So führen anhaltende Qualitätsprobleme im Landturbinengeschäft zu deutlich höheren Kosten als gedacht. Erst im Mai hatte das Management um Konzernchef Christian Bruch zum zweiten Mal in diesem Geschäftsjahr die Ergebnisprognose wegen der Schwäche im Windgeschäft gesenkt und hatte höhere Verluste in Aussicht gestellt. Es war nicht die erste Gewinnwarnung: Bereits mehrfach hat Siemens Gamesa den Münchnern inzwischen schon die Planungen verhagelt.
Die im Dax notierte Aktie verlor am Donnerstag nachbörslich auf der Handelsplattform Tradegate 15 Prozent und erreichte somit den niedrigsten Stand seit Ende März. Die Papiere von Siemens Energy hatten sich in den vergangenen sieben Monaten stark erholt. Vom Rekordtief im Oktober 2022 bei 10,25 Euro waren sie um mehr als 130 Prozent gestiegen. Im laufenden Börsenjahr 2023 sind die Titel der viertgrößte Gewinner im Dax.
Erhöhte Ausfallraten bei Windturbinen-Komponenten
Es habe deutlich erhöhte Ausfallraten bei Windturbinen-Komponenten gegeben, teilte Siemens Energy nun am Donnerstag in München mit. Eine technische Überprüfung lege nahe, dass eine Behebung der Probleme bei bestimmten Onshore-Plattformen deutlich mehr koste als bislang angenommen. Siemens Energy geht derzeit von zusätzlichen Kosten von voraussichtlich über einer Milliarde Euro aus. Im Januar waren die Kosten noch mit 472 Millionen Euro beziffert worden. Darüber hinaus sehe Siemens Energy weiterhin Schwierigkeiten beim Hochlauf der Fertigungskapazitäten im renditeträchtigen Offshore-Bereich.
Geplante Verbesserungen der Produktivität bei dem Windanlagenbauer träten zudem nicht in dem bisher erwarteten Umfang ein, hieß es von Siemens Energy weiter. Deswegen würde das Unternehmen jetzt die wesentlichen Annahmen, die den Geschäftsplänen von Gamesa zugrunde lägen, überprüfen.
Der Energietechnikkonzern hatte erst Mitte Mai bei der Vorlage der Halbjahreszahlen höhere Verluste in Aussicht gestellt und erklärt, dass der Konzernfehlbetrag nach Steuern 2022/23 (per Ende September) wegen der Probleme bei Gamesa das Vorjahresniveau von 712 Millionen Euro um bis zu einem niedrigen dreistelligen Millionen-Betrag übersteigen dürfte. Die bereinigte operative Marge sollte im unteren Bereich der angepeilten ein bis drei Prozent liegen.
Siemens Energy erklärte nun, dass eine genaue Einschätzung der möglichen finanziellen Auswirkungen derzeit noch nicht möglich sei. Die Umsatzprognose für den Konzern sowie sämtliche Annahmen für Gas Services, Grid Technologies und Transformation of Industry halte das Unternehmen hingegen aufrecht. Beim Konzernumsatz geht das Unternehmen von einem vergleichbaren Umsatzwachstum von zehn bis zwölf Prozent aus. Dabei ausgeklammert sind Währungs- und Portfolioeffekte.
Siemens Energy hatte im Februar Gamesa vollständig übernommen. Der Windturbinenbauer kämpft seit längerem mit Problemen und schreibt rote Zahlen. Die Münchner erhoffen sich nach der Übernahme einen besseren Durchgriff bei dem Windkraftbauer, der in den letzten Jahren nach dem Auftauchen immer neuer Probleme mehrfach seine Ziele verfehlt hatte. Der von Energy entsandte Gamesa-Chef Jochen Eickholt hat dem Konzern ein weitreichendes Sanierungsprogramm verpasst, welches das Unternehmen stabilisieren und wieder profitabel machen soll. (dpa/ad)