Mitarbeiterbindung

So behalten Sie Talente im Unternehmen

17.04.2019 von Johannes Woithon
Mangelnde Transparenz und veraltete Führungsstile sorgen dafür, dass talentierte Mitarbeiter das Weite suchen. Vorgesetzte müssen umdenken.

Wenig Klarheit in der Führung, kaum Einblicke für Mitarbeiter und dazu eine Haltung, die auf Abgrenzen statt Einbeziehen basiert. Kaum jemand möchte unter so einem Vorgesetzten arbeiten - geschweige denn, sich einbringen. Immer wieder treffe ich Geschäftsführer oder Vorstände, die sich in einer patriarchischen Rolle sehen. Die gute Nachricht: Viele dieser Chefs wollen einen Wandel der Führungskultur.

Karrierekrieg war gestern. Junge Talente schätzen Kollegialität.
Foto: GaudiLab - shutterstock.com

Helfen kann die Digitalisierung, die nebenbei auch verborgene Talente an die Oberfläche spülen kann. Grundsteine für die digitale Welt sind Transparenz und Wissensmanagement - und beides hängt zusammen: Werden Informationen richtig gemanagt, dann bringt das für alle mehr Durchblick. Wenn Firmen eine Kultur des sich Zeigens fördern, gestatten sie Mitarbeitern Schwächen und Wissenslücken zu benennen. Das offen gezeigte Bedürfnis sorgt wiederum dafür, dass sich Mitarbeiter gegenseitig helfen. Kollegialität statt Karrierekrieg wird zum Zeitgeist, der obendrein Talente fördert.

Gestaltung fördern statt Gehorsam fordern

Die Arbeitswelt ist im Wandel. Vor allem Jüngere sehnen sich nach Jobs mit Sinn. In der Folge werden Tugenden wie Fleiß, Disziplin, Gehorsam ersetzt durch eigenverantwortlich und selbstbestimmtes Handeln und Gestalten sowie Kreativität. Zudem will die Generation Z "netzwerken" und die Vorzüge der Digitalisierung genießen. Künftig erledigen Algorithmen und Roboter einen großen Teil unserer Arbeit. Pakete bringt ein Lieferroboter an, Krankenhäuser testen Pflegeroboter und Banken setzen bei der Vermögensverwaltung immer mehr auf künstliche Intelligenz.

Zeit also zum Umdenken. Wer kreative und kluge Talente im Unternehmen finden und halten will, dem steht ein Kulturwandel ins Haus. Mitarbeiter erwarten heute Offenheit und einen fairen Umgang. Menschen zeigen gerne ihre Talente. Doch wer Angst hat, in einer Arbeitsgruppe zu enden, weil er Stellung bezieht und zum Beispiel Prozessverbesserungen vorschlägt oder eine Fähigkeit besitzt, die vielen nutzen könnte wie Spanisch sprechen, bleibt womöglich still. Furcht vor mehr Arbeit kann lähmen, wenn es an Wertschätzung fehlt.

Der Chef, den keiner mochte
Kumpelchefs sind keine exzellenten Führungskräfte
So lautet die These von Markus Jotzo. Er hat ein Buch zum Thema veröffentlicht, war selbst acht Jahre lang Führungskraft bei Unilever und ist heute als Speaker und Trainer tätig.
Unangenehmes Gespräch mit dem Chef
Während des Gesprächs mit dem Chef mache es dem Mitarbeiter keinen Spaß. Aber mit der Zeit werde er feststellen, dass er durch das klare und zeitnahe Feedback etwas gelernt hat.
Das macht ein exzellenter Chef
Ein exzellenter Chef beobachtet seine Mitarbeiter und ihr Verhalten genau. Er sieht sich an, welche Ergebnisse der Mitarbeiter abliefert und wie er seine Protokolle strukturiert.
Auch das macht ein exzellenter Chef
Und er achtet zum Beispiel auch darauf, wie der Schreibtisch des Mitarbeiters aussieht.
Feedback einfordern
Exzellente Chefs bitten ihre Mitarbeiter regelmäßig um Feedback. Jotzos Tipp: Er lässt seine Mitarbeiter auf einer eins bis zehn bewerten und fragt sie dann ganz gezielt, was ihnen zur zehn fehlt.
Markus Jotzo
Die Tipps für exzellente Führungskräfte stammen aus einem Interview mit Markus Jotzo über sein Buch "Der Chef, den keiner mochte".

Wissen teilen und Transparenz leben

Gut begehbar ist ein Weg der kleinen Schritte. Niederschwellige Angebote seitens der Arbeitgeber an die Arbeitnehmer schaffen Vertrauen. Gut ist, wenn Vorgesetzte

Das gibt den Mitarbeitern die Möglichkeit, sich daran zu orientieren.

Ein Beispiel, wie Technologie den Kulturwandel beschleunigen kann, liefern Mitarbeiterprofile im Intranet. Ähnlich den Xing- oder Facebook-Communitys können alle im Unternehmen ihre offensichtlichen und verborgenen Talente beschreiben. Zeigt sich hier das Management vorbildlich, wird es staunen. Mitarbeiter werden sich freiwillig einbringen, aktiv mitgestalten und Spaß haben am Ideenliefern. Schnell wächst so eine Expertenlandschaft heran und vorgeschlagene Verbesserungen fallen auf. Wie ein Katalysator wirkt die neue Offenheit, wenn Chefs Plattformen für Gestaltung und Beteiligung schaffen sowie Engagement loben.

Digitalisierung: 8 Tipps für das Change Management und den Rollout
Wie Sie Mitarbeiter für die digitale Transformation begeistern
Die Analysten von IDC geben Tipps, wie die Digtialisierungsstrategie von CDO und CIO in kurz-, mittel- und langfristigen Schritten geplant werden sollte. Der Fokus richtet sich dabei auf den Faktor Mensch, denn nur mit motivierten Mitarbeitern wird die digitale Transformation ein Erfolg.
Tipp 1: Prozesse überprüfen
Schritt 1 - kurzfristige Maßnahmen: Durchleuchten Sie die aktuellen Digitalisierungsinitiativen. In welchem Maß erfordern diese Projekte Veränderungen an den organisatorischen Abläufen, den Arbeitsprozessen und der Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen?
Tipp 2: Bedenken der Mitarbeiter sondieren
Schritt 2 - kurzfristige Maßnahmen: Besprechen Sie gemeinsam mit den Abteilungsleitern, welche Bedenken die Mitarbeiter hinsichtlich der Veränderungen haben könnten.
Tipp 3: Sorgen der Mitarbeiter adressieren
Schritt 3 - kurzfristige Maßnahmen: Überlegen Sie, wie die möglichen Sorgen der Mitarbeiter hinsichtlich der Veränderungen durch Kommunikationsmaßnahmen angesprochen werden können.
Tipp 4: Fokusgruppen bilden
Schritt 1 - mittelfristige Maßnahmen: Führen Sie für künftige Digitalisierungsinitiativen, die organisatorische Veränderungen zur Folge haben, Fokusgruppen oder Interviews mit Mitarbeitern ein, um deren Bedenken kennenzulernen.
Tipp 5: Kommunikationsstratiegie ausarbeiten
Schritt 2 - mittelfristige Maßnahmen: Prüfen Sie die Möglichkeiten, wie die interne Kommunikation für künftige Rollouts eine Kommunikationsstrategie gestalten kann, um diese Bedenken zu adressieren.
Tipp 6: Mitarbeiter motivieren
Schritt 3 - mittelfristige Maßnahmen: Überlegen Sie, wie Sie durch die Einbindung der Mitarbeiter in den Planungsprozess deren Engagement im Vorfeld des Rollouts gewinnen können.
Tipp 7: Mitarbeiter schulen
Schritt 1 - langfristige Maßnahmen (12 bis 24 Monate): Bauen Sie ein gutes Verhältnis zur internen Kommunikation und zur Personalabteilung auf. Prüfen Sie die Möglichkeiten, wie diese Abteilungen mit Kommunikation und Mitarbeitertraining die menschliche Komponente der digitalen Transformation flankieren können.
Tipp 8: Budget prüfen
Schritt 2 - langfristige Maßnahmen: Identifizieren Sie mögliche Auswirkungen dieser menschlichen Komponente innerhalb der digitalen Transformation auf das Budget. Suchen Sie Unterstützung bei der Rechtfertigung zusätzlicher Mittel, um die Akzeptanz der Mitarbeiter im Rahmen eines Digitalisierungsprojekts effektiv sicherzustellen.

Gelingt dieser Start und entsteht eine kontinuierlich gelebte Verbesserungs- und Fehlerkultur, steht die nächste Baustelle an. Was passiert mit den öffentlichen Beiträgen der Mitarbeiter, wie werden sie gewichtet? Nicht immer sind die lautesten Sprecher die talentiertesten Köpfe. Zum Finden verborgener Potenziale gehört das Fördern von Talenten. Es geht darum, Räume zu schaffen, in denen sich Mitarbeiter ausprobieren können. Im Einzelhandel gibt es etwa Azubi-Filialen, in denen sich die angehenden Kaufleute ins Zeug legen können. Angstfrei - in einem sicheren Rahmen. Warum nicht ähnliche Bühnen für Nachwuchskräfte in höheren Ebenen inszenieren?

Es geht in Zukunft um den permanenten Austausch und darum, eine Wertekultur mit digitaler Technik zu verbinden. Die klugen Köpfe werden es danken. Mehr noch, wer heute nicht dem Wandel folgt, verliert seine guten Mitarbeiter morgen an den Wettbewerb.

So einfach ist das in einem Angebotsmarkt.