Die Single European Payments Area (SEPA) soll den Zahlungsverkehr in Europa günstiger und schneller machen. Bis es so weit ist, müssen die Unternehmen allerdings noch ein paar Dinge anpassen (siehe Kasten "Sepa - Der Fahrplan zur Einführung"): Die Standards für Überweisungen, offiziell SEPA Credit Transfer genannt, erscheinen dabei noch einfach und nachvollziehbar. Aber bei Lastschriften, namentlich SEPA Core Direct Debit für Privatkunden und SEPA Business to Business Direct Debit für Firmenkunden, hinken die meisten Unternehmen hinterher. Doch zunächst zu den Überweisungen:
SEPA Credit Transfer
Das Verfahren wird schon seit 2008 zur Abwicklung nationaler und grenzüberschreitender Zahlungen angeboten. Ab Februar 2014 schreibt das European Committee for Banking Standards (ECBS) jedoch vor, dass alle Überweisungen nach diesem Muster zu erfolgen haben. Dabei stellen die International Bank Account Number (IBAN) und der Business Identifier Code (BIC) das Äquivalent zur deutschen Kontonummer und Bankleitzahl dar. Leider reicht die internationale Standardisierung der IBAN aber nicht so weit, dass sie in allen Ländern identisch ist: Die kürzeste IBAN hat Belgien mit 16 Stellen, Malta weist mit 31 Stellen die längste auf. Theoretisch sind sogar 34 Stellen möglich.
Zudem ist die IBAN so aufgebaut, dass sie sowohl eine Länder- als auch eine Bankenkennung enthält. Folglich wird der BIC formal überflüssig. Tatsächlich will das ECBS den Banken-Code auch zum 1. Januar 2016 abschaffen. Unternehmen müssen ihn dennoch zwischenzeitlich in Vordrucke, Formulare und Datenbanken aufnehmen - ein zusätzlicher Aufwand.
Zum 1. Februar 2014 müssen die Datensätze auf das Format ISO 20022 XML umgestellt werden, um sie bei Banken elektronisch einliefern zu können. Durch diesen Standard soll eine durchgängige, vollautomatisierte Verarbeitung der Zahlungsprozesse ermöglicht werden. Immerhin: Sofern ein Unternehmen internationale Überweisungen in verschiedene Länder tätigt, reduziert die Einführung des XML-Standards den Aufwand für Formatpflege und Systemverwaltung deutlich.
Unternehmen stehen allerdings vor der Frage, ob sie den von Banken und anderen Zahlungsdienstleistern angebotenen automatischen Konvertierungen vertrauen sollen. Bis zum 31. Januar 2016 sind automatische Konvertierungen zulässig. Im Prinzip könnten sich Unternehmen bis dahin die Umstellung der Kontendaten in den eigenen Systemen sparen. Dies scheint jedoch nicht empfehlenswert, da Konvertierungen, so das Ergebnis vieler Projekte, nicht gänzlich fehlerfrei durchgeführt werden.
Fehler treten insbesondere dann auf, wenn hinterlegte Bankverbindungen älter sind und sich zwischenzeitlich geändert haben. Da Banken nicht mehr dazu verpflichtet sind, die Übereinstimmung der Kontonummer mit dem Namen des Zahlungsempfängers zu überprüfen, liegt das Risiko einer Fehlüberweisung beim Zahlenden.
SEPA Direct Debit
Die Lastschriftverfahren SEPA Core Direct Debit für Privatkunden und SEPA Business to Business Direct Debit für Firmenkunden müssen spätestens ab dem 1. Januar 2014 verwendet werden. Im Ausland werden Lastschriften derzeit unterschiedlich abgewickelt, sofern sie überhaupt zum Einsatz kommen. SEPA setzt auch hier einheitliche Standards.
Für Einzugsermächtigungen nach SEPA erteilt der Zahlungspflichtige künftig ein sogenanntes Mandat mit exakt definierten Formschriften, auch SEPA-Lastschriftmandat genannt. Dabei handelt es sich sowohl um eine Ermächtigung für den Zahlungsempfänger, fällige Beträge einzuziehen, als auch um eine Weisung an die Bank des Zahlungspflichtigen, die jeweilige Lastschrift einzulösen.
Mandate sollten ursprünglich zwingend in schriftlicher Form vorliegen. Diese Vorschrift stieß auf großes Unverständnis: Insbesondere der Online-Handel hätte von Kunden verlangen müssen, ein Formular auszudrucken, es zu unterschreiben und per Post an den Dienstleister zu schicken. Im Februar 2013 gab die Deutsche Kreditwirtschaft der anhaltenden Kritik nach: Die "telekommunikative Übermittlung" der Mandate sei zwar "mit rechtlichen Risiken behaftet", wird allerdings nicht mehr strikt ausgeschlossen.
Die eigentlichen Lastschriften werden hingegen ausschließlich beleglos eingereicht. Der Datensatz muss folglich ein exaktes Fälligkeitsdatum umfassen, auch Belastungsdatum oder Interbankenverrechnungsdatum genannt. Außerdem müssen die Gläubiger-ID sowie die Referenznummer des Mandats enthalten sein.
Gläubiger-ID beantragen
Die 18-stellige Gläubiger-ID ist eindeutig und wird von der Bundesbank vergeben. Die Mandatsreferenz wiederum umfasst maximal 35 Zeichen und wird individuell vom Zahlungsempfänger für jedes SEPA-Mandat festgelegt. Unternehmen müssen sich folglich einerseits darüber Gedanken machen, wie sie die Referenzsyntax, also Vertrags- oder Kundennummern, aufbauen und diese vergeben. Andererseits müssen diese Nummern in den Kunden- sowie den Auftragsdaten hinterlegt werden. Dies gilt auch für bisher erteilte Lastschriften.
Kunden müssen bei Übernahme bisheriger Lastschriften in Mandate darüber in Textform unterrichtet werden. Unternehmen müssen ihnen dazu die eigene Gläubiger-ID und eine Mandatsreferenz mitteilen.
Durch SEPA werden zudem Fristen vorgeschrieben, die Firmen vor dem Einzug beachten müssen. Im Fall der sogenannten Pre-Notification erscheint die Vorgabe vollkommen realitätsfern: So wird verlangt, dass Kunden 14 Tage vor dem ersten Einzug informiert werden. Dies kann aber durch Vereinbarung mit den Kunden (etwa auch in den AGB) verkürzt werden.
Auch zwischen den Lastschriften für Privat- und Firmenkunden bestehen Unterschiede. Der wohl wichtigste: Business-to-Business-Lastschriften können nicht zurückgegeben werden. Die Zahlstelle ist verpflichtet, die Mandatsdaten bereits vor der Belastung auf Übereinstimmung mit der vorliegenden Zahlung zu prüfen. Der Zahlungspflichtige muss daher seine Bank in Form einer entsprechenden Mitteilung oder einer Kopie des Mandats informieren, bevor das Mandat erstmals eingelöst wird.
Unternehmen, die auf diese Weise zahlen möchten, müssen also ebenfalls einen neuen Informationsprozess einrichten. Rückgaben können seitens der Zahlstelle bis maximal zwei Tage nach dem Belastungsdatum erfolgen. Vom Zahlungspflichtigen besteht indes keine Widerspruchsmöglichkeit bei autorisierten Zahlungen.
"IBAN, die Schreckliche" titelte im April das "Handelsblatt" und steigerte damit das Unbehagen, sich dem Thema zu nähern. Laut Wirtschaftswoche haben viele "Mittelständler noch keinen Plan". Tatsächlich verläuft die SEPA-Vorbereitung deutscher Unternehmen aktuellen Umfragen zufolge weiterhin schleppend.
Selbst die Bundesbank erwartet eine große Umstellungswelle kurz vor Torschluss und fürchtet, dass die Umstellung bei Unternehmen sehr komplex sein kann. Beratungsleistungen, so heißt es in einer Stellungnahme weiter, könnten möglicherweise gegen Ende des Jahres knapp werden. Insbesondere viele kleine und mittlere Unternehmen seien noch unzureichend auf SEPA vorbereitet.
Insbesondere bei der Lastschrift, dem beliebtesten Zahlverfahren in Deutschland, droht Ungemach: Bis Mitte Mai hatten erst 295.000 Unternehmen und andere Organisationen eine Gläubiger-ID beantragt. Mittlerweile dürften es zwar mehr sein. Nach einer Berechnung der Bundesbank müssten insgesamt jedoch etwa fünf Millionen Gläubiger-IDs beantragt werden. Ohne Gläubiger-ID und diverse weitere Voraussetzungen ist der Einzug von Lastschriften, wie gesagt, nicht möglich.
Ein Bericht der Europäischen Zentralbank (EZB) über den Stand der Migration wird die Sorgen ebenfalls nicht mindern. Zwar sollen demnach die meisten Unternehmen die Planungsphase abgeschlossen haben und sich bewusst sein, was SEPA in der Praxis für sie bedeuten wird. In Bezug auf die eigentliche Umsetzung hätten sich, so die EZB in einer Mitteilung an die Presse, eine Reihe von Unternehmen jedoch intern sehr späte Fristen gesetzt - teilweise sogar erst gegen Ende 2013. Auch die EU-Finanzminister sorgen sich um den Stand der SEPA-Umstellung.
Es gibt keinen Plan B
Auf einer Informationsveranstaltung wurde jüngst eine Vertreterin des Bundesverbandes Deutscher Banken gefragt, ob es eigentlich einen "Plan B" gebe, falls man zur Einsicht kommen sollte, dass es zu viele Unternehmen sind, die nicht rechtzeitig auf SEPA umstellen. Sie verneinte und sagte, man gehe davon aus, dass die rechtlich verbindlichen Normen eingehalten werden. Freilich darf der Bankenverband keine Zweifel an den Umsetzungsterminen aufkommen lassen. Demjenigen, der zuerst von einer Verschiebung spricht, wird der Schwarze Peter zugeschoben. Und das wollen die Banken nicht sein.
Die Banken selbst dürften bei der Umstellung auch gar nicht das Problem sein. Sie machen derzeit ihre Hausaufgaben oder haben sie bereits erledigt. Und endlich haben sie ihre Öffentlichkeitsarbeit deutlich ausgeweitet. Jetzt erst fordern sie mit mehr Nachdruck ein stärkeres Engagement von den Unternehmen ein.
Die SEPA-Projektverantwortlichen sollten aber bedenken, dass die Testkapazitäten, die Banken für Kunden einplanen, womöglich nicht ausreichend sind. Wenn sehr viele Unternehmen im vierten Quartal gleichzeitig testen wollen, sind Engpässe programmiert. Unternehmen sollten aber in keinem Fall darauf verzichten, ihre Umstellungen für eingehende und ausgehende Zahlungen auch auf Folgesystemen zu testen.
Nicht auf Verschiebung setzen
Weder die Deutsche Kreditwirtschaft noch die Bundesbank, die EZB oder das Bundesministerium für Finanzen werden offiziell einräumen, dass hinter den Kulissen über alternative Szenarien nachgedacht wird - schließlich würde dies geltendem Recht widersprechen. Sollten jedoch weitere Untersuchungen belegen, dass massive Störungen im Zahlungsverkehr drohen, werden sie reagieren müssen.
Unternehmen sollten indes nicht darauf spekulieren, dass SEPA verschoben wird: Für Schäden, die durch eine unterlassene Anpassung des eigenen Zahlungsverkehrs entstehen, könnten Geschäftsführer sogar persönlich haftbar gemacht werden.
SEPA - Der Fahrplan zur Einführung
I. Bis 31. Januar 2014
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II. Vom 1. Februar 2014 bis 31. Januar 2016
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III. Ab dem 1. Februar 2016
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IV. Unverändert
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