Riccardo Sperrle, ehemaliger CIO beim Lebensmitteleinzelhändler Kaiser's Tengelmann, sprach in seinem Vortrag auf den Hamburger IT-Strategietagen über Stammdaten-Systeme. Das ist nicht unbedingt ein Thema, mit dem man ein bunt gemischtes Publikum in einem großen Saal fesselt, doch genau das gelang Sperrle. Sein Vortrag war so kurzweilig und spannend, dass ihm die volle Aufmerksamkeit gehörte und man sich auch noch Tage später an die Inhalte erinnern konnte.
Das waren Gründe genug, um Sperrle nach seinem persönlichen Erfolgsrezept für so gute Vorträge zu fragen. "Die Basis einer guten Präsentation ist eine gute Geschichte", sagt der IT-Verantwortliche. Er vergleicht die Präsentation mit einem Kinderbuch: Sie brauche eine spannende Geschichte, schöne Bilder und eine einfache Sprache.
Wenn er seine Geschichte habe, so Sperrle weiter, dann überlege er sich, welche Bilder passen könnten und setze diese als Eckpfeiler, quasi als Rahmen ein. Dieses Grundgerüst werde dann nach und nach ergänzt, solange bis die Geschichte rund sei und zum Zeitrahmen passe. "Wenn dann alles steht, kommt der aufwendige Teil: üben, üben, üben", so Sperrle.
Manager üben Präsentationen zu wenig
Sperrles Vorgehensweise unterscheidet sich dabei sehr von der vieler anderer Vortragender, die weniger überzeugende Präsentationen halten. "Die meisten investieren unglaublich viel Zeit und Geld in das Konzept und viel zu wenig darin, ihre Präsentation gut rüberzubringen", sagt Peter Mohr, der als Trainer auf Rhetorik und Präsentationen spezialisiert ist und bereits mehr als 1.000 Präsentationstrainings durchgeführt hat.
Viele würden den Fehler machen, ihre Präsentation vorher nicht mehrfach durchzugehen. "Ich vergleiche das immer mit einer Loipe beim Langlauf. Die meisten laufen vor dem Publikum zum ersten Mal die Spur ab", weiß Mohr. Dabei lohne es sich sehr, wenn man seine Gedanken schon einige Tage vorher ein- bis zweimal ohne Publikum ausformuliert. Dann könne sich das Geübte ein bisschen setzen und man drohe vor Publikum nicht zu entgleisen.
Der Dreiklang des Erzählens
"Manchmal lassen sich technische Erklärungen nicht vermeiden", sagt Tengelmann-Manager Riccardo Sperrle. Dann nutze er den folgenden Dreiklang: "Erzähle ihnen, was du erzählst, erzähle es ihnen, und zum Schluss erzähle ihnen, was du ihnen erzählt hast." Das sei die Struktur für die Präsentation und jede einzelne Folie. Aber auch dann zähle: Man muss eine Geschichte erzählen.
Auch hier berücksichtigt Sperrle ein Prinzip, über das viele andere stolpern. "Viele Manager präsentieren zu viele Informationen in zu kurzer Zeit mit zu wenig Dynamik. Sie versäumen es, Kernbotschaften herauszuarbeiten", erläutert Uwe Hermannsen diesen Fehler. Hermannsen ist Inhaber des Weiterbildungsinstituts Hermannsen-Concept sowie Trainer, Coach, Autor und Speaker.
Ein zweiter Fehler sei aus seiner Sicht, dass in den Präsentationen von heute der Inhalt und das Medium Hauptdarsteller sind. Der Präsentator selbst rücke in den Hintergrund. Die Zuhörer hätten es bei dieser Form des Präsentierens aber sehr schwer, zu folgen und vor allem zu behalten. Sie würden emotional nicht angesprochen, so Hermannsen.
Die Lösungen seien erstaunlich einfach, erläutert der Rhetorikexperte: Die Erlebnisorientierung und die Form der Präsentation seien vorrangig zu gewichten. "Im Klartext: Der erfolgreiche Präsentator setzt seine Akzente zuerst auf die Form durch seine aktive Körpersprache und Schwung in der Stimme. Er kommuniziert mit dem Publikum. Der Inhalt kommt so lebendiger beim Zuhörer an und viel wichtiger noch: er bleibt in Erinnerung!" weiß Hermannsen.
Das Motto laute auf den Punkt gebracht: Weniger ist mehr beziehungsweise die Erlebnisorientierung stehe immer vor der Ergebnisorientierung. Oder noch einfacher: Form vor Inhalt!
Enorme Wirkung von Körpersprache
Auf die enorme Bedeutung der Körpersprache pocht auch Peter Mohr: "Körpersprache wird meist unterschätzt, denn tatsächlich macht sie mehr als die Hälfte der Wirkung bei einer Präsentation aus." Und der Rhetorik-Trainer rät: "Bei Präsentationen sollte man darauf achten, deutlich, langsam und mit Pausen vorzutragen." Meist sei es dann genau richtig, wenn man es selbst als übertrieben empfinde.
Doch natürlich geht es nicht nur um die Form, auch die Inhalte müssen stimmen. Riccardo Sperrle entwickelt die Geschichten für seine Präsentationen selbst. Die Folien müssen seiner Meinung nach so gestaltet sein, dass sie nicht vom Redner ablenken und auch dann verstanden werden, wenn man sie aus dem Augenwinkel sieht. Das Fazit des Tengelmann-CIOs für eine gute Präsentation lautet: "Ohne Geschichte ist alles nichts. Der Rest ist Beiwerk. Eine gute Geschichte erkennt man daran, dass sie auch ohne Folien funktioniert."