Jeffrey Hewitt, Research Vice President bei Gartner, sagt im Rückblick: “2012 kann man definitiv als ein Jahr bezeichnen, das durch Investitionszurückhaltung gekennzeichnet war. In der Folge wurden etwa x86-Server sowohl in Konzernen als auch in mittelständischen Unternehmen nicht mehr nach den üblichen Zyklen ausgetauscht.” Derlei Investitionen seien vielmehr aufgeschoben worden.
2012 hatte Gartner für das nächste Jahr, also 2013, „schwierige Bedingungen“ prognostiziert. Hoffnung verbreite, so Hewitt, aus Sicht der Anbieter lediglich das x86-Segment und die Tatsache, dass wegen neuer Intel- und AMD-Prozessor-Generationen viele Unternehmen Ersatzbeschaffungen tätigen könnten. Diese Hoffnung hat sich offensichtlich nicht bestätigt.
Intel als Indikator
An der Ergebnisentwicklung des Marktführers für Prozessoren, Intel, kann man die Situation am Server-Markt gut ablesen. Intel hat selbst zu kämpfen und sieht sich mit einem trüben ersten Halbjahr und teils heftigen Umsatz- und Gewinnrückgängen konfrontiert. Das hat vor allem mit dem rückläufigen PC-Geschäft zu tun. In der PC Client Group musste Intel einen Umsatzrückgang von 7,5 Prozent verzeichnen. Deswegen sieht sich der Marktführer für Prozessoren genötigt, seine Produktstrategie mehr in Richtung der Chips für mobile Geräte (Tablets, Smartphones) zu bewegen, wie Konzernchef Brian Krzanich betonte. In der für Server-Prozessoren zuständigen Data Center Group profitiert Intel schon heute vom Boom der Mobilgeräte.
Tablets und Smartphones spielen in den IT-Strategien der Unternehmen eine immer wichtigere Rolle; sie erzeugen Massen von Datenströmen, die wiederum von Servern weltweit be- und verarbeitet werden. Kein Wunder also, dass Intel im gerade abgelaufenen Geschäftshalbjahr 2013 für seine Data Center Group im Jahresvergleich immerhin ausgeglichene Ergebnisse vorweisen kann. Zudem wird der Prozessorgigant im Herbst 2013 wichtige Neuankündigungen im „Xeon“-Segment präsentieren: Der „Xeon E5 v2“ mit Ivy-Bridge-Architektur soll vorgestellt werden. Die Xeon-CPU ist das Flaggschiff unter den Server-Prozessoren von Intel. Der Chip dürfte nach Expertenmeinung in rund 80 Prozent aller Server verbaut sein. Im vierten Quartal kommt dann noch der „Xeon E7 v2“.
Das ist der Schwergewichtsprozessor für Server mit vier oder acht CPUs mit ausgeklügelten RAS-Features und der Möglichkeit, sehr viel Arbeitsspeicher unterzubringen. Die Server-Prozessoren retten somit nicht nur Intel das Geschäft wenigstens halbwegs. Sie sorgen auch bei den Rechnerherstellern für neue Hoffnung. Diese können eine Belebung ihrer Geschäfte gut gebrauchen. Laut Gartner stiegen die weltweiten Server-Verkäufe im vergangenen Jahr lediglich um 1,5 Prozent.
Der Umsatz hingegen sank sogar um 0,6 Prozent. IDC rechnet in seinem „EMEA Server Tracker“ vor, dassin Westeuropa die Umsätze mit Servern seit sechs Quartalen kontinuierlich sinken. Dass die Server-Hersteller überhaupt mit einem blauen Auge davonkamen, ist einem Trend zu verdanken, den die ITK-Branche nun seit einigen Jahren erlebt: Service-Dienstleistungen werden aus der Cloud angeboten.
Hewitt meint, Data Center mit einem Software-as-a-Service-Angebot hätten die Statistik im Server-Markt positiv beeinflusst. Rechenzentren wie die von Facebook, Google oder etwa der chinesischen Facebook-Variante Baidu „waren die echten Treiber für den Stückzahlenverkauf“, so der Gartner-Analyst.
Abwärtstrend setzt sich 2013 fort
Dass der Server-Markt weiter auf tönernen Füßen steht, zeigen die Zahlen für 2013, wie sie die Marktforscher von IDC und Gartner ausweisen. Laut Gartner wurden im ersten Quartal 2013 weltweit 0,7 Prozent weniger Server im Vergleich zum Vorjahr verkauft. Der Umsatz ging im Vergleich zum ersten Quartal 2012 um fünf Prozent zurück. In Emea (Europe, Middle East, Africa) waren die Rückgänge noch heftiger.
Hier reduzierten sich die Verkäufe um 6,8 Prozent. Die Umsätze sanken nach den Gartner-Zahlen um 9,6 Prozent, IDC weist für den gleichen Zeitraum des ersten Quartals 2013 sogar ein Umsatzminus von 10,5 Prozent aus. Betroffen von dem Niedergang im Server-Markt sind die alten Schlachtrosse der Branche IBM, Hewlett-Packard sowie Oracle mit seinem Sun-Microsystems-Angebot. Anders sieht es insbesondere beim Newcomer Cisco aus. Auch Dell zieht sich vergleichsweise gut aus der Affäre. Und Fujitsu kommt ebenfalls halbwegs unbeschadet aus dem Abschwung.
Cisco
Interessant ist Cisco. Das Unternehmen hat sich zu einem Allround-Anbieter verschiedener für ein Unternehmen wichtiger Basistechniken gemausert: Routing, Telepresence, Wireless LAN, Switching, Voice, Webconferencing, Storage Area Networks, Security und last, but not least Blade-Server. In sieben dieser neun Geschäftsfelder belegt Cisco die Topposition in der Welt. Bei x86-Blade-Servern liegt das Unternehmen laut Gartner bei der Zahl weltweit ausgelieferter Systeme hinter Hewlett-Packard (43,9 Prozent) und IBM (18,4 Prozent) bereits auf dem dritten Platz (12,5 Prozent), bei SANs auf Platz zwei.
Es kommt also nicht von ungefähr, dass Cisco-Chef John Chambers neulich im Interview mit der CIO-Schwesterpublikation „Network World“ selbstbewusst auftrumpfte: „Wir wollen die Nummer eins der IT-Anbieter weltweit werden.“ Sehr bemerkenswert sind auch die Steigerungsraten, mit denen Cisco im Server-Markt aufwarten kann: Während der Gesamtmarkt um 0,2 Prozent nachgab, legte Cisco im vierten Quartal 2012 um satte 40,9 Prozent zu. Das ist umso bemerkenswerter, als gleichzeitig die Marktgrößen HP (minus 5,9 Prozent), Dell (minus sieben Prozent), IBM (minus 11,5 Prozent) und Fujitsu (minus 0,1 Prozent) teils deutliche Schwächen zeigten.
Zwar lag der Marktanteil von Cisco bei den weltweiten Verkaufszahlen im vierten Quartal 2012 noch bei bescheidenen 2,5 Prozent. Damit aber überholte die Chambers-Company bereits Oracle/Sun. Ciscos Erfolgskurs im Server-Segment setzt sich auch 2013 fort. Teils massive Verluste bei der Zahl ausgelieferter Server im ersten Quartal 2013 bei HP, IBM und Fujitsu stehen einer um 33 Prozent gesteigerten Nachfrage nach Cisco-Rechnern gegenüber. Wieder war der Markt insgesamt rückläufig (minus 0,7 Prozent).
IBM
Im Server-Markt ist es – wie in all den Jahren zuvor – wichtig, die Machtverhältnisse getrennt nach Umsatz und ausgelieferten Stückzahlen zu sehen. Und hier ergibt sich das gewohnte Bild: Geht es nach dem erwirtschafteten Ergebnis, steht IBM im weltweiten Vergleich weiterhin an der Spitze. Big Blue sieht sich dennoch mit ähnlichen Schwierigkeiten wie die gesamte Branche konfrontiert. In nackten Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass IBM 2012 im reinen Hardwaregeschäft seiner „System and Technology Group“ (STG) im Vergleich zum Vorjahr durchgehend Umsatzrückgänge hinnehmen muss.
Die „Power-Systems“ (minus 8,5 Prozent) ebenso wie die „System-x“-Modelle (minus 3,7 Prozent) und auch die Storage-Produkte (minus 5,8 Prozent) weisen beim Umsatz sämtlich nach unten. Trotzdem ist die Lage nicht dramatisch, denn ein Produktsegment, das seit ungefähr 20 Jahren für tot erklärt wird, rettet IBM einmal mehr die Server-Bilanz: die teure Gattung der Mainframes. Die Umsätze mit der „System-z“-Reihe wuchsen 2012 gegenüber dem Vorjahr um 5,4 Prozent. Im aktuellen zweiten Quartal 2013 konnten die Großrechner sogar einen Zuwachs um zehn Prozent verzeichnen. Letztlich sichern wieder einmal die hohen Mainframe-Einnahmen IBM die Spitzenposition im weltweiten Server-Markt nach erzielten Umsätzen.
IBM gewinnt seine Neukunden vorzugsweise in den aufstrebenden Märkten Asiens, Lateinamerikas und Osteuropas. In Westeuropa liefert sich Big Blue bezüglich Umsatz ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Hewlett-Packard. Dabei hat IBM im ersten Quartal 2013 im Vergleich zum vorhergehenden vierten Quartal 2012 erheblich an Marktanteilen nach Umsatz verloren. Betrug die Differenz im letzten Quartal 2012 zwischen IBM (34,9 Prozent) und dem Zweitplatzierten HP (24,8 Prozent) noch zehn Prozent, so lagen beide Anbieter nach den ersten drei 2013 mit 25,5 Prozent (IBM) respektive 25 Prozent (HP) fast gleichauf. Das könnte mit einer Kaufzurückhaltung von IBM-Kunden bei Mainframes zu tun haben. Die dürften auf die im Juli 2013 vorgestellten und teils schon ab 75.000 Dollar erhältlichen „zBC12“-Großrechner gewartet haben.
HP
Die Situation bei Hewlett-Packard spiegelt die Gegebenheiten am Server-Markt ebenso wieder wie die bei IBM: Im Geschäftsjahr 2012 musste HP-Chefin Meg Whitman bei den Massenprodukten der Industry Standard Servers (ISS) einen Umsatzrückgang von 4,2 Prozent verkünden. Ähnlich wie beim Kontrahenten Big Blue kann man sich fragen, ob das Geschäft mit x86-Maschinen à la longue für das Unternehmen profitabel zu gestalten ist. HP schreibt in seinem Geschäftsbericht explizit, dass für die miserable Performance der ISS-Sparte vor allem auch der Preisdruck durch die Konkurrenz verantwortlich zeichne. Beide Unternehmen weisen aber Pläne weit von sich, man könne sich vom Geschäft mit den Standard-Servern trennen.
Solch einen Deal hatte die IBM vor zehn Jahren mit der Veräußerung seiner PC-Division an Lenovo durchgezogen. Insbesondere die Umsatzrückgänge von sogar sieben Prozent bei Standard-Servern, die zur ISS-Gruppe gehören, sind ein Warnsignal. Hier kommt erschwerend hinzu, dass solche Rückgänge nicht durch die Boliden der Business –Critical –Systems Group (BCS) abgefedert werden können, wie dies die Großrechner bei IBM schaffen.
Die „Nonstop“-Highend-Maschinen konnten den Aderlass der ISS-Division nicht ausgleichen. Vielmehr gingen 2012 die Umsätze bei BCS im Vergleich zum Vorjahr sogar um 23 Prozent zurück. Das hatte mit der „geringeren Nachfrage“ nach Servern, die mit dem Itanium-Prozessor ausgerüstet sind, zu tun. Die Itanium-Maschinen stellen ja schon seit Jahren eine offene Flanke von HP dar. Es zeigt sich, dass HP bezüglich seines Server-Portfolios hier ein Problem hat.
Dell
Besser sieht es bei Dell aus. Das Unternehmen schleppt nicht die Last verschiedener Server-Plattformen mit sich herum. Das Geschäftssegment Enterprise Solutions besteht bei Dell aus den Netz- und Storage-Produkten sowie aus Servern. Letztere basieren auf Industriestandards, sind also x86- basiert. Diese Modellkategorie treibt im Wesentlichen den Markt in seinen verschiedenen Facetten wie Blades, Racks etc. an. Dell weist in seinem Geschäftsbericht für das Jahr 2012 im Gegensatz zur Konkurrenz Umsatzsteigerungen von knapp zehn Prozent aus. Das zeigt sich auch an den Marktzahlen: Dell gehört 2013 sowohl beim Umsatz wie auch bei der Zahl der ausgelieferten Server zu den Gewinnern, hat das Unternehmen doch jeweils Zugewinne verbucht.
Oracle/Sun
Oracle mit seiner Hardwareerbschaft von Sun Microsystems kann sich über die Entwicklung am Server-Markt nicht freuen. So sanken die Einnahmen für Hardware System Products, wie dieser Geschäftsbereich bei Oracle heißt, gegenüber dem Vorjahr um 13 Prozent. Allerdings scheint das Geschäft mit Servern für die Larry-Ellison-Company sowieso ein ungeliebtes Kind, das zudem nur zwölf Prozent zum Gesamtumsatz beiträgt.
Die Marktzahlen sprechen eine noch deutlichere Sprache: Allein im letzten Quartal 2012 und den ersten drei Monaten des laufenden Jahres stürzten die Umsätze von Oracle/Sun in diesem Bereich um 18 respektive 27,2 Prozent ab. Kein anderer Hersteller muss solch einen Rückgang verkraften.
Fujitsu
Das japanische Unternehmen ähnelt mit seinem Produktportfolio dem von HP und IBM: Angefangen von Mainframes über Unix-Server, die mit den von Fujitsu selbst produzierten Sparc- CPUs rechnen, bis hin zu x86-basierten Rechnern bietet das Unternehmen eine Palette an Maschinen. Weltweit rangiert Fujitsu damit nach den aktuellen IDC-Untersuchung „Quarterly Server Tracker“ nach Umsatz an vierter Stelle.
Der Marktanteil von 5,1 (IDC) respektive 4,9 (Gartner) Prozent zeigt allerdings auch, dass die Japaner gegenüber den Schwergewichten HP (26,9 Prozent/IDC – 25 Prozent/Gartner), IBM (25,5 Prozent/IDC – 25,5 Prozent/Gartner), Dell (18,5 Prozent/IDC – 18 Prozent/ Gartner) stark abfallen. An dem Dreigestirn im Server-Markt mit HP, IBM und Dell hat sich seit Jahren kaum etwas verändert. Lediglich in Japan hält Fujitsu die Spitzenposition im Server- Markt mit 21,7 Prozent.