Es ist ein bekanntes Phänomen aus der Biologie: Junge Männchen, egal welcher Spezies, sind draufgängerischer und aggressiver als das Rudeloberhaupt mit Familienanhang. Das lässt sich auch bei Menschen gut beobachten. Während junge Menschen bereit sind, viele Risiken einzugehen, lassen es ältere Semester eher ruhiger angehen. Und auch der Familienstand entscheidet darüber, wie wir uns verhalten: "Ob wir verheiratet sind oder nicht, beeinflusst unsere persönlichen Präferenzen", schreibt der Assistenzprofessor Nikolai Roussanov von der Universität Pennsylvania im Vorwort zu seiner Studie "Marriage and Managers' Attitudes to Risk".
Das kann jeder, der Partner und Kinder hat, bestätigen. Wer für eine Familie verantwortlich ist, geht in der Regel eher Fußball spielen, als zum Bungee-Jumping und kauft vielleicht eher mal ein Lottolos als sein Geld im Kasino zu verzocken. Schließlich haben Ehepartner einander gegenüber eine gewisse Verantwortung. Für Eltern gilt das Verantwortungsprinzip erst Recht.
Dieses Verhalten macht natürlich auch vor dem Job nicht Halt: Wer Alleinstehend ist, geigt dem Chef vielleicht eher die Meinung (und riskiert damit eine Kündigung) als der Familienvater mit kleinen Kindern. Roussanov und sein Kollege Pavel Savor haben deshalb untersucht, inwieweit sich der Familienstand von Unternehmenslenkern auf deren Management-Strategie auswirkt. Und das Ergebnis ist erstaunlich: Die Unternehmen der alleinstehenden Manager sind "kleiner, jünger und wachsen schneller", so das Ergebnis von Roussanov und Savor. Für ihre Studie haben die beiden Finanz-Experten 1500 Vorstandsvorsitzende zu ihrem Führungsstil befragt. 84 Prozent davon sind verheiratet. Zu den 16 Prozent der Singles gehörten unter anderen der deutsch-amerikanische Investor Nicolas Berggruen, Inhaber der Berggruen Holdings und ehemaliger Karstadt-Retter, Hilary Mason, Chef-Wissenschaftlerin des Kurz-URL-Diensts Bitly, oder der indische Manager Ratan Tata, der unter anderem Chief Executive Officer der Tata-Gruppe gewesen ist.
Unverheiratete Manager "treffen weit reichende Entscheidungen" und lassen sich weder von Wettbewerbern noch anderen Dingen bremsen, so Roussanov. "Wenn es riskant wird, scheinen Verheiratete ihre Investitionen herunter zu fahren, während Singles das nicht tun", hat er beobachtet. Allgemein seien verheiratete Unternehmer vorsichtiger bei ihren Entscheidungen. Und das macht sich in der Bilanz bemerkbar. "Unternehmen, die von Singles geführt werden, haben eine drei Prozent höhere Aktienrendite, verfolgen eine aggressivere Investitionsstrategie und lassen sich nicht so leicht beirren." Was die Studienautoren allerdings nicht untersucht haben, ist, ob in den Firmen der Single-CEOs mehr oder weniger Leute entlassen werden, oder wie hoch die Gehälter dort sind. Auch über die Risikoneigung geschiedener Chefs haben Roussanov und Savor keine Erkenntnisse gewonnen. Was sie aber feststellen konnten, ist, dass offenbar auch im Berufsleben gilt: Gleich und gleich gesellt sich gern. So suchen Firmen, die ein eher riskantes Geschäftsmodell haben oder mehr Risiken eingehen, auch eher nach alleinstehenden Managern, die bereit sind, sich bei riskanten Projekten zu engagieren.
(Quelle: Wirtschaftswoche)