Unreife Märkte haben manchmal ihre Schrullen. Das gilt zum Beispiel für jenen für Mobile Device Management (MDM), wie Osterman Research auf Basis einer Befragung von 117 nordamerikanischen Unternehmen herausfand. So wird für die kommenden Jahre ja deshalb mit einem MDM-Durchbruch gerechnet, weil den Firmen angesichts der wachsenden Masse an Smartphones und Tablets auf iOS- oder Android-Basis keine Alternative mehr zur Implementierung bleibe. Paradoxerweise wird der Markt aber aktuell von RIM und Microsoft dominiert – als wäre die Zeit vor einigen Jahren stehen geblieben, als noch jeder mit Blackberry und Windows arbeitete.
Der Anachronismus erklärt sich dadurch, dass derzeit erst eine kleine Minderheit MDM nutzt. Manche Anwender tun dies aber schon seit vielen Jahren. 72 Prozent der Nutzer implementierten ihre Lösung laut Osterman Research spätestens 2009. Entsprechend beherrschen RIM und Microsoft drei Viertel des Marktes.
RIM vor Microsoft
53 Prozent der Anwender arbeiten laut Studie mit dem Blackberry Enterprise Server (BES), 22 Prozent mit Microsoft Systems Center Mobile Device Manager. 11 Prozent vertrauen auf eine Lösung aus dem Hause Good, 24 Prozent auf Lizenz-MDM eines anderen Anbieters, 14 Prozent auf eine Cloud-Lösung.
Noch fährt ohnehin die Mehrheit der Anwender nicht auf der MDM-Schiene. 90 Prozent der Firmen, die Microsoft Exchange nutzen, halten die dort vorhandenen Tools zum Mobile-Management laut Osterman Research für halbwegs bis in hohem Maße ausreichend. Unter den Firmen, die keine MDM-Lösung nutzen, vertrauen 29 Prozent voll und ganz auf ActiveSync im Rahmen von Native Exchange.
36 Prozent der MDM-Nichtanwender denken, dass sie noch keinen Bedarf dafür haben, ein Viertel hält die Zahl der im Unternehmen eingesetzten mobilen Endgeräte noch für zu gering. 21 Prozent sagen, eine MDM-Anschaffung sei momentan zu teuer, ebenso viele meinen, die Ausgaben für eine derartige Lösung seien derzeit nicht zu rechtfertigen. Osterman Research rechnet dennoch damit, dass es in den kommenden anderthalb Jahren zu einer Art Explosion des Marktes kommen wird. Ein Grund dafür liege just im Kostenkalkül der Anwender.
339 Dollar pro Smartphone-Nutzer
Die Marktforscher sehen nämlich in der steigenden Zahl mobiler Endgeräte eine Entwicklung, die die IT-Abteilungen bald zu überfordern droht. Osterman Research rechnet vor: Für die Steuerung von 1000 Smartphone-Nutzern im Unternehmen seien 2011 durchschnittlich 2,9 Vollzeitkräfte nötig gewesen, in diesem Jahr seien es 3,6, im kommenden Jahr voraussichtlich 4.
Legt man ein durchschnittliches Jahresgehalt von 80.000 US-Dollar in 2011 und eine Inflationsrate von 3 Prozent zu Grunde, steigen demnach alleine die gemittelten Arbeitskosten pro Smartphone-Nutzer von 229 Dollar in 2011 über 294 Dollar in diesem Jahr auf 339 Dollar in 2013.
Osterman Research rechnet im kommenden Jahr mit einem Anstieg der Smartphone-Nutzer in den Firmen von 41 auf 50 Prozent im Durchschnitt bei gleichzeitiger Steigerung von 17 auf 25 Prozent bei den Tablet-Nutzern. Angesichts der Kostenentwicklung und der Flut an mobilen Endgeräten in den Firmen halten die Marktforscher eine MDM-Nutzung auf Dauer für unausweichlich.
Die Treiber für Mobile Device Management
Die Studie führt eine Reihe von Treibern an: Für 34 Prozent der potenziellen Nutzer spielt eine Absicherung gegen Datenverlust eine zentrale Rolle in den Überlegungen; hinzu kommen regulatorische Anforderungen, der Wunsch nach Kontrolle über die mobile Landschaft durch die IT-Abteilung und der Bedarf an übersichtlichen Zugriffsmöglichkeiten auf die mobilen Daten.
Überdies gilt es, Abstürze zu vermeiden, zeitliche Freiräume für die IT-Mitarbeiter zu schaffen und eventuelle Initiativen im Bereich Bring Your Own Device (BYOD) zu flankieren. Für 54 Prozent der Befragten ist eine Performance-Verbesserung ein entscheidender Faktor, 43 Prozent sehen Nachholbedarf bei der Skalierbarkeit.
Anbietern fehlen überzeugende Lösungen
Nichtsdestotrotz gibt es gute Gründe, warum eine flächendeckende MDM-Nutzung bisher ausgeblieben ist. „Entscheider haben die kritische Bedeutung robuster MDM-Lösungen für das Management ihrer mobilen Nutzer und Geräte noch nicht in vollem Umfang erfasst – vielleicht auch deshalb, weil die IT-Budgets wegen der schwächelnden Konjunktur noch immer begrenzt sind“, heißt es in der Studie.
Hinzu kommen Mängel auf Anbieterseite. So hätten es führende MDM-Anbieter bisher nicht geschafft, überzeugende Lösungen auf den Markt zu bringen, die sowohl iOS- als auch Android-Geräte gut genug einbinden. Überhaupt leide der Markt unter Fragmentierung. Rund 80 Anbieter tummelten sich dort, unter anderem RIM, Microsoft, HP, Good, Notify, Sybase, Visage, Zenprise, MobileIron, BoxTone, Airwatch und Fiberlink. Schlüsselspieler wie Good, MobileIron und Airwatch litten darunter, dass ihnen im Vergleich etwa zu Microsoft der prominente Name fehle, so Osterman Research. Auch darin liegt gewiss ein Grund für die anachronistische RIM- und Microsoft-Dominanz.
Chancen für MDM aus der Cloud
Angesichts dieser Gemengelage macht Osterman Research gute Perspektiven für Anbieter von Cloud-Lösungen aus. 31 Prozent der Befragten könnten sich demnach vorstellen, zu einer Lösung aus der Wolke zu greifen. Als Gründe nennen 69 Prozent die vereinfachte Administration und Wartung, 39 Prozent die geringeren und vorausschaubaren Kosten, 39 Prozent die verbesserte Sicherheit im Cloud-Segment und 21 Prozent die Sehnsucht, keine internen IT-Spezialisten mit MDM-Arbeiten behelligen zu wollen.
Hinzuweisen ist in dem Zusammenhang darauf, dass die Studie vom Cloud-Anbieter Azaleos gesponsort wurde. Das Whitepaper „Mobile Devices in the Enterprise: MDM Usage and Adoption Trends“ ist bei Osterman Research erhältlich.