Softwareentwickler gelten als mürrisch und verabscheuen es, unterbrochen zu werden. Sie neigen dazu, so lange weiterzuarbeiten, bis sie einen Status der Vollendung und Zufriedenheit erreicht haben. Das ist begrüßenswert - solange sie bei ihrem Tun nicht das große Ganze aus den Augen verlieren. Falls doch, stellt sich die Frage, wie IT-Manager und -Führungskräfte damit umgehen.
Die folgenden Tipps können Sie dabei unterstützen, Ihre Entwickler besser zu verstehen und die Führungsrolle einzunehmen, die Ihr Developer-Team braucht.
1. Business Awareness kultivieren
Eine der wichtigsten Aufgaben besteht für jede Führungskraft darin, den Mitarbeitern eine übergeordnete, strategische Vision zu vermitteln. Das ist im Fall von Softwareentwicklern besonders wichtig - und herausfordernd - weil deren Arbeit besonders viel Sorgfalt und Konzentration erfordert: Developer müssen eine enorme Menge von Komplexität bewältigen. Das kann zu einer Art Kurzsichtigkeit führen und dazu, dass das große Ganze aus dem Blickfeld gerät. Umso wichtiger ist es für Führungskräfte, eine Verbindung zwischen der täglichen Programmierarbeit und der übergreifenden Vision herzustellen.
Das ist allerdings auch eine heikle Aufgabe: Nach Fortschritts-Reportings zu fragen, Hilfestellung anzubieten oder - was am schlimmsten ist - einen Kurswechsel zu vollziehen, sind in der Regel ungeeignet, um Softwareentwickler zu begeistern. In einigen Fällen kann sich dies negativ auswirken, in anderen ist es die Lösung für Probleme. Developer in einen strategischen Dialog einzubinden, ist eine Frage der richtigen Balance - insbesondere Meta-Engagement ist an dieser Stelle wichtig. Fragen Sie Ihre Entwickler, wie stark sie mit Meetings ausgelastet sind und ob sie sich gut in die übergreifenden Ziele eingebunden fühlen. Das hilft nicht nur, besagte Balance zu finden, sondern regt die Softwareentwickler auch dazu an, über das große Ganze nachzudenken.
Für Führungskraft, Unternehmen und die Entwickler selbst ist es von großem Wert, wenn nicht nur deren technologische Kompetenz, sondern auch ihr Sinn für das Business gefördert wird.
2. Bedeutung vermitteln
Strategie und Geschäftswert sind für die Kommunikation mit den Softwareentwicklern wertvoll. Doch es gibt auch noch den "Purpose" - den höheren Zweck, der von der Strategie gestützt wird und dem Unternehmen seine Daseinsberechtigung verleiht. Diesbezüglich stellen sich vor allem zwei Fragen:
Verfügt das Unternehmen über ein starkes Leitbild?
Wie gut wird die Mission des Unternehmens von der Belegschaft gelebt?
Der Unternehmens-Purpose sollte sich positiv auf die Aktivitäten aller Mitarbeiter auswirken. Das ist im Fall von Entwicklern besonders heikel, da sie oft eine ausgeprägte Resistenz gegen - wie sie es manchmal zynisch nennen - Indoktrination mitbringen. Dennoch ist ein Gefühl der Legitimation für die langfristige Zufriedenheit von Developern ebenso wichtig wie für alle anderen.
Der Schlüssel dazu, den Entwicklern "Purpose" zu vermitteln, liegt darin, den kreativen Aspekt beziehungsweise Wert ihrer Arbeit zu verstehen, anzuerkennen (siehe nächster Punkt) und zu integrieren. Dabei kann der Wert, den Softwareentwickler aus ihrer Arbeit ziehen, mit dem übergreifenden Geschäftszweck verknüpft werden. Diese Verbindung von Sinn und Kreativität ist ein Weg, Developer zu Spitzenleistungen anzutreiben.
3. Kreativität fördern
Softwareentwickler haben einen stark ausgeprägten Gestaltungswillen. Der kann manchmal allerdings schwer zu erkennen sein, wenn er von der Technologie überlagert wird. Zudem kommunizieren Devs oft über ein seltsames Sammelsurium von Akronymen, was den künstlerischen Geist dahinter verschleiert. Zu lernen, diesen Geist wahrzunehmen und zu fördern, eröffnet den Weg zu einer besonderen Art der Führung, die Entwickler zu schätzen wissen.
Es ist allein schon essenziell, sich darüber bewusst zu sein, dass Softwareentwickler Kreativarbeiter sind. Dieses Verständnis hilft nicht nur, die Devs besser zu verstehen, sondern führt im besten Fall zu Strategien und Entscheidungen, die die Kreativität der Developer unterstützen. Das erschließt mit Blick auf das Endergebnis Vorteile von unschätzbarem Wert: Raum und die Zeit für Innovation führt zu besserer Software und höherer Agilität.
Der vielleicht wichtigste Aspekt, den Führungskräfte an dieser Stelle berücksichtigen müssen: die Verbundenheit der Developer mit ihrer Arbeit. Etwas zu erschaffen, das sich schön und wertvoll anfühlt, hat eine eigene Dynamik. Diese sollte - wenn möglich - nur mit einer sanften Berührung unterbrochen werden und nicht, als würde man Registerkarten im Browser umschalten. Wenn möglich, ist eine schrittweise Umstellung das Beste.
Entwickler arbeiten mit Maschinen, sind aber selbst keine. Gleichzeitig sollten sie den übergeordneten Kontext verstehen, um zu erkennen, wann eine Neuausrichtung, -abstimmung oder -planung nötig ist. Das lindert auch Gefühle von Frustration und Sinnlosigkeit.
4. Raum für Scheitern einräumen
Trotzdem sie komplexe Zusammenhänge beherrschen, neigen Entwickler dazu zu glauben, einer Aufgabe nicht gewachsen zu sein - ein seltsames Phänomen, auch bekannt als Hochstapler-Syndrom. Diese Art von Unsicherheit ist bei unerfahrenen Softwareentwicklern häufiger anzutreffen. Allerdings wären Sie wahrscheinlich überrascht, wenn Sie wüssten, wie viele erfahrene Programmierer mit diesem Problem zu kämpfen haben. Auch Developer, die schon diverse Erfolge vorweisen können, sind nicht davor gefeit, Opfer solcher Unsicherheiten zu werden.
So wie der Stil jeder Führungskraft individuell ist, ist das auch mit Entwicklern. Statt feste Regeln aufzustellen (wie etwa harsche Kritik zu vermeiden), sollten Sie sich vor Augen halten, mit welchen Problemen Developer bei ihrer täglichen Arbeit konfrontiert sind. Der Weg zum Ziel ist für einen Entwickler selten eine gerade Linie: Häufig muss er sich dazu auf seine Kreativität verlassen. Wenn die Deadline näher rückt, kann das ziemlich beängstigend sein. Neben der Sensibilisierung der Führungskräfte besteht ein guter Ansatz darin, die Kommunikation zwischen den Entwicklern zu fördern - wie dieser Tweet beschreibt:
Die Fähigkeit, Fehler in einer geschützten Umgebung anzusprechen, ist ein wichtiger Aspekt, den Führungskräfte kultivieren sollten. Bieten Sie den Raum, um Fehler zu machen, und geben Sie den Devs das Gefühl, dass Leitplanken existieren - Sie werden erfolgreich sein. Scheitern ist ein wichtiger Bestandteil aller Unternehmungen und Innovationen - das das gilt ganz besonders für die Softwareentwicklung.
5. Zu Pausen ermutigen
Wenn Entwickler mit Blockaden kämpfen, neigen sie dazu, mit dem Kopf gegen die Wand zu laufen. In der Regel handelt es sich um eine kreative Blockade, die nicht durch schnelleres Schaufeln und Hämmern aufgelöst werden kann. Den Durchbruch, den der Programmierer sucht, wird er in diesem Fall nicht erreichen, indem er härter arbeitet, sondern indem er Abstand zum Problem gewinnt. Leider übergehen die Entwickler das häufig und wehren sich unter Umständen sogar aktiv dagegen, wenn sie mit einem diffizilen Task konfrontiert sind.
Als "Außenstehende" können Führungskräfte Ihren Developern vor Augen halten, was diese selbst oft vergessen: die nicht-lineare Natur ihrer Arbeit. Zum Erfolg braucht es eine Kombination aus Anstrengung und Kreativität. Dabei ist das Ziel nicht immer durch weitere direkte Anstrengungen zu erreichen. Manchmal ist es nötig, auf die richtigen Erkenntnisse zu warten.
6. Balance sicherstellen
Entwickler leiden besonders häufig unter Unzufriedenheit, Stress und Burnout. Alle Maßnahmen, die Sie treffen können, um das abzumildern, sind willkommen. Einerseits laden sich Developer selbst eine Menge Stress auf, andererseits sind sie auch dem Druck von außen ausgesetzt. Führungskräfte können in beide Richtungen gegensteuern.
Softwareentwickler neigen manchmal dazu, fast zwanghaft zu programmieren. Das ist für Unternehmen nur auf den ersten Blick von Vorteil, denn dieses Gebaren kann geradewegs in den Burnout führen.
Wenn Sie im Arbeitsleben der Entwickler für Ausgewogenheit sorgen können, ist das für alle Beteiligten von Vorteil. Der beste Weg, das zu erreichen: Werden Sie zum schützenden und verbindenden Glied zwischen Developer-Team und Business. Oft braucht es nicht mehr Druck zum Erfolg sondern vielmehr Support und Führung.
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.