Viele Führungskräfte investieren ihre Zeit gerade in Digitalisierungsvorhaben und befassen sich mit dem Digitalisieren von Prozessen und Dokumenten, der Vernetzung von immer mehr Maschinen und mobilen Endgeräten. Die Führungskräfte und Mitarbeiter generieren folglich immer mehr Daten. Bereits vor der Hochkonjunktur aktueller Digitalisierungs- und Vernetzungsinitiativen verfügten Unternehmen aber schon über einen wahren Datenschatz in Ihren ERP-, CRM- und sonstigen IT-Systemen. Hinzu kommt ein beinahe unerschöpfliches Potenzial aus externen Datenquellen, darunter Social Media, Finanzportale und behördliche Quellen (Open Data).
Während einige wenige Unternehmen diese Daten bereits gewinnbringend nutzen, wissen andere oft nicht, wie sie am Big-Data-Trend partizipieren können, bevor es möglicherweise der Wettbewerb zuerst tut. Diese Unternehmen wissen, dass es Potenziale für die Nutzung von Daten gibt, jedoch nicht, welche Tragweite derartige Projekte hinsichtlich des Einsatzes und des Ergebnisses haben können - es fehlt eine Datenstrategie.
Wofür eine Datenstrategie?
Die Datenstrategie ist ein ausformulierter und zielorientierter Verfahrensplan zur Befähigung des Unternehmens, Wissen aus Daten herauszuarbeiten. Sie ist also ein Fahrplan, um über Datenanalyse die bestehenden Geschäfte zu optimieren und möglicherweise auch, um neue Geschäftsmöglichkeiten zu erschließen.
Die Datenstrategie darf keinesfalls mit einer Digitalstrategie verwechselt werden, denn letztere bezieht sich auf die Digitalisierung und die Beschreitung neuer digitaler Kanäle. Eine Datenstrategie hingegen ist ein spezieller Business Plan zur gewinnorientierten Nutzung der Daten, die ein Haupt- oder Nebenprodukt der Digitalisierung sind.
In der Datenstrategie werden klare Ziele mit Zeitangaben festgelegt. Zudem werden der voraussichtliche Ressourcen-Einsatz und die Rahmenbedingungen benannt, um die festgelegten Ziele zu erreichen. Dazu gehören sowohl die technischen (Hardware, Software) als auch die rechtlichen Voraussetzungen (Datenschutz, Datensicherheit usw.). Die Datenstrategie arbeitet die Herausforderungen nachvollziehbar heraus und stellt im Abgleich fest, ob die bestehende Belegschaft im aktuellen Zustand die nötigen Kapazitäten und Qualifikationen hat beziehungsweise ob Maßnahmen zum Erwerb von Know-How (Qualifizierung, Recruiting) ergriffen werden sollten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Datenstrategie dazu dient, sich nicht in Big Data bzw. Data Science Projekte zu verrennen oder mit den falschen Projekten anzufangen. Die Strategie soll Frustration vermeiden und schon vom Ansatz her dafür sorgen, dass die nächst höhere Etage - bis hin zum Vorstand - Big Data Projekte nicht für sinnlos erklärt und die Budgets streicht.
Data Driven Thinking - Ein Karrieresprungbrett
Data Driven Thinking spielt bei der Formulierung der Datenstrategie eine wesentliche Rolle: Es ist die verinnerlichte Denkweise, Fragen mit Daten beantworten zu wollen.
Und das beste daran: Diese Denkweise kann man lernen und üben, völlig kostenlos und ohne ein Informatik-Studium. Sie brauchen kein Data Engineer oder Data Scientist zu werden, um ein erfolgreicher Data Thinker zu werden.
Data Driven Thinking und ein Doppel aus Einfühlungs- und Durchsetzungsvermögen ermöglichen es Ihnen, bisher als nahezu unlösbar betrachtete Probleme möglicherweise doch lösen zu können. Diese datengetriebene Denkweise wird für Führungskräfte der Zukunft unverzichtbar und gilt gegenwärtig - in Zeiten des digitalen Wandels - als Karriere-Turbo in Richtung höherer Führungsetagen.
In sechs Schritten zur Datenstrategie
Das überlegte Ausformulieren einer Datenstrategie ist eine individuelle Arbeit und so fällt es vielen Führungskräften und Mitarbeitern schwer, hierfür eine strukturierte Vorgehensweise zu finden. Dabei sind es nur fünf Überlegungsschritte, die es für eine solide Datenstrategie braucht, sowie ein letzter Schritt des Niederschreibens der Strategie.
Wichtig ist jedoch die Erkenntnis, dass für die Formulierung der Datenstrategie alle für die Strategie relevanten Funktionsbereiche zusammengeführt werden müssen. Die Entwicklung einer Datenstrategie offenbart sich in der Praxis daher auch als eine Übung der interdisziplinären Teambildung!
1. Formulieren einer Vision
Jede Datenstrategie verfolgt oder unterstützt eine bestimmte Vision für das Unternehmen, an der die zu erstellende Datenstrategie auszurichten ist. Jedes Unternehmen benötigt daher eine individuelle Datenstrategie, die auf die spezielle Ausgangssituation und die gesetzten Unternehmenszielen zugeschnitten ist.
Beginnen Sie mit einem Kick-Off mit Blick auf die folgenden Fragen: Wie sieht unsere Marktsituation aus? Was würden wir gerne besser, schneller oder genauer über den Markt wissen? Wie genau funktionieren die Geschäftsmodelle und welche Vision sehen die involvierten Mitarbeiter für ihr Unternehmen? Was würden wir gerne mehr über unser eigenes Unternehmen wissen? Viele Probleme eines Unternehmens sind übrigens in fehlender Datentransparenz begründet. Beginnen Sie gedanklich also besser wirklich grundlegend und lassen Sie sich nicht sofort von trendigen Buzzwords leiten.
2. Identifizieren von relevanten Datenquellen
Wir möchten Fragen mit Daten beantworten. Folglich müssen Daten identifiziert werden, die Antworten auf Ihre Fragen liefern könnten. Aber auch andersrum gedacht können vorhandene Daten betrachtet und daraus Lösungsideen entwickelt werden, für die bisher noch niemand Fragen formuliert hatte. Eine Grundvoraussetzung für die Beantwortung von Fragen mit Daten ist es, alle verfügbaren Datenquellen gut zu dokumentieren und die Mitarbeiter über diese Dokumentation und die wichtigsten Erkenntnisse über die Datenquellen zu informieren.
Ist das nicht der Fall, ist dies der erste wichtige Schritt zur Erstellung einer Datenstrategie.
Doch selbst daten-affine Führungskräfte sollten sich bei dieser Aufgabe Unterstützung suchen, denn es sollte zumindest ein IT-Administrator und ein erfahrener Data Engineer, idealerweise auch Mitarbeiter aus den Fachbereichen, an dieser Identifikation und Dokumentation mitarbeiten.
Sollte das nach zu viel Arbeit klingen, trösten Sie sich mit dem in Aussicht stehenden Ergebnis: Es ist die Gewissheit, über welche Daten Sie bereits verfügen und über welche Sie verfügen könnten, würden Sie es wünschen. Zudem werden mit den Datenquellen verbundene Fragen geklärt: Wie sieht es mit der Datensicherheit und dem Datenschutz aus? Nur so betrachten Sie Ihre Datenpotenziale in den weiteren Schritten ganzheitlich und rechtssicher.
3. Konzeptionieren der Informationsgewinnung
Sowohl in der Informatik als auch in der Managementlehre ist bekannt, dass aus Daten Informationen werden, wenn einzelne Datenpunkte miteinander verknüpft werden. Dennoch hapert es bei vielen Unternehmen gerade an dieser Stelle. Daten zu nutzen bedeutet konkret, sie in Informationsflüsse umzuwandeln. Der Schritt der Konzeptionierung der Informationsgewinnung ist ein Ideenprozess darüber, wie - je nach Detailgrad - ganze Datenquellen oder auch nur einzelne Datentabellen innerhalb von Datenbanken miteinander verknüpft werden, um Informationen zu schaffen, die helfen, an der Vision orientierte Ziele zu erreichen.
Ein gedanklicher Prozess also, mit der Fragestellung: Welche Informationsflüsse haben wir bereits und welche Datenquellen erschaffen neue Informationsflüsse (ggf. wenn sie miteinander verknüpft werden)?
Dafür brauchen Sie Ihre Mitarbeiter aus den Fachbereichen, den Data Engineer und optimalerweise nun auch einen Data Scientist.
Das Ergebnis ist eine Beschreibung der neuen Informationsgewinnung durch Zugriff auf bestimmte Daten.
4. Konzeptionieren der Wissensgenerierung
Werden Informationen in einem bestimmten Kontext betrachtet, entsteht Wissen. Im Kontext der Geschäftssituation Ihres Unternehmens entsteht für Ihr Geschäft relevantes Wissen. In diesem Schritt der Erstellung Ihrer Datenstrategie wird beleuchtet, welche Informationen zur Wissensgenerierung von besonderem Interesse sein könnten und welches Wissen Sie über welche Informationen generieren können.
Dafür brauchen Sie mindestens einen Data Scientist und Ihre Mitarbeiter aus den Fachbereichen. Als Ergebnis werden Analyseverfahren beschrieben, die die Generierung eines gewünschten Wissens (z. B. über Ihre Kunden, Lieferanten, Produkte oder besondere Ereignisse) wahrscheinlich machen (Data Mining) bis hin zur Errichtung eines Assistenzsystems (datengestützte Entscheidungsfindung) oder eines autonomen Systems (datengetriebene Entscheidungsfindung).
Als Ergebnis werden keine feinabgestimmten Algorithmen erwartet - wie sollten Sie diese im Vorfeld auch entwickeln können? Das Ergebnis ist jedoch eine methodische Ausrichtung unter der Vorbedingung Ihrer Zielsetzung. Möchten Sie beispielsweise Ihre Kunden und Lieferanten besser verstehen, können Methoden aus dem Data Mining helfen. Möchten Sie hingegen Unternehmensprozesse durchleuchten, wird Process Mining für Sie zum Stichwort. Oder sollten Sie die Wartungsbedarfe Ihrer Produktionsanalysen besser vorhersagen wollen, werden Sie sich wahrscheinlich mit Deep Learning auseinandersetzen.Warum Sie die Methodenauswahl zur Wissensgenerierung jetzt schon festlegen sollten? Weil Sie dafür die richtigen Ressourcen einplanen müssen.
5. Planung der Umsetzung
Nachdem nun konkrete Ideen dafür entwickelt wurden, welche Daten verfügbar gemacht werden müssen, wie aus diesen dann Informationen und Geschäftswissen zu generieren ist, wird nun die Frage aufkommen, wie dieses Gedankenkonstrukt in die Realität umgesetzt werden kann.
Für die Umsetzung sind zumindest folgende Fragen zu klären:
Welche Qualifikationen müssen die Mitarbeiter haben? Woher kommen diese Qualifikationen?
Welche Software-Tools sollen verwendet werden? Abhängig von dem zuvor bestimmten Methoden-Set ist die potenziell geeignetste Software auszuwählen. Das können, neben proprietären Lösungen, auch Open Source Produkte oder Bibliotheken (Frameworks) sein.
Erst danach stellt sich die Frage nach der Hardware! Diese muss den Anforderungen der Software gerecht werden. Nicht aus dem Blick gelassen werden darf die Skalierbarkeit: Manche Software-Hardware-Kombinationen skalieren besser vertikal (Server-Aufrüstung), andere entfalten ihr Potenzial nur horizontal skaliert (Cluster).
Für die Planung der Umsetzung brauchen Sie Ihre Mitarbeiter aus den Fachbereichen, Ihren Data Scientist sowie - wenn Sie die Wissensgenerierung automatisieren möchten - erfahrene Software Entwickler.
Das Ergebnis ist ein Plan darüber, wie die Datenstrategie technisch realisiert werden soll.
6. Ausformulieren ihrer Datenstrategie
Nachdem Sie alle Fragen von der Vision bis zur konkreten Umsetzungsplanung beantwortet haben, fehlt nur noch die schriftliche Ausformulierung Ihrer Ideen, Konzepte und der zu erwartenden Ergebnisse für jeden verständlich als ein Dokument namens Datenstrategie, falls nicht längst schon geschehen.
Diese Datenstrategie soll Ihren Plan transparent machen und ist die Grundlage dafür, Ihre Mitarbeiter, Partner und letztendlich auch Ihre Vorgesetzten von Ihrer Strategie zu überzeugen.