Letzte Hilfe

Smartphone-Daten trotz defekten Displays retten

08.09.2017 von Andreas Hitzig
Nach einem Sturz ist der Bildschirm eines Smartphones oder Tablet in den meisten Fällen kaputt - und das macht die Daten-Rettung besonders schwierig, aber nicht immer unmöglich. Dieses Tutorial zeigt Ihnen, wie Sie trotzdem an Bilder und Kontakte kommen.

Auch wenn das Display Ihres Smartphones oder Tablets beschädigt und die Bedienung unmöglich ist, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Daten zu retten. Eine Erfolgsgarantie gibt es jedoch nicht. Wenn nichts mehr geht, suchen Sie eine Reparaturwerkstatt auf. Weisen Sie darauf hin, nicht die Daten zu löschen und keine Firmware-Updates aufzuspielen. So haben Sie eine Chance, an Ihre persönlichen Daten zu kommen.

Wie Sie trotz Dunkelheit auf dem Bildschirm dennoch an ihre Daten kommen.

Einen bequemen Weg, um eine passende Reparaturwerkstatt zu finden, bietet der Online-Dienst Clickrepair. Wählen Sie hier zunächst Ihr Gerät und den Defekt aus. Dann erhalten Sie eine Liste mit Werkstätten, denen Sie das Gerät vorbeibringen (meist schneller) oder kostenlos zuschicken können (meist günstiger). Außerdem sehen Sie hier auch den für die Reparatur veranschlagten Preis. Klären Sie vor der Beauftragung noch direkt mit der Werkstatt, ob eine Rettung ohne Datenverlust möglich ist. Die entsprechenden Kontaktdaten bekommen Sie in Schritt 4 des Bestellvorgangs angezeigt.

Szenario 1: Kein Sperrbildschirm eingerichtet

Ist auf Ihrem Handy keine Display-Sperre eingerichtet, haben Sie Glück im Unglück! In diesem Fall booten Sie Ihr Smartphone wie gewohnt, verbinden es mit Ihrem Computer und sichern die gewünschten Daten über den Windows Explorer. Sollten Sie nicht genau wissen, in welchem Verzeichnis sich diese befinden, nutzen Sie am besten die Software, die der Hersteller für Ihr Smartphone vorsieht und die Ihnen in den meisten Fällen einen Backup-Modus für die Handy-Daten bietet.

Szenario 2a: Sperrbildschirm vorhanden, kein USB-Debugging aktiviert

Einer der schwierigsten Fälle tritt bei aktiviertem Sperrbildschirm ein, falls Sie außerdem kein USB Debugging aktiviert haben. Damit ist kein direkter Zugriff auf Ihr Handy möglich. Sie könnten die Sperre dennoch überwinden, falls Ihr Smartphone über eine USB-Schnittstelle On-the-Go (OTG) verfügt. Dies lässt sich per Suchmaschine und "<Handymodell> OTG" ermitteln, etwa "Samsung Galaxy S8 OTG".

Unterstützt Ihr Smartphone OTG, lässt sich unter Umständen die PIN oder das Muster mit einer USB-Tastatur oder USB-Maus eingeben.

In diesem Fall ist es möglich, mithilfe eines OTG-Adapters Maus oder Tastatur anzuschließen und damit das Muster oder den PIN-Code einzugeben. Danach ist das Smartphone entsperrt, und Sie können wie in "Szenario 1" die Daten sichern.

Einen OTG-Adapter kann man bereits für wenige Euro über den Fachhandel bestellen.

Szenario 2b: Sperrbildschirm vorhanden, kein USB-Debugging aktiviert

Eine besondere Lösung gibt es in diesem Fall jedoch für Samsung-Geräte, falls sie den Dienst "Find My Mobile" unterstützen und Sie sich dort angemeldet haben. Rufen Sie die Website des Dienstes auf und geben Ihre Mailadresse und das Passwort ein, mit dem Sie bei Samsung registriert sind. Wählen Sie das registrierte Gerät mit dem defekten Bildschirm, deaktivieren Sie den Sperrbildschirm und sichern Sie dann mit Samsung Kies Ihre Daten.

Unterstützt Ihr Samsung Smartphone „Find My Mobile“ und ist der Dienst aktiviert, lässt sich darüber der Sperrbildschirm deaktivieren.

Szenario 3: Sperrbildschirm vorhanden, USB-Debugging aktiviert

Der folgende Hinweis funktioniert nicht auf allen Geräten, ist jedoch einen Versuch wert. Ihr Smartphone muss in diesem Szenario nicht zwingend gerootet sein. Es erhöht jedoch die Erfolgschancen – so allein in unserem Test.

Sie benötigen für diese Aktion die Android Debugging Bridge (ADB)-Dateien. Diese finden Sie über das Android SDK. Da das Android Studio mit über 1,9 GB recht groß ist, gibt es ein alternatives Paket, in dem nur die ADB-Dateien enthalten sind. Dieses rund 9 MB große Paket finden Sie beispielsweise auf der Website von ClockworkMod zum Download.

Nach der Installation von ADB verbinden Sie Ihr Smartphone mit Ihrem Computer und rufen die Eingabeaufforderung über den Ausführen-Befehl (Win+R) sowie die Anwendung cmd auf. Navigieren Sie mittels cd-Kommando zum Installationsverzeichnis der ADB-Treiber, und prüfen Sie, ob Ihr Smartphone als Gerät erkannt wurde. Die Eingabe "adb devices" sollte Ihnen eine Liste aller angeschlossenen Android-Geräte anzeigen.

Geben Sie anschließend den Befehl "adb shell rm /data/system/gesture.key" ein, und warten Sie die Rückmeldung ab. Sollten Sie keine Fehlermeldung wegen unzureichender Berechtigungen erhalten, ist die Aktion erfolgreich. Sie können Ihr Handy neu booten und die Daten sichern.

Szenario 4: Sperrbildschirm vorhanden, Bootloader aktiv, USB-Debugging deaktiviert

Die nächste Beschreibung funktioniert bei Smartphones, die über einen aktiven Bootloader wie CWM (ClockWorkMod) verfügen. Dies ist der Fall, wenn Sie ein Custom-ROM installiert haben. Dann booten Sie als Erstes in den Recovery-Modus. Von diesem können Sie die benötigten Daten mittels ADB-Kommandos auf Ihren Computer ziehen.

Zum Booten in den Recovery-Modus nutzen Sie am besten die Tasten auf Ihrem Smartphone. Dazu schalten Sie dieses vollständig aus. Halten Sie, die drei Tasten "Lauter" + "Home" + "Power" gleichzeitig gedrückt, und warten Sie, bis das Recovery-Menü erscheint. Mehr müssen Sie auf Ihrem Smartphone nicht tun.

Stellen Sie mittels USB-Kabel eine Verbindung zum PC her. Auch wenn Sie kein USB-Debugging aktiviert haben, wird das Smartphone in diesem Zustand von Ihrem Computer erkannt. Rufen Sie wieder die Eingabeaufforderung mittels Win+R auf, geben Sie den Befehl "cmd" ein und rufen Sie das Verzeichnis mit "adb.exe" auf. Navigieren Sie mit dem Kommando "cd..." aus dem aktuellen Verzeichnis eine Ebene höher und mit cd <Name> in ein Verzeichnis hinein. Bevor Sie mit dem Kopieren beginnen, prüfen Sie die mit dem Befehl "adb devices" die Verbindung zum Smartphone. Erscheint es in der Liste, haben Sie Zugriff darauf.

Überprüfen Sie als Erstes mit „adb devices“, ob Ihr Smartphone vom Computer erkannt wird.

Ziehen Sie nun alle Daten vom Smartphone auf den PC. Dies kann zwar ein wenig dauern, dafür lassen sich diese anschließend in Ruhe untersuchen. Dafür steht Ihnen der Befehl "adb backup" zur Verfügung.

adb backup –all –f :\<meinverzeichnis>\backup.ab

Mit dem ersten Parameter "-all” machen Sie ein nahezu komplettes Backup Ihres Smartphones. Mit dem zweiten ändern Sie noch den Pfad, in welchem Sie die Daten speichern. Ersetzen Sie entsprechend "<meinverzeichnis>" durch den gewünschten Pfad.

Alternativ gibt es mit dem " Ultimate Backup Tool" eine interessante graphische Oberfläche. Das Windows-Programm starten Sie, nachdem Sie in den Recovery-Modus gebootet haben. Auf der Oberfläche stehen Ihnen Sicherungsoptionen zur Verfügung. Wenn Sie auch SMS sichern möchten, ist dies nützlich.

Fazit

Die Sicherung von Daten ohne den Zugriff auf das Display kann sehr schwierig sein. Sichern Sie deshalb stets wichtige Daten. Die Synchronisationsprogramme der Hersteller bieten sich für die Standarddaten an. Alles andere lässt sich mit dem adb-Befehl bei eingeschaltetem USB-Debugging problemlos sichern.

Hersteller-Software

Hersteller

Software

Link

Samsung

Kies

www.pcwelt.de/gj85

HTC

Sync Manager

www.pcwelt.de/eg89

LG

PC Suite

www.pcwelt.de/juxk

Sony

PC Companion

www.pcwelt.de/unde

Motorola

Device Manager

www.pcwelt.de/63c5



Huawei

Hi Suite

www.pcwelt.de/tjg1

Datei-Pfade für ADB

Daten

Pfad

SMS

/data/data/com.android.providers.telephony/databases/mmssms.db

Kontakte

/data/data/com.android.providers.contacts/databases/contacts2.db

Kalender

/data/data/com.android.providers.calendar/databases/calendar.db

Memo

/data/data/com.sec.android.app.memo/databases/Memo.db

Whatsapp

/data/data/com.whatsapp/databases/wa.db

/data/data/com.whatsapp/databases/msgstore.db

(PC-Welt)