Siemens sieht Individualisierung als Treiber der Digitalisierung
20.02.2017 von Florian Maier
Die Digitalisierung bietet neue Möglichkeiten für Industrie-Anwendungen. Klaus Helmrich, Mitglied des Vorstands der Siemens AG, gab in seinem Vortrag auf den Hamburger IT-Strategietagen Einblicke, wie Unternehmen die Transformation meistern können.
Durch Entwicklungen wie den Mars-Roboter (der zunächst virtuell in Betrieb genommen wurde), Technologien wie die additive Fertigung und die Herausbildung von Ökosystemen (Internet of Things) steigt die Bedeutung von Daten - und ganz besonders ihrer Korrelation.
Als Beispiele für die Umwälzungen in der Industrie führte Helmrich unter anderem den Automotive-Sektor an, dessen Fertigungsprozesse nicht nur durch die steigende Modell- und Ausstattungsvielfalt, sondern auch durch neue Antriebskonzepte zunehmend komplexer werden.
Ein weiterer wesentlicher Faktor sei dabei das Kundenverhalten, das sich durch die Etablierung der Technologien im Alltag wesentlich verändert hat, so Helmrich: "Die Individualisierung steht im Vordergrund und das hat Einfluss auf die Produktion".
Diese Individualisierung von Produkten sorgt laut Helmrich für eine Produktvarianz, die beherrscht und im Sinne von "Time to market" abgebildet werden müsse. Die Antwort auf diese Herausforderungen sieht der Siemens-Manager in der umfassenden Digitalisierung: "Nur, wenn Sie ihre Produkte von Anfang an virtuell mit Daten beschreiben und simulieren können und ihren kompletten Fertigungsprozess digitalisiert haben - also einen digitalen "Twin" geschaffen haben - sind Sie in der Lage, flexibel auf die Kundenbedürfnisse eingehen zu können. Anders geht es nicht".
Keine Industrie 4.0 ohne IT-Sicherheit
Das Ziel müsse sein, die individuellen Kundenwünsche Ende-zu-Ende abbilden zu können. Dazu sei es nötig, ein Ökosystem für individualisierte Kundenwünsche zu etablieren. Der IT-Strategie kommt dabei eine wesentliche Bedeutung zu: "Sie brauchen eine Kollaborationsplattform im Unternehmen, die es ihnen ermöglicht, alle technischen Daten end-to-end zu managen. Sie brauchen eine Gesamtstrategie und dafür ist der Blick des IT-Verantwortlichen wesentlich."
Der Siemens-Konzern, so Helmrich weiter, setze für die Umsetzung auf das "Digital-Enterprise"-Konzept, das im Wesentlichen eine Kombination aus Automatisierung, Software und Security darstellt. Gerade die IT-Sicherheit ist in Sachen Digitalisierung, beziehungsweise Industrie 4.0, ein wesentlicher Faktor: Ohne ein durchgängiges IT-Security-Konzept könne man es sich nicht erlauben, Maschinen und Anlagen an die Cloud zu hängen oder irgendjemand von außen auf internes Know-how oder Applikationen zugreifen zu lassen.
"Wenn Sie in die Digitalisierung des Unternehmens gehen, dann ist das Chefsache", stellte Helmrich klar. "Es bedarf einer Fokussierung, Investitionsbereitschaft, einer klaren Roadmap und klarer Verantwortlichkeiten - deswegen muss das Teil der Gesamtstrategie eines Unternehmens sein."
Für eine erfolgreiche, digitale Transformation komme insbesondere der IT-Abteilung eine besondere Bedeutung zu, weiß der Siemens-Mann: "Sie ist der entscheidende 'Backbone', damit wir das alles zusammenkriegen."
Hamburger IT-Strategietage Umfrage "Drei Kernbotschaften an CIOs"
Daniel Hartert, Bayer Daniel Hartert, CIO bei Bayer, macht es kurz: "First: IT must be seen as a catalyst for innovation – otherwise there is no seat at the table. Second: Extensive collaboration with external partners and startups becomes mandatory and third: Cloud is inevitable."
Heiko Packwitz, Lufthansa Industry Solutions Heiko Packwitz, Chief Marketing & Communications Officer bei Lufthansa Industry Solutions, sagt: "CIOs müssen das Geschäft und die Prozesse ihres Unternehmens und ihrer Branche vollständig verstehen, um als Transformierer und Innovator gehört und ernst genommen zu werden. Sie müssen zweitens Netzwerker sein. Drittens: Bei der Digitalisierung steht trotzdem immer noch der Mensch im Mittelpunkt."
Andreas Klein, Deloitte Der Director Technology Advisory bei Deloitte, Andreas Klein, sagt: "Seien Sie anpassungsfähig - der Erfolg von CIOs hängt weniger von persönlichen Charaktereigenschaften oder Arbeitsstil ab. Definieren Sie ,Digital‘ neu. Investieren Sie in ein schlagkräftiges Team und IT-Kompetenzen."
Burkhard Kaufmann, Bitmarck Bitmarck-Geschäftsführer Burkhard Kaufmann erklärt: "Erstens: die digitale Transformation macht die Veränderung der Prozesse, der Denkweisen, der Geschäftsmodelle und der Governance notwendig. Zweitens: die Anforderungen an die Sicherheit für Dienstleister, Kunde und Partner werden durch die hohe Komplexität der Anwendungen und die vielen Schnittstellen enorm hoch. Drittens: die Zeiten der Abschottung und Abgrenzung der eigenen Produkte und die Produktionstiefe der eigenen Services sind vor dem Hintergrund der hybriden IT-Modelle und APIs endgültig zu Ende."
Matthias Spott, Kaskilo Matthias Spott ist CEO von Kaskilo. Seine drei Botschaften lauten: "Der Bedarf an Konnektivität wird in der Industrie 4.0 Welt exponentiell steigen. 5G wird nicht das Allheilmittel für die Konnektivitäts-Lösungen der Zukunft sein, da viele Fragen bei dieser Technologie noch ungelöst sind. Satellitengestützte Systeme werden in Zukunft integraler Bestandteil einer globalen Internetversorgung sein."
Thomas Fischer, All for one Steeb Der Digital Strategist und Managing Directer bei All for one Steeb, Thomas Fischer, sagt: "Es geht erstens nicht um Digitalisierung, sondern um die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Zweitens: Speed ist wichtig. Fangen Sie mit Einzelprojekten an. Drittens: Zeigen Sie, dass Sie über die IT hinausdenken. Denn Digitalisierung betrifft viele Handlungsfelder in Ihrem Unternehmen."
Lumir Boureanu, Eurodata Eurodata-Geschäftsführer Lumir Boureanu nennt diese drei Punkte: "Das Wachstumsmodell von digital Value basiert auf Expertise und Fokus. Treten Sie gleich mehreren Ecosystemen bei. Definieren und setzen Sie Ihren Ecosystemen Grenzen."
Michael Hilzinger, Klöckner Michael Hilzinger, General Manager bei Klöckner, erklärt: „Digitale Transformation ist erstens keine reine IT Disziplin, es bedarf klarer Priorisierung durch das Top Management, am besten durch den CEO. Zweitens müssen CIOs versuchen, den IT-Betrieb im Sinne von ,Keep the lights on'-Aktivitäten weitgehend zu automatisieren, um Ressourcen für Innovationsprojekte zu schaffen. Drittens: Speed in der Enterprise IT gelingt nur durch radikalen Fokus auf den Kunden-/Anwendernutzen.“
Ralf Gernhold, Miles & More Ralf Gernhold, CIO von Miles & More, appelliert: "Gründet Innovation Center innerhalb eurer Unternehmen - und nicht in Kalifornien oder Berlin. Eure IT Abteilung ist Innovationsschmiede, nicht Cost Center. 'Alte Meister + Junge Wilde’ ist die Erfolgsformel für gelebte digitale Transformation im Unternehmen.“
Martin Wibbe, Atos Schwungvoll ist die Botschaft von Martin Wibbe, Senior Vice President &COO bei Atos: „Erstens: Seien Sie Mutig und probieren Sie Dinge aus, suchen Sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht nach Standards! Zweitens: Schauen Sie sich andere Branchen an und lernen Sie daraus, wie auch Sie sich innovieren können! Drittens: Befreien Sie Ihre Teams und sich selbst von ,IT Standardaufgaben', damit Sie sich auf die Zukunftsthemen konzentrieren können!“
Oliver Blüher, Dropbox Oliver Blüher, Country Manager DACH & Nordics bei Dropbox, erklärt: "Flexible Infrastrukturen und Cloud-Services sind die Zukunft. Große IT Investments mit ungewissem ROI wird es zukünftig nicht mehr geben – wer zur Anpassung bereit ist, dem ist auch der ROI sicher. Und: Die digitale Transformation verändert auch die Arbeitswelt - in klassischen Industrie-Unternehmen sind heute schon mehr als 40 Prozent der Arbeitsplätze PC-Arbeitsplätze."
Roger Kehl, Festo Festo-CIO Roger Kehl erklärt: „Erstens: Breite und Länge des Spielfeldes für den CIO wird neu vermessen - durch Industrie 4.0 stellen sich der IT neuen Herausforderungen in der Produktion. Zweitens: Mut zur Veränderung. Unser Umfeld ist geprägt durch ständige Paradigmenwechsel und Disruption. Drittens: Die Mitarbeiter auf die Reise mitnehmen und nicht vergessen – Arbeitskultur und -Anforderungsprofil ändern sich."
Matthias Frühauf, Veeam Matthias Frühauf, Regional Presales Manager CEMEA bei Veeam Software, sieht seine Botschaften unter dem Motto 24/7-Verfügbarkeit von Services. Er nennt diese Punkte: "Getestete und dokumentierte Failover-Szenarien, hoher Grad an Automatisierung, Integration von Cloud Services."
Martin Niemer, VMware Martin Niemer ist Director Advisory Services Central and Eastern Europe bei VMware: "Erstens: Die Zukunft wartet nicht, die Geschwindigkeit entscheidet über den Erfolg im Markt, Organisationen müssen in der Lage sein, das umzusetzen. Zweitens: Digitale Transformation beginnt beim Endnutzer, nur Projekte, die vom User angenommen werden, sind erfolgreich. Drittens: Hochgradige Standardisierung und Automatisierung können helfen, Abläufe zu beschleunigen und Wettbewerbsvorteile zu erzielen."