Neben der besseren Kamera und mehr Prozessor- und Grafikleistung gehört die Spracherkennung Siri zu den wichtigen Neuerungen des iPhone 4S. Einige Marktbeobachter zeigten sich deshalb zunächst enttäuscht, doch zu Unrecht, wie wir finden. Siri stellt die bisher verfügbaren Lösungen deutlich in den Schatten und zeigt, wie effektiv eine Sprachsteuerung sein kann, wenn man es richtig macht. Das iPhone hat in einigen Bereichen Maßstäbe gesetzt, zum Beispiel bei der Bedienung mittels Touchscreen oder bei der Nutzung des Internet am Smartphone.
Auch Siri könnte ein solcher Meilenstein werden. Die Software befindet sich noch im Betastadium, leistet aber teilweise schon Erstaunliches. Sie versteht nicht nur einfache Anweisungen wie die bisherige Sprachsteuerung, sondern stellt auch Zusammenhänge zwischen den Anweisungen her oder fragt, falls nötig, nach ergänzenden Informationen. Dabei versteht Siri ganz normale einfache Sätze. Häufig gibt es sogar mehrere Möglichkeiten, einen Befehl zu formulieren.
So arbeitet Siri
Wenn Sie Anweisungen in das iPhone sprechen, bereitet es diese auf, um Platz und damit Übertragungszeit zu sparen. Die eigentliche Interpretation der Eingabe erfolgt nämlich auf einem zentralen Server von Apple, der die Ergebnisse dann wieder an Siri auf dem iPhone zurückschickt. Das hat den Vorteil, dass Apple einen zentralen Datenbestand pflegen kann, von dem alle Siri-Anwender profitieren.
Man kann kontinuierlich Befehle und Optionen hinzufügen, ohne dass die Anwender dafür erst ein iOS-Update laden müssen. Außerdem lernt Siri aus den Eingaben aller Anwender, um seinen Wortschatz zu verbessern. Diese Daten-Cloud zapft man mit dem iPhone an. Der Nachteil der Methode ist allerdings, dass Siri nur mit einer aktiven Internet-Verbindung über Wi-Fi oder 3G funktioniert.
Exklusiver Service
Dass Apple Siri zurzeit nur auf dem iPhone 4S erlaubt, ist wohl eher eine politische Entscheidung, um dessen Verkauf anzukurbeln. Außerdem vermeidet die begrenzte Benutzerzahl sicherlich - gerade in der Startphase - eine Überlastung der Server. Es ist durchaus möglich, dass Apple Siri später doch noch für andere iOS-5-Geräte freigibt, vielleicht mit dem Beenden des Betastatus der Funktion.
Aktuell unterstützt Siri die Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch. 2012 sollen weitere Sprachen folgen, darunter Italienisch und Spanisch. Im Folgenden stellen wir Siri ausführlich vor und zeigen, wie man die Funktion nutzt.
Siri aktivieren und einrichten
Nach der ersten Einrichtung des iPhone 4S wird anstelle von Siri noch die alte Sprachsteuerung gestartet, wenn man lange auf die Home-Taste drückt. Um Siri einzuschalten, öffnen Sie "Einstellungen > Allgemein > Siri". Dort lässt sich Siri per Schalter aktivieren. Dabei weist das iOS schon darauf hin, dass Daten an Apple übertragen werden. Wer es genauer wissen will, tippt in den Siri-Einstellungen auf den Link "Über Siri und Privatsphäre", der zu einer ausführlichen Erklärung der Bedingungen führt. Darunter können Sie die Sprachsteuerung konfigurieren. Hier lässt sich zum Beispiel die Sprache wechseln.
Unter "Sprach-Feedback" können Sie auswählen, ob Siri seine Antwort immer vorliest oder nur bei Nutzung einer Freisprecheinrichtung. Mit "Meine Info" legen Sie fest, welcher Eintrag im Adressbuch Ihnen gehört. Diese Info benötigt Siri für einige personenbezogene Kommandos. Um Siri zu starten, drücken Sie lange auf die Home-Taste oder halten sich einfach das iPhone ans Ohr. Ein doppelter Signalton zeigt, dass Siri eingabebereit ist. Die zweite Methode lässt sich mit dem Schalter "Sprechen" deaktivieren. Um Siri den Zugriff aus Ortsdaten zu untersagen, öffnen Sie "Einstellungen > Ortungsdienste".
Beispiele zur Nutzung von Siri anzeigen
Siri verfügt über eine eingebaute Hilfefunktion, die Apps zeigt, die sich per Spracheingabe steuern lassen. Dabei gibt es zu jeder App eine Liste mit Beispielen. Zum Aufruf der Hilfe startet man Siri. Es erscheint am unteren Rand des Bildschirms die Frage "Wie kann ich behilflich sein?" und daneben eine kleine runde Taste mit einem "i". Tippen Sie auf diese Taste, erscheint eine Liste der mitgelieferten Apps, die Siri unterstützen.
Neben dem Icon der App steht jeweils ein typischer Befehl und darunter klein der Name der App. Tippen Sie auf einen Eintrag, erscheint eine Liste möglicher Befehle, die die zugehörige App versteht. Diese ist nicht vollständig, da es zu vielen Befehlen auch Varianten gibt. Mit der Taste "Handbuch" gelangen Sie zurück zur App-Übersicht. Als Alternative zur Taste "i" lässt sich die App-Liste auch stilecht aufrufen, indem man "Hilfe" sagt.
Nach dem Start von Siri ertönen zwei kurze Signaltöne. Solange Siri eingabebereit ist, leuchtet das Mikrofon lila und zeichnet Ihre Sprache für die anschließende Interpretation auf. Warten Sie nach dem Aufruf von Siri zu lange, wird die Aufnahme abgeschaltet, das Mikro wird dunkel. Um die Spracheingabe dann erneut zu aktivieren, tippen Sie einfach auf die Mikrofontaste.
Gegebene Befehle für Siri ergänzen
Eine Stärke von Siri ist die Fähigkeit zum Dialog. Bei bestimmten Befehlen erkennt Siri, dass weitere Daten gebraucht werden, und fragt einfach danach. Fragen Sie zum Beispiel, wie das Wetter wird, haben aber den Zugriff auf Ortsdaten gesperrt, so kann Siri nicht feststellen, wo Sie sich befinden.
Statt die Frage zurückzuweisen, fordert es Sie auf, die Ortsinfos zu aktivieren oder den gewünschten Ort zu sagen. Fragen Sie nach dem Geburtstag Ihrer Nichte, so fragt Siri zurück, wer das ist, und kann diese Information dann auch gleich in den Kontakten speichern, damit sie beim nächsten Aufruf zur Verfügung steht. Das funktioniert mit sämtlichen nahen Verwandschaftsgraden und auch Ehepartnern. Versteht Siri einen Namen falsch oder findet ihn nicht im Adressbuch, bietet es ähnliche Namen aus den Kontakten zur Auswahl an.
Siri erkennt auch mehrere Fragen oder Anweisungen in einem Kontext. So liefert es auf "Zeige die Adresse von Max Muster" die Anschrift des Kontakts. Geben Sie danach "Telefonnummer" ein, weiß Siri noch, um wen es ging, und zeigt dessen Telefonnummern. "Wie wird das Wetter" liefert die Wettervorhersage. Für einen weiteren Ort reicht dann ein nachgeschobenes "Und in?…"
Texte per Spracherkennung diktieren
Eine weitere nützliche Einsatzmöglichkeit von Siri ist die Eingabe von Texten. Markieren Sie ein Textfeld oder einen geeigneten Bereich in einem Dokument, erscheint wie gewohnt die Bildschirmtastatur für die Eingabe. Auf dem iPhone 4S enthält diese in der unteren Reihe eine neue Taste mit einem Mikrofon. Tippen Sie darauf, wird das Mikrofonsymbol eingeblendet, und Sie können per Siri einen Text diktieren. Dabei versteht Siri auch Angaben wie "Komma, Punkt, neue Zeile, Fragezeichen" oder diverse Währungs- und Sonderzeichen.
Zum Anschluss des Diktats erscheinen kurz drei Punkte an der Eingabeposition, während Siri die Spracheingabe umwandelt. Danach wird der Text eingesetzt. So lassen sich kurze Memos im Notizblock schreiben, aber auch komplette Briefe in Pages. Letzteres ist etwas umständlich, da Funktionen zum Editieren per Sprache fehlen, aber ein erster Entwurf des Textes lässt sich prima diktieren, im Zweifelsfall Satz für Satz in mehreren Eingaben. Da Siri hierbei nur für die Texteingabe genutzt wird, funktioniert das Diktieren in allen Apps, die Apples Standardtastatur nutzen, also auch in Apps, die sich sonst nicht per Siri bedienen lassen.
Siri als Abkürzung
Siri-Befehle können auch relativ komplex sein und eine ganze Folge von Arbeitsschritten ersetzen. So kann Siri zum Beispiel alle ungelesenen Nachrichten eines Kontakts anzeigen, was sonst gar nicht möglich wäre, oder ausgeben, wie viele Termine man im Februar 2012 hat, und diese dann auflisten.
Das würde manuell im Kalender eine Menge Arbeit machen. Die einfache Frage "Wo ist?…" führt dazu, dass Siri versucht, eine Person mithilfe der App Meine Freunde suchen zu lokalisieren und auf einer Karte anzuzeigen. Man kann auch direkt nach Wetter oder Zeit an einem Ort fragen, ohne diesen vorher in der jeweiligen App einzurichten.
Suchmaschinen und Wikipedia mit Siri nutzen
Versteht Siri einen Begriff nicht, zeigt es den Knopf "Websuche" an. Ein Tipp darauf oder der gesprochene Befehl "Suchen" öffnet die Suchergebnisse in Safari.
Dabei wird die eingestellte Suchmaschine genutzt - normalerweise Google. Mit "Google?…" oder "Suche?…" kann man auch direkt einen Suchbefehl geben. Um die Suchmaschine zu wechseln, gibt man "Suche?… mit Bing" oder "… Yahoo" ein. Siri erlaubt auch das Nachschlagen eines Begriffs in Wikipedia mit "Wikipedia?…" oder "Suche?… in Wikipedia". Fragen an die naturwissenschaftliche Datenbank Wolfram Alpha sind auf Deutsch leider noch nicht möglich.
Adressbuch für Siri optimieren
Das Adressbuch des iPhone bietet einige Spezialitäten, die bei der Nutzung von Siri helfen. Sie können zum Beispiel die Aussprache eines Namens oder einen Spitznamen angeben. Die erwähnten familiären und partnerschaftlichen Verhältnisse lassen sich natürlich auch direkt im Adressbuch bearbeiten. Hierzu öffnen Sie die App Kontakte oder den gleichnamigen Bereich in der App Telefon.
Wählen Sie den gewünschten Kontakt aus, und tippen Sie oben rechts auf "Bearbeiten". Tippen Sie ganz unten in der Liste auf "Feld hinzufügen". Nun können Sie "Ausspracheform" für den Vor- und Nachnamen eintragen oder einen Spitznamen festlegen. Für Beziehungen finden Sie unten den Punkt "Zugehörige Personen". Mit "Fertig" übernehmen Sie die Änderungen. Über die Minuszeichen können Sie vorhandene Einträge löschen.
Das Aufrufen eines Kontakts ist übrigens denkbar einfach. Nennen Sie Siri den Namen, sucht es ihn im Adressbuch und zeigt eine Visitenkarte. Tippen Sie auf den Namen, wird der Kontakt im Telefonbuch geöffnet. Tippen Sie auf einen Eintrag, wird er benutzt, also etwa eine Telefonnummer angerufen, eine neue E-Mail erzeugt oder die Adresse in der App Karten gezeigt.
Code-Sperre und Easter-Eggs
Siri reagiert auch auf einige ungewöhnliche Fragen und Anweisungen. Fragen Sie Siri doch einmal nach dem Sinn des Lebens, wie es ihm geht oder ob es Sie heiraten will. Statt die Eingabe zurückzuweisen, liefert Siri passende, oft auch humorvolle Antworten. Auch "Mir ist langweilig" oder ein strenges "Du bist gefeuert!" bringen Siri nicht aus dem Konzept.
Zum Teil gibt es gleich mehrere Antworten auf dieselbe Frage, sodass Siri ein wenig variieren kann. Solche vermeintlichen "Easter-Eggs" sind viel mehr als nur kleine Witze der Programmierer. Sie verleihen dem digitalen Assistenten eine Persönlichkeit und steigern damit die Akzeptanz beim Anwender. Die Bereitschaft zur Nutzung der neuen Technik steigt.
Zum Abschluss haben wir noch einen Tipp zur Sicherheit. Man kann Siri auch direkt vom Sperrbildschirm des iPhone aufrufen. Unter bestimmten Umständen kann man so durch einen Fehler in iOS 5 den Schutz per Zugangscode unterlaufen. Um dies zu verhindern, öffnen Sie "Einstellungen > Allgemein > Code-Sperre" und schalten den Zugriff auf Siri bei aktiver Code-Sperre ab. Dann lässt sich Siri erst nach dem Entsperren des iPhone durch die Code-Eingabe aufrufen. (Macwelt)