Ein Leitfaden für Entscheider

So gelingt die Migration auf Office 365

30.09.2015 von Peter Haupt
Soll von einer bestehenden Infrastruktur auf Office 365 umgestiegen werden, gilt es einige Punkte zu beachten. Wer bei der Planung und Umsetzung die Tücken kennt, erreicht ausfallfrei die ersten Etappen.

Kaum ein Unternehmen startet mit Office 365 auf der grünen Wiese, der Standardeinstieg erfolgt in der Regel über einen Parallelbetrieb per Hybrid-Architektur. Bei der Umsetzung sind wichtige Hürden zu meistern - wie Einbindung in das lokale Active Directory, Umstellung auf Click-to-Run-Technik der Office-Suite und Exchange-Migration. Wer bei der Planung und Umsetzung die Tücken kennt, erreicht ausfallfrei die ersten Etappen.

Das Leitmotiv bei Cloud-Diensten heißt "Anmelden und Loslegen", und auch Microsoft verspricht bei Office 365 einen Einstieg ohne übliche IT-Hürden. Doch in der Praxis ist dieses Idealszenario nur selten anzutreffen, beispielsweise bei neu gegründeten Unternehmen ohne IT-Altlasten. Sobald bereits IT-Infrastruktur vorhanden ist, sind für den Start in Office 365 eine Reihe von konzeptionellen Vorüberlegungen hinsichtlich der Architektur und der Projektplanung zu treffen, um einen Umstieg sauber und unterbrechungsfrei hinzubekommen.

Schrittweise in die Cloud mit Hybrid-Architektur

Grundsätzlich führt in den meisten Fällen der einzig sinnvolle Weg über eine "Hybrid-Architektur". Gemeint ist damit ein paralleler Betrieb von bereits vorhandenen Servern im Unternehmen mit den neuen Cloud-Services von Office 365. Ein solches Nebeneinander der beiden Welten hilft dabei, um Schritt für Schritt die bestehenden Anwendungen von den existierenden Servern in die Cloud-Rechenzentren umzuziehen. Durch den parallelen Betrieb verringern sich die Migrationsrisiken und der organisatorische Aufwand bleibt in überschaubaren Grenzen.

Doch wer auf Hybrid umsteigt, muss sich über eine einschneidende Änderung im Klaren sein: Da es sich hierbei um zwei voneinander unabhängigen Systeme handelt, ist auch ständig eine doppelte Benutzeranmeldung erforderlich. Mitarbeiter empfinden das als lästig, aber am härtesten trifft es den Support, der mit enorm steigenden Problemfällen bei Anmeldungen zu rechnen hat.

Bildergalerie:
Auf Office 365 umsteigen
Migration von Exchange Server auf Office 365: Teile der lokalen Infrastruktur sollten weiterhin im Unternehmen bleiben, um die Administration zu vereinfachen.
Auf Office 365 umsteigen
Der Hybridansatz vereint die Vorteile der Cloud mit den Vorteilen einer lokalen Infrastruktur und erleichtert den schrittweisen Umzug von Anwendungen in die Cloud.
Auf Office 365 umsteigen
Wichtig beim Umstieg auf Office 365 ist die Einrichtung von Single Sign On, um die Benutzer-Akzeptanz zu gewährleisten. Eine Schlüsselrolle spielen dabei Active Directory Federation Services (ADFS), die idealerweise von einem Microsoft-Partner betreiben werden sollten.
Auf Office 365 umsteigen
Mit dem Hybrid-Betrieb können Microsoft-Partner auch die vom Hersteller garantierten SLAs erweitern.
Auf Office 365 umsteigen
Die Office-Clients als Teil eines Office 365-Vertrags erfordern eine Umstellung der Verteilung auf die Click-to-Run-Technik. Hierbei sind wegen der automatischen Verteilung von Updates neue Test- und Rollout-Verfahren zu beachten.

Risiken bei Single-Sign-On und ADFS vermeiden

Als Lösung bietet sich Single-Sign-On an, um in Hybridumgebungen eine simple Systemanmeldung mit einer einheitlichen Benutzerkennung und einem Passwort zu ermöglichen. Microsoft bietet dafür den Active Directory Federation Service (ADFS) als lokal installierten Verzeichnisdienst an. Dieser leitet Authentifizierungsanfragen über das lokale Active Directory an Cloud-Dienste weiter und nimmt dem Anwender Mehrfachanmeldungen ab.

Die Krux dabei ist allerdings, dass hier eine eigenverwaltete Komponente den Single-Point-of-failure bildet. Fällt ADFS aus, so ist keine Anmeldung an den Cloud-Servern mehr möglich, womit alle Vorteile einer externen, ausfallsicheren Systemumgebung wieder passee wären. Um solche Ausfälle einer Schlüsselkomponente zu verhindern, haben Unternehmen die Wahl zwischen zwei Optionen:

Bei kleineren Unternehmen, die den Aufwand für Single-Sign-On nicht betreiben wollen, kommt noch ein weiterer, von Microsoft angebotener Lösungsweg in Frage. So lassen sich Passwörter zwischen dem lokalen Active Directory und Office 365 automatisch synchronisieren, geschützt durch einen Hash. Damit entfällt das ständige Eingeben von Kennwörtern, lediglich die Anmeldedialoge bekommen die Benutzer noch zu sehen.

Office 2013 Click-to-run: Tücken bei Lizenz und Softwareverteilung

Ein weiterer "Pferdefuß" beim Office 365-Umstieg lauert im neuen Click-to-run-Verfahren zur Softwareverteilung, das für die Installation von Office-2013-Anwendungen zum Einsatz kommt.

Die Office-Clients als Teil eines Office 365-Vertrags erfordern eine Umstellung der Verteilung auf die Click-to-Run-Technik. Hierbei sind wegen der automatischen Verteilung von Updates neue Test- und Rollout-Verfahren zu beachten.
Foto: utilitas GmbH / Peter Haupt

Die Tragweite dieser Thematik ist insofern groß, da Microsoft derzeit sehr viele Unternehmen über den Lockvogel "günstigere Office-Client-Lizenzen" in das Abo-Modell ködert.

Der Preisvorteil ist gegenüber den klassischen Lizenzen wie Enterprise Agreement tatsächlich signifikant.

Was jedoch viele dabei nicht beachten: Mit der Lizenz ändert sich auch die Technik der Softwareverteilung, anstelle der altbekannten MSI-Installer-Methode kommt die neue, inkrementelle Verteilmethode Click-to-Run zum Einsatz. Dabei müssen folgende Gesichtspunkte beachtet werden:

Um das zu verhindern und Kunden eine kontrollierte Verteilung zu ermöglichen, lassen sich auch Click-to-Run-Anwendungen in die klassische Softwareverteilung integrieren. So kann ein Administrator beispielsweise mit Systemcenter Pakete erstellen und diese abgekoppelt von Microsoft nach einem internen Test- und Verteilplan ausrollen.

Exchange-Migration: Hybrid statt Big Bang

Ein separater Themenblock bei der Migration auf Office 365 ist noch die Umstellung des E-Mail-Systems auf Exchange-Server. Zwar wird E-Mail gerne als Commodity bezeichnet, und die E-Mail-Migration als triviale Aufwärmübung für den Cloud-Einstieg dargestellt. Doch von einem "Big-Bang"- Komplettumzug auf Exchange Online ist dringend abzuraten. Denn schließlich bilden E-Mail, Termine, Adressen und Aufgaben eine unternehmenskritische Funktion, ohne die heute viele Betriebe lahm gelegt wären.

Die Herausforderung beim Wechsel vom lokalen Exchange-Server in eine Hybridumgebung liegt dabei in der Komplexität, die im Verbund mit anderen Geschäftsanwendungen entsteht. Wenn beispielsweise das SAP-System Mails verschickt, oder ein Online-Shop Bestellbestätigungen aussendet, und solche Verknüpfungen auch noch schlecht dokumentiert sind, kann eine Migration im Chaos enden. Durch Hybrid-Konstellationen lassen sich solche Szenarien vermeiden.

Inkompatibilität durch abweichende Patch-Stände

Ein weiterer Stolperstein sind abweichende Release- und Patch-Stände, die sich im Zuge einer Migration durch die Aktualisierung einzelner Exchange-Server ergeben können. Je nach Kombination sind hier Störungen von Schnittstellen möglich, die sich ebenfalls auf Business-Anwendungen auswirken.

Schließlich spricht für die Beibehaltung einer teilweise lokalen Exchange-Infrastruktur in vielen Fällen auch noch die vorhandene Exchange-Konsole. Über sie wird das Gesamtsystem verwaltet, und auch nach einer Umstellung auf eine Hybrid-Umgebung ist es oft sinnvoll, diese Konstellation beizubehalten.