schützt. In weiteren IT-Talks berichteten ITler wie Cloud Computing, Data Analytics oder auch die Blockchain-Technologie das Geschäft verändern könnten. Gerade Blockchain sei der Renner gewesen, sagt Mayr, der Raum habe nicht für alle Teilnehmer ausgereicht.
Neben dem IT-Talk und diversen internen und externen Schulungen gibt es im Unternehmen auch noch das Wissensforum, in dem allgemeine Themen wie Compliance und Datenschutz erläutert werden. Und schließlich erhalten die Bedienkräfte aus den Annahmestellen in der "Lotto-Akademie" ihre Schulungen. Für all diese Anforderungen baut Lotto Bayern derzeit eine E-Learning-Plattform. "So können wir alle Mitarbeiter und die Bedienkräfte in den rund 3500 Annahmestellen schnell und ohne großen Aufwand schulen", erklärt IT-Leiter Mayr. "Anwender wollen sich dann informieren, wenn sie die Hilfe brauchen und Zeit haben, sich mit den Themen zu beschäftigen."
Der IT Excellence Benchmark
Um zu messen, ob die vielfältigen Maßnahmen fruchten, hat Lotto Bayern jetzt zum fünften Mal seit 2008 am IT Excellence Benchmark (ITEB) teilgenommen. Der eingeschlagene Kurs wurde dabei voll bestätigt: Lotto Bayern gelang 2017 der Sprung auf den zweiten Platz im Benchmark. Das kann sich sehen lassen, ist ITEB doch deutschlandweit die größte Studie, die sich mit der Zufriedenheit von IT-Anwendern in Unternehmen beschäftigt. Seit 2007 betreibt das CIO-Magazin diesen Wettbewerb zusammen mit der TU München und der Business Group Munich. Mittlerweile liegen dem Benchmark knapp 120.000 verwertbare Interviews aus mehr als 300 Umfragen in Unternehmen zugrunde.
Zum Video: Schulungen sind jeden Euro wert
Die Fragen an die Anwender drehen sich unter anderem um Kommunikation und Zusammenarbeit, Zufriedenheit mit IT-Service-Desk und IT-Systemen, Schulungen, Innovationsbereitschaft der IT sowie die allgemeine Zufriedenheit. Dabei dürfen die Mitarbeiter auf einer Skala von 1 (vollkommen zufrieden) bis 5 (unzufrieden) abstimmen. Für Mitarbeiter in internationalen Standorten kann die Umfrage auch mehrsprachig durchgeführt werden.
Dachser schult Beratungskompetenz
Knapp hinter Lotto Bayern errang die Dachser SE den dritten Platz beim ITEB-Wettbewerb. Bereits seit dem Start des Benchmarks hat das Logistikunternehmen aus dem Allgäu jedes Jahr teilgenommen. Schon vor 13 Jahren hatte die Dachser-IT begonnen, Schulungsmodule für die weltweit 290 IT-Koordinatoren und IT-Service-Desk-Mitarbeiter anzubieten. Die Koordinatoren sitzen in den globalen Niederlassungen und fungieren als Schnittstellen zwischen den 410 Mitarbeitern der zentralen IT in Kempten und den anderen Standorten.
Am Anfang gab es fünf solche Schulungsmodule, inzwischen sind es bereits 13. Einen besonderen Schub brachte das vor vier Jahren erstmals erprobte, bislang neueste Modul: Drehten sich die bisherigen Schulungsangebote um technische Themen wie mobile Geräte, IT-Sicherheit oder Desktop-Management, so geht es im 13. Modul um "Beratungskompetenz".
Erst skeptisch gegenüber Schulungen für Beratungskompetenz
Zunächst betrachtete Hubert Reiser, Department Head Collaboration & User Experience bei Dachser, diese Schulung skeptisch. Er glaubte nicht, dass IT-Mitarbeiter dort etwas Hilfreiches, ergänzend zu den bestehenden Kursen, lernen konnten. Als Co-Moderator nahm er am ersten externen Kurs teil, um die Theorie mit Praxiserfahrungen anzureichern. Zurück kam er mit der Erkenntnis: "Da muss in den nächsten Jahren jeder IT-Koordinator hin." Tatsächlich komme von den Teilnehmern bis heute dasselbe Feedback: "Hätte ich das eher gewusst, dann wäre ich schon vor Jahren hingegangen!"
Beratungskompetenz heißt für Reiser, Probleme schnell analysieren und daraus kurzfristige Maßnahmen ableiten zu können. Hinzu müsse eine hohe Sozialkompetenz im Umgang mit Menschen kommen sowie Hilfsbereitschaft und die Fähigkeit, verständlich zu erklären. "Dieses Beratungsmodul ist eine sehr unübliche Maßnahme", sagt Reiser und spitzt zu: "Es ist nicht so wichtig, was ein IT-Mitarbeiter weiß, sondern was er vermitteln kann."
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Hilfreich dabei ist, dass Dachser neue IT-Mitarbeiter in den ersten sechs Monaten immer für eine Woche in eine Niederlassung entsendet. "So verstehen unsere IT-Kollegen viel besser, was die Mitarbeiter vor Ort brauchen. Das kostet alles viel Zeit und Geld. Aber diese Schulungen sind jeden Euro wert", betont Reiser.
Interhyp geht in die Fachbereiche
Um die Business-Prozesse besser zu verstehen, schickt auch der Münchner Baufinanzierer Interhyp seine Mitarbeiter aus dem IT-Support regelmäßig für einen Tag in einen Fachbereich. Dort sollen sie miterleben, was es beispielsweise für Vertriebler bedeutet, wenn bei ihnen eine Datenbank ausfällt oder das Telefon nicht funktioniert. "Den Austausch von Support-Mitarbeitern und den Fachbereichen haben wir im vergangenen Jahr nochmals intensiviert", sagt Oliver Winkler, Leiter Windows Services bei Interhyp. Mit der Bestnote von 1,67 bei der "Allgemeinen Zufriedenheit" errang die Interhyp wie schon in den beiden Vorjahren den ersten Platz beim IT Excellence Benchmark 2017. Der Durchschnittswert aller Teilnehmer lag bei 2,66.
Zur Anwenderzufriedenheit trägt nicht zuletzt bei, dass die Rechner und Systeme zuverlässig laufen. Deswegen will die IT der Interhyp in diesem Jahr darangehen, Stabilität und Performance der Clients zu erhöhen. System- und Applikationsausfälle sollen anonym ausgewertet werden, um proaktiv Ausfälle oder Störungen vermeiden zu können. Denn User melden längst nicht jedes Problem und jeden Absturz, so dass der Support diese Störungen selten mitbekommt. Außerdem sollen Collaboration-Tools wie Microsoft Teams oder Confluence für die Kommunikation untereinander bereitgestellt werden.
Nicht nur über Chat- und Co-Browsing-Tools denkt die Interhyp nach, auch Chatbots für die Bedienung externer Kunden sind ein Thema. Sprachgesteuerte Kanäle wie Amazons Alexa wurden bereits entwickelt.
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Viele kleine Schritte
Alle drei ITEB-Gewinner lassen sich also eine Menge einfallen, um den Anwendern ein perfektes IT-Nutzungserlebnis zu ermöglichen. Am Ende kommt es aber trotz aller Technik und Automatisierung vor allem auf eines an: den persönlichen Kontakt und die Nähe zum Mitarbeiter. Dachser-Manager Reiser bringt es auf den Punkt: "Nicht die einzelnen Maßnahmen führen zu mehr Zufriedenheit, sondern die Gesamtheit der vielen kleinen Schritte."
ITEB 2018 | Kontakt und Infos |
Der ITEB 2018 läuft bereits, die Teilnahme ist jederzeit möglich. Regina Hermann, IDG Business Media GmbH |