Die Wirtschaftswoche meldet, dass Siemens den Wartungsvertrag mit SAP zum Ende des Jahres gekündigt hat. Hintergrund sei der Versuch, in diesem Bereich Kosten zu reduzieren. Auf immerhin rund 30 Millionen Euro werden die Kosten für die Wartung der SAP-Systeme bei Siemens geschätzt. Eine ordentliche Summe, bei der es nicht verwundert, wenn sie auf den Prüfstand kommt. Ob und inwieweit dies auch in München der Fall ist, ist noch nicht klar. SAP wollte den Artikel der Wirtschaftswoche weder bestätigen noch dementieren. Auch Siemens CIO Norbert Kleinjohann winkt ab: Zu Partnerbeziehungen äußere man sich nicht in der Öffentlichkeit.
Wie die Wirtschaftswoche weiter schreibt, schaue sich Siemens nun nach Alternativen um. Man verhandle derzeit mit den US-Unternehmen IBM, Rimini Street und dem indischen Anbieter HCL. Die in den USA ansässige Firma Rimini Street wirbt beispielsweise damit, SAP-Systeme für die Hälfte der Kosten zu warten und zu pflegen. Dafür erhalten die Kunden die notwendigen Updates für Steuern und Sozialversicherungen, Weiterentwicklungen sowie Systemerweiterungen sind allerdings vom Wartungsvertrag ausgeschlossen.
Für SAP dürfte die mit dem Gerücht erneuerte Aufmerksamkeit auf die Preise für Wartung und Support zu einem ungünstigen Zeitpunkt kommen. Nach wie vor herrscht Unruhe unter den Kunden, doch man hat sich mittlerweile einander angenähert und redet miteinander. Ein erstes Ergebnis der Gespräche war, einen Benchmark für den Service aufzubauen. Dieser soll den von SAP beschworenen Mehrwert des verteuerten Enterprise Support unter Beweis stellen.
Nun könnte die Diskussion neu entfacht werden. Mit Siemens lehnt sich einer der größten SAP-Kunden gegen die Service-Konditionen auf. Rund 160.000 Mitarbeiter nutzen der Wirtschaftswoche zufolge die Software aus Walldorf. Als SAP-Großkunde müssten die Münchner eine Wartungsgebühr von 17 Prozent zahlen. Offenbar hatte Siemens mit SAP erfolglos um eine Reduzierung der Kosten gerungen.
Daraufhin kündigte Siemens den laufenden Vertrag zum Ende des Jahres. Dass damit das Tuch zwischen beiden Unternehmen zerrissen ist, ist längst nicht ausgemacht. Normalerweise laufen die Wartungsverträge über ein Jahr, erklärt IDC-Analyst Rüdiger Spies: "Ein Wartungsvertrag muss zum Ende seiner Laufzeit entweder neu verhandelt werden oder er verlängert sich automatisch, wenn der Kunde nicht rechtzeitig kündigt." Insofern ist eine Kündigung juristisch ein ganz normaler Vorgang - wenn auch unüblich.
Außergewöhnliche Taktik von Siemens
Im Fall von Siemens steht also zu vermuten, dass es sich um eine Verhandlungstaktik der außergewöhnlichen Art handelt. Mit der Kündigung liegt es nun an der SAP, ihrem langjährigen Partner ein Angebot zu unterbreiten. Sollte die Company auf ihren Preisen beharren, besteht vielleicht tatsächlich die Gefahr, dass sich einer der wichtigsten Kunden für länger aus dem Service-Abkommen verabschiedet.
Anderen SAP-Anwendern könnte eine solche Entscheidung den letzten Schubs geben, um sich ebenfalls nach Alternativen umzuschauen.