Was bringt die Technik?

SD-Karte als interner Android-Speicher

17.11.2017 von Verena Ottmann
Ab Android 6 lässt sich eine Micro-SD-Karte als interner Speicher definieren. Das soll vor allem Auswirklungen auf die Startgeschwindigkeit von Apps haben. Wir haben das mal überprüft.

Android 6 und 7 bieten in den Speichereinstellungen die Möglichkeit, eine Micro-SD-Karte mit dem internen Speicher zusammenzufassen, um mehr Platz für Apps zu schaffen. Der Vorteil: Die Apps sollen schneller starten. Der Nachteil: Kaum ein Smartphone bietet derzeit diese Option.

Sandisk-MicroSD-Karte mit dem neuen Speicherkartenstandard A1
Foto: Sandisk

Der neue Speicherkarten-Standard "A1" kennzeichnet bereits Micro-SD-Karten, die sich besonders für den Speicherzusammenschluss eignen. Ähnlich den Geschwindigkeitsklassen liefert A1 eine Angabe zur "App Performance": einen Mindestwert für die Input/Output Operations per Second (IOPS, Ein-und Ausgabebefehle pro Sekunde). Je höher der IOPS-Wert ist, desto schneller arbeitet eine Karte. A1 bedeutet mindestens 10 MBit/s beim sequenziellen Schreiben sowie mindestens 1500 Lese-und 500 Schreib-IOPS.

Derzeit ist das Angebot an A1-Speicherkarten noch überschaubar: Neben der knapp 170 Euro teuren Sandisk Ultra Premium Edition mit 256 GB hat Toshiba die Exceria Pro M402 mit 16, 32, 64 und 128 GB angekündigt. Preise dafür sind noch nicht bekannt. Außerdem gibt’s von DSP Memory zwei A1-Karten mit 32 beziehungsweise 64 GB Kapazität. Sie sind etwa bei Amazon für 23 respektive 41 Euro erhältlich.

Über die Speichereinstellungen können Sie eine Micro-SD-Karte als internen Speicher formatieren.

Messwerte: Unentschieden

Für unseren Test haben wir die A1-Karte von Sandisk und zwei weitere "normale" Sandisk-Modelle gegeneinander antreten lassen, nämlich die Sandisk Extreme Plus und die Sandisk Extreme for Action Cameras, beide mit 128 GB. Wir lassen die Karten über die Speichereinstellungen jeweils als internen Speicher formatieren und die Daten unseres Motorola Moto Z darauf übertragen.

Mit der Benchmark-App " Androbench" ermitteln wir die Datenraten beim sequenziellen Lesen und Schreiben. Diese sind wichtig, wenn Sie viele einzelne Dateien übertragen – etwa Fotos oder Musik. Je höher die Datenraten, desto schneller arbeitet die Karte. Außerdem misst der "Androbench" das wahlfreie ( = kontinuierliche) Schreiben und Lesen, einmal in MB/s, einmal in IOPS, also der in der A1-Spezifizierung angegebenen Einheit.

In einem Praxistest haben wir zudem den Start dreier Apps gemessen, die zu Beginn viele Daten laden: das Nachrichtenportal "Spiegel Online", das Match-3-Spiel "Candy Crush Saga" und die Social-Media-Plattform "Twitter".

Möchten Sie die Speicherkarte wieder als Wechseldatenträger nutzen, können Sie die Integration rückgängig machen. Sonst lässt sich eine Karte nicht mehr wie gewohnt auslesen.

Die Benchmark-Messwerte zeigen, dass die A1-Karte tatsächlich in fast allen Disziplinen vor ihren Mitstreiterinnen liegt. Lediglich beim sequenziellen Lesen hat die Sandisk Extreme for Action Cameras die Nase vorne. Allerdings ist der Unterschied nur marginal.

Das lässt sich jedoch über alle Ergebnisse sagen: Die Messwerte liegen so nah aneinander, dass der Tempovorteil der A1-Karte nicht eindeutig festzustellen ist.

Dies bestätigt auch der Praxistest: Hier ergibt sich, dass die Sandisk Extreme Plus die "Spiegel Online"-App etwas schneller als die A1-Karte startet; die Kamera-Karte hatte dagegen bei Candy Crush Saga minimal die Nase vorne. Lediglich Twitter ging der A1-Karte am schnellsten von der Hand – mit 1,5 Sekunden Vorsprung.

A1: GESCHWINDIGKEITSMESSUNGEN BEI SPEICHERKARTEN

Produktbezeichnung

Sandisk Ultra Premium Edition

Sandisk Extreme Plus

Sandisk Extreme for Action Cameras

Kapazität

256 GB

128 GB

128 GB

Geschwindigkeitsklassen

A1, UHS-I, Class 10

UHS-I, Class 10, U3, V30

UHS-I, U3, V30

Messwerte Praxistest

Start Candy Crush Saga

15,09 Sekunden

15,73 Sekunden

14,89 Sekunden

Start Spiegel Online

6,10 Sekunden

6,04 Sekunden

9,04 Sekunden

Start Twitter

1,48 Sekunden

2,93 Sekunden

2,80 Sekunden

Messwerte Androbench

Sequenzielles Lesen ("Sequential Read", MB/s)

466,67

466,41

467,3

Sequenzielles Schreiben ("Sequential Write", MB/s)

151,71

150,41

150,37

Wahlfreies Lesen ("Random Read", MB/s)

86,37

85,19

86,24

Wahlfreies Schreiben ("Random Write", MB/s)

55,64

55,1

55,04

Wahlfreies Lesen ("Random Read", IOPS)

22112,76

21809,07

22078,78

Wahlfreies Schreiben ("Random Write", IOPS)

14244,51

14106,85

14092,43

Fazit: Abwarten

Derzeit macht es noch keinen Sinn, A1-Speicherkarten zu nutzen. Einmal ist die Auswahl sehr begrenzt, andererseits der Tempovorteil nicht wirklich sichtbar. Optimieren die App-Entwickler jedoch ihre Apps auf A1, kann sich dies ändern.

Wenn Ihr Smartphone die Speicheroption nicht anbietet

Bei vielen Smartphones lässt sich die beschriebene Speicherfunktion nicht nutzen. Es gibt jedoch einen Workaround, den wir Ihnen anhand eines Samsung Galaxy S5 beschreiben:

Öffnen Sie die Geräteeinstellungen, und aktivieren Sie in den Entwickleroptionen das USB-Debugging. Um die Entwickleroptionen sichtbar zu machen, tippen Sie in den Geräteinfos mehrfach auf die Buildnummer.

Voraussetzung für den Zugriff auf das Smartphone per ADB ist die Erlaubnis für USB-Debugging. Sie erteilen sie in den Entwickleroptionen.

Nun müssen Sie die Softwareschnittstelle ADB (Android Debug Bridge) zugänglich machen, um direkt auf das Smartphone zugreifen zu können: Laden Sie sich dazu hier die SDK Platform Tools for Windows herunter, und entpacken Sie sie. Außerdem benötigen Sie den ADB Driver unter http://adbdriver.com/downloads.

Schließen Sie Ihr Smartphone per USB an den PC, und doppelklicken Sie auf die Datei ADBDriverInstaller.exe. Es öffnet sich ein Fenster, das unter Windows 10 Ihr Smartphone bereits auflisten sollte. Ist dies nicht der Fall, tippen Sie auf "Refresh". Ist Ihr Smartphone schließlich aufgelistet, tippen Sie darauf, danach auf "Install", um den Treiber zu installieren.

Um die Speicherkarte zum internen Speicher hinzuzufügen, sind die ADB und einige Shell-Befehle nötig.

Öffnen Sie den Ordner "Platform tools" der SDK Platform Tools. Klicken Sie mit gedrückter Shifttaste in den Ordner, und wählen Sie "Powershell-Fenster hier öffnen" oder ähnlich. Nun können Sie direkt über die Shell Befehle an Ihr Smartphone senden. Tippen Sie .\adb devices (Punkt nicht vergessen!) in die Shell. Auf Ihrem Smartphone erscheint die Aufforderung, USB-Debugging zuzulassen, was Sie mit "OK" beantworten. Wiederholen Sie die letzte Eingabe, es sollte nun ein "Device" aufgeführt sein.

Um die Speicherkarte Ihres Smartphones mit dem internen Speicher zu verbinden, tippen Sie in der Shell .\ adb shell, um die ADB-Shell zu starten. Mit sm list-disks listen Sie alle verfügbaren Speichermedien samt Größe auf. Um die komplette Speicherkarte zum internen Speicher hinzuzufügen, tippen Sie den Befehl sm partition disk:179,64 private ein, wobei die Zahl am Ende der zuvor angegebenen Größe entsprechen muss. Erscheint das Eingabeprompt wieder, ist der Vorgang abgeschlossen.

... in eine Erweiterung des internen Speichers umgewandelt.

Öffnen Sie nun die Speichereinstellungen Ihres Smartphones, finden Sie die Micro-SD-Karte nicht mehr unter "Mobiler Speicher", sondern unter "Gerätespeicher". Außerdem stehen Ihnen weitere Optionen in den Karteneinstellungen zur Verfügung, etwa "Migrate data", falls Sie Apps auf die Micro-SD-Karte auslagern möchten. Sie haben zudem die Möglichkeit, alles über "Format as portable storage" wieder rückgängig zu machen.
(PC-Welt)