Mit Martin Peuker, CIO der Berliner Charité und CIO des Jahres 2020, diskutiert Redakteur Jürgen Hill über Digitalisierung im Gesundheitswesen und neue Wege für agiles, hybrides Arbeiten und Innovation.
Herr Peuker, eines ihrer jüngsten Projekte ist, IT als eine Art Innovation Tank beziehungsweise Digital Hub zu positionieren. Inwieweit passt das zur Charité-Strategie 2030?
Martin Peuker: Die Charité hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Weg von einer starren Organisation hin zu agilen, temporären Einheiten. Dieser Wandel ist essenziell, um unsere Strategie 2030 "Rethinking Health" umzusetzen. Hierbei spielt die Digitalisierung eine zentrale Rolle. Als IT-Abteilung müssen wir uns diesem Wandel anpassen und uns extrem schnell und gut transformieren.
Gilt das nicht auch für andere Unternehmen und ihre IT?
Martin Peuker: Ja, aber die Corona-Pandemie hat uns deutlich gezeigt, wie wichtig eine schnelle Reaktion im Gesundheitswesen ist. Digitale Lösungen zur Automatisierung von Prozessen, zur Ermöglichung virtueller und hybrider Treffen sowie zur Reduzierung von Kontakten sind unerlässlich geworden.
Innovation geht nur interdisziplinär
Gleichzeitig haben wir gelernt, dass Innovation nicht nur innerhalb einzelner Abteilungen stattfinden sollte, sondern interdisziplinär mit Wissenschaftlern, Klinikern, Pflegenden und Ärzten. Und das zusammen mit der IT. Um dies zu ermöglichen, brauchen wir sinnvolle hybride Arbeitswelten, die Raum für diese Zusammenarbeit bieten.
Stichwort Innovation. Sie wurden 2020 für die Innovationskraft Ihrer IT als CIO des Jahres ausgezeichnet. Was wollen Sie mit dem aktuellen Projekt erreichen?
Martin Peuker: Wir möchten die verschiedenen Fachbereiche und Personengruppen - innerhalb der Charité und darüber hinaus, einschließlich der Patientinnen und Patienten - in unsere Innovationsaktivitäten integrieren. Der Fokus liegt dabei auf der Entwicklung digitaler Lösungen, die eine wohnortnahe und qualitativ hochwertige Versorgung ermöglichen.
Hybrides Arbeiten erfordert Vertrauen
Auf dem Papier ist die Lösung doch einfach, wo ist in der Praxis der Pferdefuß?
Martin Peuker: Sie müssen Vertrauen schaffen. Dazu benötigen Sie anfassbare, erlebbare Workflows. Und Sie müssen das Eis brechen, damit die einzelnen unterschiedlichen Fachdisziplinen wirklich bereit sind, miteinander an Innovationen zu arbeiten.
Ein konkretes Ergebnis dieser Transformation ist der Digital Hub. Hier haben wir einen Raum geschaffen, der Innovationen ermöglicht und die interdisziplinäre Zusammenarbeit fördert. Im Hub arbeiten IT-Experten, Wissenschaftler, Kliniker, Pflegekräfte und sogar Patienten zusammen, um neue digitale Lösungen für die Gesundheitsversorgung zu entwickeln.
Die IT als Innovationstreiber
In der Vergangenheit wurde die IT oft als reiner Kostenfaktor wahrgenommen. Mit dem Digital Hub positionieren Sie die IT als Innovationstreiber. Wie kam es zu diesem Wandel?
Martin Peuker: Sie haben Recht, die IT wurde oft nur als Kostenfaktor gesehen. Zudem kann ich mich noch an Zeiten erinnern, da hieß es, arbeitet bloß nicht mit der IT zusammen, sonst wird es kompliziert.
Das hat sich geändert. Jetzt gelten wir als Garant dafür, schnell gute Lösungen voranzubringen. Der Digital Hub ist ein sichtbares Zeichen dieses Wandels. Hier wird deutlich, dass die IT nicht nur Kosten verursacht, sondern auch Mehrwert schafft.
Patienten besser versorgen
In den neuen Räumlichkeiten entstehen innovative Lösungen, die die Patientenversorgung verbessern, die Zusammenarbeit der verschiedenen Fachbereiche stärken und die Arbeitsabläufe effizienter gestalten.
Die Top-CIOs der Gesundheitsbranche
Holger Witzemann, AOK Systems Holger Witzemann ist seit Mai 2016 Geschäftsführer der AOK Systems. Der Diplom-Ingenieur für Technische Informatik war vorher Geschäftsführer im Bitmarck-Konzern in Essen, einem IT-Anbieter für Betriebs-, Innungs- und Ersatzkassen sowie die DAK-Gesundheit und weitere Ersatzkassen. Witzemann verantwortet nun die Softwareentwicklung für die gesamte AOK-Gemeinschaft, die BARMER, die BKK Mobil Oil, die VIACTIV Krankenasse und die Hanseatische Krankenkasse.
Stefan Henkel, Siemens Healthineers Stefan Henkel ist CIO von Siemens Healthineers. Stefan Henkel absolvierte sein Studium in Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bamberg, wo er ebenfalls seine Promotion abschloss. Nach Stationen als Lehrbeauftragter und selbstständiger IT-Berater, startete er im Jahr 1996 seine berufliche Laufbahn bei Siemens Management Consulting in München. Bereits 1997 übernahm er die Leitung der Supply Chain Beratung im Bereich Corporate Procurement and Logistics. Nach weiteren leitenden Positionen in verschiedenen Abteilungen wechselte er 2006 in den Bereich Customer Services der Healthcare-Sparte. Dort verantwortete er weltweit "Product Support" und den "Siemens Remote Service". Nachdem er ein unternehmensweites Transformationsprojekt erfolgreich leitete, übernahm Stefan Henkel 2011 die Position des Leiters für Customer Relationship Management Operations. Daraufhin übernahm er die Verantwortung als Leiter der IT und seit 2018 besetzt Stefan Henkel die Position des CIO von Siemens Healthineers.
Hans-Ulrich Prokosch, Uniklinikum Erlangen Hans-Ulrich Prokosch ist CIO am Uniklinikum Erlangen und Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Informatik an der Universität Erlangen-Nürnberg. Bis 2003 war er Professor für Medizinische Informatik an der Universität Münster. Prokosch hat Mathematik studiert, dann einen Doktor in Humanbiologie gemacht und sich anschließend im Fach Medizinische Informatik habilitiert.
Markus Balser, Rhön Klinikum AG Markus Balser ist seit Februar 2018 Konzernbereichsleiter IT/Konzern-EDV an der Rhön-Klinikum AG. Zuvor war er seit 2008 bei der Accenture GmbH als Managing Director im Bereich Technology Strategy verantwortlich für Enterprise Architecture & Application Strategy im deutschsprachigen Raum.
Andreas Strausfeld, Bitmarck Holding Im Juli 2014 ist Andreas Strausfeld zum Geschäftsführer der Bitmarck Holding GmbH aufgestiegen. Damit steht er dem IT-Dienstleister für Krankenkassen vor. Andreas Strausfeld ist seit 2008 als Geschäftsführer bei der Bitmarck Holding GmbH und seit 2010 bei der Bitmarck Vertriebs- und Projekt GmbH aktiv. In gleicher Funktion war er in Personalunion auch von 2012 bis 2013 bei der Bitmarck Software GmbH tätig. 2018 wurde sein Vertrag bei Bitmarck vorzeitig um vier Jahre bis 2024 verlängert.
Stefan Domsch, Synlab Im Juli 2024 wechselte Stefan Domsch die Branche und stieg als IT-Chef bei Synlab ein. Bisher war er Group CIO vom TÜV Süd.
Ingo Elfering, Fresenius Seit Juli 2020 besetzt Ingo Elfering den neu geschaffenen CIO-Posten bei der Fresenius Gruppe. Der gelernte Wirtschaftsinformatiker soll die globalen IT-Aktivitäten des Konzerns koordinieren und weiterentwickeln. Zudem übernimmt er die Leitung der IT-Dienstleistungs-Tochter Fresenius Netcare, die mittlerweile in Fresenius Digital Technology umbenannt wurde. Elfering berichtet an den Finanzvorstand.
Jens Schulze, Universitätsklinikum Frankfurt am Main Jens Schulze ist seit September 2019 CIO und Leiter des Dezernats für Informations- und Kommunikationstechnologie (DICT) im Universitätsklinikum Frankfurt. Sein Vorgänger Martin Overath ist jetzt Geschäftsleiter Medizinischer Arbeitsplatz beim Softwarehersteller Knowledgepark. In seiner Rolle verantwortet Schultz alle Bereiche der administrativen und klinischen IT inklusive der Telekommunikation. Er berichtet an den kaufmännischen Direktor als Mitglied des Vorstands. Für seine Leistungen als CIO der Uniklinik Leverkusen (2013-2019) wurde Jens Schulze beim CIO des Jahres 2019 in der Kategorie Public Sektor ausgezeichnet.
Michael Kraus, Universitätsklinikum Freiburg Michael Kraus ist seit August 2014 für die IT am Universitätsklinikum Freiburg verantwortlich. Bereits seit 2009 war er stellvertretender Leiter des Klinikrechenzentrums. Nach seinem Physik-Studium und einer Promotion im Bereich der Systembiologie war Kraus wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg. 1996 wechselte er als IT-Leiter in die Universitätsverwaltung und verantwortete dort ab 1999 als Dezernatsleiter neben der IT für das Campus Management die Bereiche Controlling, Organisation und Neue Medien.
Rudolf Dück, UKSH IT-Chef am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) ist seit Januar 2019 Rudolf Dück. Er übernahm die Leitung der Stabsstelle Informationstechnologie. Zugleich ist er Geschäftsführer der UKSH Gesellschaft für IT Services mbH (ITSG) sowie der Gesellschaft für Informationstechnologie (GfIT). Davor war Dück als Leiter des Bielefelder IT-Servicezentrums (BITS) an der Universität Bielefeld tätig.
Manfred Criegee-Rieck, Klinikum Nürnberg Manfred Criegee-Rieck leitet seit Juni 2017 die IT des Klinikums Nürnberg. Der neue IT-Leiter ist Nachfolger des langjährigen CIOs Helmut Schlegel. Er kommt von den Franziskanerbrüdern vom Heiligen Kreuz, wo er Gesamtleiter IT war.
Heiko Reinhard, Ottobock Heiko Reinhard ist seit Mai 2018 neuer CIO beim Duderstädter Medizintechnik-Hersteller Ottobock. Er war bislang als CEO des IT-Dienstleisters Sycor, der IT-Tochter von Ottobock, in Amerika und als IT Director North America für Ottobock tätig.
Patrick Wenz, Universitätsmedizin Mainz Patrick Wenz leitet die IT der Universitätsmedizin Mainz bis Ende 2023 im Interim.
Jan Vitt, Universitätsmedizin Mainz Ab Januar 2024 soll Jan Vitt die IT der Universitätsmedizin Mainz leiten.
Aude Vik, Techniker Krankenkasse Seit Anfang 2024 ist Aude Vik Geschäftsbereichsleiterin Informationstechnologie bei der Techniker Krankenkasse.
Gunther Nolte, Vivantes-Klinik Gunther Nolte ist schon seit 2001 IT- und TK-Direktor beim Gesundheitsnetzwerk Vivantes. Der Diplom-Informatiker arbeitete nach seinem Studium zunächst als Softwareentwickler in einem Systemhaus. Zwischen 1986 und 2001 war er unter anderem als Projektleiter für den Aufbau eines Tumorregisters am onkologischen Schwerpunkt Klinikum Kassel verantwortlich.
Dirk Herzberger, Helios Kliniken Seit 1998 leitet Dirk Herzberger die IT der Klinikkette Helios, die seit 2005 zu Fresenius gehört. Mit seiner Abteilung "Zentraler Dienst IT" stellt er dem gesamten Unternehmen die PC-gestützte Infrastruktur zur Verfügung - das reicht von medizinischen Dokumentationssystemen über die IT für Abrechnungen bis zu Telemedizin-Lösungen. Diplom-Ingenieur Herzberger war zuvor sechs Jahre Leiter EDV der Asklepios Neurologischen Klinik Bad Salzhausen und ab 1993 am Aufbau der Zentrale Dienste EDV der Asklepios Gruppe beteiligt. Zwischen 1988 und 1992 arbeitete Herzberger als Entwicklungsingenieur in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung sowie in der Abteilung Technische EDV der Firma Weiss Umwelttechnik.
Franz-Helmut Gerhards, DAK Franz-Helmut Gerhards ist seit Oktober 2016 CDO und Mitglied der Geschäftsleitung der DAK-Gesundheit in Hamburg. Er ist für die unternehmensweite digitale Transformation der Krankenkasse verantwortlich. Dazu gehört neben der strategischen Ausrichtung der DAK den Aufbau eines digitalen Ökosystems sowie die digitale Transformation aller relevanten Kundenprozesse mit dem Fokus auf die Kundenorientierung. Zudem verantwortet Gerhards den mit der Digitalisierung verbundenen kulturellen Wandel und leitet die Digitale Fabrik, die als interner Inkubator die digitale Transformation der Kasse operativ gestaltet.
Henning Schneider, Asklepios Konzern Henning Schneider hat im Oktober 2016 die Leitung des Konzernbereichs IT im Asklepios Konzern übernommen. Er folgt auf Martin Stein, der das Unternehmen verlassen hat, um als Kaufmännischer Geschäftsführer des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein tätig zu sein. Schneider wechselte vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) zu Asklepios. Am UKE leitete er seit 2012 als CIO den Geschäftsbereich Informationstechnologie. Bereits seit 2008 trug er dort Verantwortung für die medizinischen IT-Systeme und die Umsetzung der elektronischen Patientenakte.
Kurt Kruber, Klinikum der Universität München Seit Dezember 2012 verantwortet Kurt Kruber am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität Medizintechnik und Informationstechnik. Beide Ressorts sollen unter der Führung des 49-Jährigen näher zusammenrücken, wie sich auch an der Agenda des IT-Chefs zeigt: Eines seiner Projekte ist das Zusammenführen der Mitarbeiter aus diesen Bereichen.
Bernd Christoph Meisheit, Sana Kliniken Bernd Christoph Meisheit ist seit August 2009 Geschäftsführer bei der IT-Tochter der Sana Kliniken. Meisheit stieß damals zu Gerald Götz, der die Sana IT Services bereits zwölf Jahre lang leitete, und formte mit ihm eine Doppelspitze. Seit Götz Sana im Herbst 2010 verlassen hat, leitet Meisheit die IT des Klinikbetreibers allein. Meisheit war zuvor IT-Verantwortlicher des Klinikverbandes St. Antonius und Geschäftsführer der Gesellschaft für Information und Technologie im Gesundheitswesen in Wuppertal. In den Jahren 2000 bis 2008 war er CIO der MTG Malteser Trägergesellschaft und Mitglied des Kooperationsrates der Deutsche Malteser GmbH. In dieser Funktion wurde er 2007 von unserer Schwesterpublikation Computerwoche für ein Rechenzentrumsprojekt zum Anwender des Jahres in der Kategorie IT-Performance gekürt. Von 1992 bis 1997 war er Leiter der Abteilung IT und Organisation und ab 1998 stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Finanzen, Unternehmensrechnung und Informationssysteme der Flughafen Köln/Bonn GmbH. Meisheit hat in Köln die Fächer Nachrichtentechnik und Informationsverarbeitung studiert.
Sie haben mir im Vorgespräch erzählt, dass der Digital Hub als Open Space konzipiert ist. War es eine Herausforderung, die Mitarbeiter für diese neue Arbeitsweise zu begeistern?
Martin Peuker: Natürlich gab es anfänglich Vorbehalte. Viele Mitarbeiter fragten sich, ob sie in einem offenen Raum genügend Ruhe zum Arbeiten finden würden. Wir haben aber von Anfang an auf Transparenz und eine klare Kommunikation gesetzt. Wir haben den Mitarbeitern erklärt, warum wir diesen Wandel vollziehen und welche Vorteile die neue Arbeitsumgebung bietet.
Mit Transparenz überzeugen
Entscheidend war, dass wir den Mitarbeitern die Möglichkeit gegeben haben, die neue Arbeitsweise zu erleben und den Mehrwert selbst zu erfahren. Sobald die Mitarbeiter die Vorteile des Digital Hubs, wie die verbesserte Kommunikation, die schnellere Entscheidungsfindung und die gesteigerte Kreativität, erkannten, sanken die Vorbehalte.
Sie sprachen von der Bedeutung hybrider Arbeitsmodelle und verbesserten Kommunikationsmöglichkeiten. Wie unterstützt der Digital Hub diese Arbeitsweise?
Martin Peuker: Der Digital Hub ist mit modernster Videokonferenztechnik ausgestattet. Das ermöglicht es uns, Mitarbeiter an verschiedenen Standorten nahtlos in unsere Projekte einzubinden. Wir können hybride Meetings durchführen, bei denen einige Teilnehmer vor Ort im Digital Hub sind, während andere sich virtuell zuschalten.
Inspiration aus dem Silicon Valley
Alles ist auf Co-Creation und Interdisziplinarität ausgerichtet. So bietet der Hub Besprechungsräume, Design-Thinking-Räume und flexible Arbeitsplätze, die von allen Fachbereichen genutzt werden können. Wir haben uns da von den Unternehmen im Silicon Valley inspirieren lassen.
Sie setzen im Digital Hub auch digitale Whiteboards und andere Tools ein. Wie werden diese Tools in der Praxis angenommen?
Martin Peuker: Die digitalen Whiteboards und Tools sind für die Zusammenarbeit in den Projektteams gedacht. Dort erlauben sie es, Ideen visuell darzustellen, gemeinsam an Dokumenten zu arbeiten und Entscheidungen transparent zu treffen.
Wände beschreiben statt Digital Whiteboards
Allerdings mussten wir feststellen, dass die Mitarbeiter die digitalen Whiteboards noch nicht in vollem Umfang nutzen. Sie bevorzugen es oft, lieber die Wände zu beschreiben. Das liegt aber nicht an der Technologie, sondern an der Gewohnheit. Wir arbeiten daran, die Mitarbeiter im Umgang mit den digitalen Tools zu schulen und ihnen die Vorteile näherzubringen.
KI spielt im Gesundheitswesen eine immer wichtigere Rolle. Welche konkreten Anwendungsfälle für KI sehen Sie für die Charité?
Martin Peuker: KI hat das Potenzial, die Gesundheitsversorgung grundlegend zu verändern. Für KI in der Charité sehe ich vielfältige Einsatzmöglichkeiten - sowohl im administrativen Bereich als auch in der Patientenversorgung.
KI primär zur Administration
Im administrativen Bereich nutzen wir KI bereits zur Transkription von Meetings und zur Zusammenfassung von E-Mails. Das entlastet die Mitarbeiter und schafft Freiräume für wichtigere Aufgaben.
In der Patientenversorgung liegt ein großes Potenzial für KI in der Diagnostik, der Therapieplanung und der personalisierten Medizin. KI kann uns helfen, Krankheiten früher zu erkennen. Dann können wir die Behandlungen individueller gestalten und zudem die Arbeitsabläufe zu optimieren.
KI schreibt Arztbrief
Noch liegt der Fokus allerdings auf administrativen Prozessen, da hier die regulatorischen Hürden für den KI-Einsatz geringer sind.
Geben Sie uns doch einmal ein Beispiel?
Martin Peuker: Ein konkretes Beispiel ist die automatisierte Erstellung von Arztbriefen. KI-Systeme können die Sprache von Arzt und Patient analysieren. Daraus extrahiert die KI dann strukturierte Informationen, die dann automatisch in den Arztbrief einfließen. Das spart den Ärzten Zeit und reduziert die Dokumentationspflicht.
Tastaturloses Krankenhaus
Mein Ziel beziehungsweise Traum ist es, das papierlose Krankenhaus durch ein tastaturloses Krankenhaus abzulösen. Dabei übernimmt die KI die Dokumentation und befreit uns von vielen manuellen Tätigkeiten. Das könnte in Zukunft die Arbeitsbedingungen für Ärzte und Pflegekräfte verbessern und uns mehr Zeit für die Patienten geben.
Eine KI verarbeitet Patienteninformationen - damit wären wir direkt beim Datenschutz. Der ist ja im Gesundheitswesen ein besonders sensibles Thema. Wie stellen Sie sicher, dass die Daten sowohl im Digital Hub als auch in der Charité geschützt sind?
Martin Peuker: Der Schutz sensibler Patientendaten hat für uns höchste Priorität.
Eigene Rechenzentren und Cloud
Für die Speicherung von Patientendaten setzen wir auf eigene Data Center und zunehmend auch auf Cloud-Lösungen. Denn ich bin überzeugt davon, dass Cloud-Anbieter ein noch höheres Sicherheitsniveau bieten können als wir selbst. Die Regulatorik hat sich in den letzten Jahren dahingehend weiterentwickelt, dass die Nutzung von Cloud-Lösungen im Gesundheitswesen nun einfacher möglich ist.
Apropos Cloud, beim CIO des Jahres vor vier Jahren setzten Sie große Hoffnungen in das Gaia-X-Projekt. Wie stehen Sie heute dazu?
Martin Peuker:Gaia-X hat bisher noch nicht die erhofften Ergebnisse gebracht. Es mangelt an konkreten Anwendungen und Funktionen, die den Mehrwert des Projekts für die Anwenderinnen und Anwender demonstrieren.
Gaia-X fehlen noch Anwendungen
Dennoch glaube ich weiterhin an das Potenzial von Gaia-X. Die Initiative hat gezeigt, dass eine europaweite Zusammenarbeit im Bereich der Dateninfrastruktur möglich ist. Gerade im Gesundheitswesen ist Interoperabilität ein wichtiges Thema. Gaia-X könnte dazu beitragen, dass Patientendaten nahtlos und sicher zwischen verschiedenen Einrichtungen und Ländern ausgetauscht werden können.
Wenn Sie auf das Projekt Digital Hub zurückblicken, welche "lessons learned" würden Sie anderen Unternehmen mit auf den Weg geben?
Martin Peuker: Die wichtigste Lektion, die wir gelernt haben, ist die Bedeutung von Transparenz und Kommunikation. Man muss die Mitarbeiter von Anfang an in den Wandel einbeziehen.
Mitarbeiter einbeziehen
Sie müssen ihnen die Vorteile der neuen Arbeitsweise klar kommunizieren. Und jetzt lachen Sie nicht, der Change beginnt schon bei der Farbwahl der Schreibtischplatte, bei der Sie die Mitarbeiter mitnehmen müssen.
Außerdem ist es wichtig, den Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, die neue Arbeitsumgebung zu erleben und den Mehrwert selbst zu erfahren. Nur so kann man Vorbehalte abbauen und die Akzeptanz für ein solches Projekt erhöhen.