Sabine Engel wollte ihr eigener Chef sein und gründete 2010 mit eigenen Ersparnissen das Start-up Miomente.de, ein Online-Portal für Genuss-Events. Mit uns sprach sie über die größte Herausforderung beim Gründen, den perfekten Arbeitsplatz für Eltern und darüber, warum man sich gerade als Selbstständige nicht verzetteln sollte.
Frau Engel, seit wie vielen Jahren sind Sie schon Ihre eigene Chefin?
Sabine Engel: Seit ziemlich genau vier Jahren. Gegründet habe ich schon vor rund 6 Jahren parallel zu meinem berufsbegleitenden MBA-Studium und war in den ersten 2 Jahren der Unternehmerkarriere noch als angestellte Controllerin in einem Konzern aus der Autobranche tätig.
Vom Controlling weg hin zu zu Kochkursen, Weinproben, Barista-Seminaren - wie kam denn dieser Wandel?
Frau Engel: Die Idee zu Miomente entstand, als ich irgendwann auf der Suche nach einem besonderen Geburtstagsgeschenk für meinen damaligen Freund war. Ich wollte ihn mit einem Cocktailkurs in einer exklusiven Location überraschen. Nachdem ich aber trotz intensiver Suche einfach nichts Passendes gefunden habe, habe ich die Planung eben selbst in die Hand genommen, einen Profi-Barkeeper engagiert und eine außergewöhnliche Location angemietet.
Ein Abend mit Folgen ...
Frau Engel: ... richtig, mein Freund war absolut begeistert und der Cocktailabend ein voller Erfolg. Wir sind inzwischen verheiratet. Diese eindeutige Marktlücke, eine große Auswahl exklusiver Events in außergewöhnlichen Locations für eine anspruchsvolle Genießer-Zielgruppe anzubieten, habe ich genutzt und daraufhin mein Unternehmen im Januar 2010 gegründet.
Sie sind jetzt also schon seit fünf Jahren im Business. Die richtige Entscheidung?
Frau Engel: Für mich ist es die größte Erfüllung, Unternehmerin zu sein, ich könnte mir nichts anderes mehr vorstellen. Zum einen bin ich als Chefin verantwortlich für das Wohl jeden einzelnen Mitarbeiters, trage viele Risiken und arbeite auch mal Tag und Nacht. Und zum anderen brenne ich auch für meine Geschäftsidee und das eigene Team: Jeden Morgen freue ich mich auf meinen Arbeitstag und bin maximal motiviert, Miomente noch erfolgreicher zu machen.
Was war die größte Herausforderung dabei, ein eigenes Unternehmen auf die Beine zu stellen?
Frau Engel: Ich musste erst lernen, mich zu fokussieren und mich nicht von neuen Ideen ablenken zu lassen. Obwohl die Grundidee und das Hauptprodukt, kulinarische Events als wohl verdiente Genuss-Auszeit im Alltag, schon immer gut funktionierten, kamen mir immer wieder neue Flausen in den Sinn, die ich zusätzlich vorangetrieben habe. Zum Beispiel hatten wir zeitweise einen Geschenkeshop, in dem wir neben unseren Genuss-Events auch hochwertige Food-Artikel angeboten haben oder über einige Zeit auch eine eigene Eventlocation. Klare Fokussierung war für mich anfangs definitiv eine Herausforderung.
Ihre wichtigste Lektion, die Sie anderen Gründerinnen mit auf den Weg geben können?
Frau Engel: Fokussiere dich immer auf dein eigentliches Business, das halte ich gerade beim Unternehmensaufbau für überlebenswichtig. Zudem rate ich jeder Gründerin, sich ein großes Netzwerk aufzubauen und die eigene Idee so oft wie möglich in relevanten Zielgruppen und bei wertvollen Kontakten zu positionieren. Mir hat es sehr geholfen, das Geschäftsmodell selbst ständig hinterfragen zu müssen, was im Umkehrschluss zu ständiger Optimierung geführt hat. Daneben zähle ich leidenschaftliche, unumstößliche Disziplin wie auch einen Willen zum Erfolg zu meinen Erfolgsfaktoren.
Der ideale Arbeitsplatz für Mütter
Sie haben inzwischen 20 Mitarbeiter, davon sind 18 Frauen - brauchen Sie nicht bald eine Männerquote?
Frau Engel: Ja, unser Team besteht tatsächlich überwiegend aus Frauen. Das war aber gar nicht geplant. Bei Miomente stellen wir nur die Besten ein. Bis jetzt haben meist die weiblichen Bewerber überzeugt. Passt ein männlicher Bewerber aber besser ins Jobprofil und auch ins Team, bekommt er die Stelle.
Sie werben damit, besonders für Frauen ein attraktiver Arbeitgeber zu sein - was genau machen Sie anders als andere?
Faru Engel: Im Gegensatz zu anderen Unternehmen scheue ich nicht davor, junge Frauen einzustellen. Muss ich mich zwischen einer Bewerberin und einem Bewerber entscheiden, wähle ich die qualifizierteste Person aus - da spielt das Geschlecht keine Rolle. Ja, eine Frau in ihren späten Zwanzigern könnte vielleicht zeitnah schwanger werden und für einige Zeit ausfallen. Findet eine ausführliche Übergabe der Aufgaben beziehungsweise Einarbeitung der Vertretungskraft statt, kann der Eintritt in die Elternzeit aber problemlos stattfinden.
Auch Frauen, die bereits Kinder haben, werden bei uns im Bewerbungsprozess keineswegs benachteiligt. Frauen, die sich für eine Teilzeitstelle entscheiden, erfahren bei uns ebenso ein hohes Maß an Verantwortung wie Vollzeitmitarbeiter und bekommen die Möglichkeit, echte Herausforderungen anzunehmen. Das Managen und Jonglieren mit einer Doppelbelastung aus Kind und Job rechne ich jeder Frau hoch an.
Wie sollte denn der ideale Arbeitsplatz für Mütter aussehen?
Frau Engel: Um Kinder und Karriere unter einen Hut zu bekommen, ist ein gewisses Maß an Flexibilität - auch seitens des Arbeitgebers - nötig. Jede Mitarbeiterin und natürlich auch jeder Mitarbeiter unseres Teams hat die Möglichkeit, an ein oder mehreren Tagen in der Woche im Home Office zu arbeiten. Das ist bei uns eine Selbstverständlichkeit. Bei Miomente muss man nicht an seinem Schreibtisch kleben, um seine Arbeit zuverlässig zu erledigen.
Zudem lassen sich die Arbeitszeiten flexibel gestalten, was für Mütter, die in Voll- und Teilzeit arbeiten möchten, sehr wichtig ist. Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass sich zwei Mütter eine Vollzeitstelle teilen. Man steht mit dieser Arbeitsweise eben nicht vor der Entscheidung: Familie oder Beruf!
Sind die 18 Frauen fest angestellt, oder können Sie flexibel reagieren, wenn Angestellte schwanger werden?
Frau Engel: Unser Team besteht neben der Gruppe aus 20 Festangestellten auch aus einigen Freelancern, die uns teilweise schon sehr langjährig kontinuierlich unterstützen. Auch sie tragen dazu bei, dass die temporär "herrenlosen" Aufgaben und Projekte während einer Elternzeit erledigt werden. Gerade ist eine meiner Mitarbeiterinnen Mama geworden. Ich weiß es sehr zu schätzen, dass sie mich schon frühzeitig über ihre Schwangerschaft informiert hat, daher blieb genügend Zeit, eine geeignete Stellvertretung zu finden, sie ausgiebig einzulernen und alle offenen Projekte zu übergeben.
Je nach Wunsch der frisch gebackenen Mutter entscheiden wir gemeinsam, ob sie nach der Elternzeit in Teilzeit oder Vollzeit ins Berufsleben zurückkehren möchte. Selbstverständlich kann sie sich darauf verlassen, dass sie beim nächsten Kitastreik im Home-Office arbeiten kann oder ihr Kind einfach einmal mitbringt - über den erfrischenden Wind freut sich jede(r) bei uns im Office!
Frau Engel, wir danken Ihnen für das Gespräch. (Handelsblatt)