Christian Hansen macht auf der CeBIT vor, worüber viele auf der weltgrößten Computermesse reden: Er lotet die Chancen der Informationstechnologie aus. Der digitale Wandel werde als größter wirtschaftlicher Umbruch seit der industriellen Revolution schon bald Geschäftsmodelle und Berufsfelder umkrempeln, wird vorhergesagt. Der Mediengestalter aus Hannover gibt einen Vorgeschmack und verblüfft unter ebenso erstaunten wie irritierten Kollegenblicken auf einem fahrbahren Mini-Untersatz als Kameramann.
"Der Mono Rover unter meinen Füßen ist mit etwa zehn Kilogramm der schwerste Teil meiner Ausrüstung", sagt er. Denn seine Kamera, die er auf einem ultraleichten Teleskop-Schulterstativ mit sich führt, ist nichts weiter als ein federleichtes Smartphone, das im April auf den deutschen Markt kommen wird. "Wir experimentieren damit auf der Messe und gehen der Frage nach: Reicht so ein Handy heute für professionelle Aufnahmen?", sagt Hansen, der seit Jahren alle gängigen Kamera- und auch Handysysteme erprobt.
Sein erstes Fazit fällt positiv aus: "Die Bildqualität ist sensationell!" Obwohl es sich um komprimierte Bilder handelt, seien die aktuellen Neuentwicklungen "ganz nah dran" an der Qualität, die mit ebenso teuren wie schweren Profi-Kameras erzeugt wird. Im Klartext: Schreitet die Digitalisierung weiter fort, könnte sie die Kosten für Video- und Filmaufnahmen extrem senken - und damit den Berufsstand der Kameraleute in Frage stellen.
Auch wenn Hansen das so nicht im Raum stehen lassen will: "Denn es braucht nach wie vor Menschen, die sich intensiv und professionell damit auseinandersetzen, um den besonderen 'Look' zu erhalten; und die vor allem in der Lage sind, mit ihren Filmen die Botschaft, die Geschichte zu transportieren."
Während Hansen vor Optimismus sprüht, sehen nicht alle Teile der Wirtschaft unbedingt eine strahlende Zukunft durch die Digitalisierung auf sie zukommen. Laut einer KPMG-Umfrage erkennen zwar 70 Prozent der befragten deutschen Unternehmen die Chancen der digitalen Revolution - aber nur 20 Prozent haben sich darauf eingestellt. Diffuse Ängste und Informationsmangel verstellen noch immer den Blick auf die Chancen des Umbruchs, klagen Branchenvertreter auf der CeBIT. Geschäftsmodelle von Grund auf umzukrempeln, erfordert Mut, sagt Hansen. Bitkom-Präsident Dieter Kempf sieht es genauso. Mit Blick auf die Möglichkeiten moderner 3D-Drucker warf der Chef des IT-Branchenverbands die Frage auf, ob die Möbel bald schon vom Print-Shop um die Ecke kommen.
"Wir müssen uns nicht vor der digitalen Revolution fürchten", warb er schon zur CeBIT-Eröffnung um mehr Akzeptanz. In der analogen Welt waren berufliches und privates, Job und Privatleben, meist getrennt. Kempf: "Und jetzt? Die Grenzen verschwinden. Die Küche wird zum Home Office - und das gerade mal in der Zeitspanne von einer Generation." (dpa/tc)