Viele SAP-Anwender steigern ihre IT- und SAP-Ausgaben und wollen damit vor allem ihre digitale Transformation vorantreiben. Das ist ein Ergebnis der aktuellen Investitionsumfrage der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG), für die 334 Entscheider aus Mitgliedsunternehmen befragt wurden. Demnach planen vier von zehn Anwendern, ihre IT- und SAP-Budgets für 2018 im Vergleich zum Vorjahr zu erhöhen. Rund die Hälfte der Befragten rechnet mit gleichbleibenden Budgets und nur ein geringer Prozentsatz erklärt, in diesem Jahr weniger Geld für IT- und SAP-Produkte zur Verfügung zu haben als 2017.
Unter den Firmen, die mehr Geld ausgeben wollen, wird nicht gekleckert, sondern geklotzt: Ihre IT-Budgets legen gleich um 17 Prozent zu, für SAP-Ausgaben rechnen die Anwendervertreter laut der Umfrage sogar mit einem Plus von durchschnittlich 37 Prozent.
Wofür die investitionsbereiten User das zusätzliche Geld einsetzen wollen, geht aus der DSAG-Umfrage indes nicht eindeutig hervor. Die Business Suite ist es offenbar nicht. Hier gehen die Investitionen eher zurück. Wie im Jahr zuvor nennen 30 Prozent S/4HANA als Investitionsschwerpunkt und für S/4HANA als Cloud-Lösung wollen ebenfalls nur wenig mehr Anwender als im Vorjahr ihre Mittel aufstocken.
Marco Lenck, Vorstandsvorsitzender der DSAG, vermutet daher, dass die steigenden Aufwände im SAP-Umfeld generell in die digitale Transformation der Unternehmen fließen. Es sei möglich, dass mehr Geld für flankierende Bereiche wie Logistik, Datenschutz und Analytics aufgewendet werde. Die Vermutung, dass SAP-Anwender angesichts restriktiverer Lizenz-Vermessungen und Audits ihres Softwarelieferanten mehr Geld für Nachforderungen zurücklegen, will Lenck nicht bestätigen.
SAP-Anwender machen Fortschritte beim digitalen Wandel
Insgesamt machten die SAP-Anwender gute Fortschritte bei ihrer digitalen Transformation, so lesen die DSAG-Verantwortlichen aus ihrer Umfrage heraus. Antworteten im Sommer 2017 noch 31 Prozent, dass ihr Unternehmen weit bis sehr weit vorangeschritten ist, so sind aktuell bereits 44 Prozent dieser Meinung. Daher liege der Schluss nahe, dass die steigenden Investitionen mit den Digitalisierungsbestrebungen zusammenhängen, so das Fazit der DSAG-Experten. Allerdings dürfe man nicht übersehen, dass sich nach wie vor über die Hälfte der Unternehmen als nicht weit fortgeschritten hinsichtlich ihrer Digitalisierung einstufe.
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Der DSAG-Investitionsreport 2018 zeigt darüber hinaus, dass im Zuge der Digitalisierung nicht alles neu gemacht wird. Demnach investierten 85 Prozent der befragten DSAG-Mitglieder vor allem in bestehende Geschäftsprozesse, um diese zu optimieren und effizienter zu gestalten. Gegenüber 2017 bedeutet das eine Steigerung um mehr als 30 Prozentpunkte. "Bestehende Geschäftsprozesse zu digitalisieren ist bei den DSAG-Mitgliedern nach wie vor wichtiger, als in neue Geschäftsmodelle zu investieren, auch wenn beides gestiegen ist", interpretiert Lenck das Ergebnis. Zwei Drittel der Befragten erachten demnach Investitionen in neue Geschäftsmodelle als wichtig bis sehr wichtig. Ein Jahr zuvor war es gerade einmal ein gutes Drittel der befragten Anwenderunternehmen.
Während der digitale Wandel in den SAP-Anwenderunternehmen Fahrt aufnimmt, scheinen die dafür vom Hersteller ins Spiel gebrachten Lösungen kaum gefragt. Zwar steigen der Bekanntheitsgrad und das Interesse an SAP Leonardo, einem Portfolio aus Technologien, Anwendungen und Services für das Internet der Dinge. Entsprechende Projekte in den Unternehmen sind aber noch dünn gesät. Zurzeit nutzen gerade einmal zwei Prozent ausgewählte Technologien, Anwendungen oder Services im Rahmen von Leonardo. Zehn Prozent planen den Einsatz für 2018. Aktuell kennen immer noch rund 40 Prozent das Leonardo-Portfolio nicht oder haben es nicht verstanden. "Der Aufklärungsbedarf ist weiterhin immens", konstatiert Lenck.
Das SAP-Fundament bildet für die meisten Unternehmen nach wie vor die Business Suite. Deren Bedeutung ist Lenck zufolge ungebrochen. "Lediglich ein Fünftel der DSAG-Mitglieder plant keine Projekte in diesem Umfeld", nennt der DSAG-Vorstandsvorsitzende ein Ergebnis der jüngsten Umfrage. Es verwundert daher nicht, dass der Umstieg auf SAPs neue Kernlösung S/4HANA nicht so recht in Schwung kommen will.
Lesen Sie, wie die SAP-Anwender im vergangenen Jahr ihre Budgets geplant haben: SAP-Anwender halten der Business Suite die Treue
Lenck zufolge lastet derzeit auch kein besonders hoher Druck auf den SAP-Kunden, die Business Suite abzulösen. Es gibt eine Wartungszusage seitens SAP bis zum Jahr 2025. Sollte eine signifikante Zahl von Kunden weiter an dieser Lösung festhalten wollen, werde sich SAP flexibel zeigen und das Wartungsfenster verlängern, ist sich Lenck sicher. Auch wenn der Support dann vielleicht etwas teurer werde.
Nahezu unverändert im Vergleich zum vergangenen Jahr sind die Angaben zum geplanten Umstiegszeitpunkt der DSAG-Mitglieder in Richtung S4/HANA: Drei Prozent setzen S/4HANA derzeit bereits ein (plus ein Prozentpunkt), fünf Prozent planen, in diesem Jahr umzusteigen; ein Drittel will in drei Jahren so weit sein. Ein Viertel der Umfrageteilnehmer hat sich diesbezüglich noch nicht entschieden und 13 Prozent planen auf der Business Suite zu verbleiben.
Für Lenck ein bemerkenswertes Resultat: "Der im vergangenen Jahr prognostizierte Zuwachs von vier Prozent an Umstiegen auf S/4HANA wurde nicht realisiert". Trotz zahlreicher Projekte habe die Zahl der Umstellungen nicht merklich zugenommen. Das könnte dem DSAG-Chef zufolge daran liegen, dass der Übergang komplexer ist als gedacht und S/4HANA-Projekte daher noch nicht beendet werden konnten.
SAP-Anwender fremdeln mit der Cloud
Auch mit SAP HANA in der Cloud kann sich die SAP-Klientel noch nicht so recht anfreunden. Nennenswertes Interesse gibt es dagegen für SuccessFactors und Hybris. In diese von SAP zugekauften Lösungen wollen 14 beziehungsweise 13 Prozent der befragten Anwender im laufenden Jahr investieren.
Anforderungen für das Personalmanagement und den Vertrieb ließen sich gut mit Lösungen aus der Cloud abbilden, stellt Lenck fest. Das Investitionsinteresse für andere Cloud-Lösungen beziehungsweise einen Cloud-Betrieb des SAP-Kerns sei dagegen eher mau. Für die SAP Cloud Platform (SCP) beziehungsweise die HANA Enterprise Cloud (HEC) will gerade einmal rund jedes 20. Anwenderunternehmen Geld in die Hand nehmen. Noch geringer ist das Investitionsinteresse an Cloud for Analytics (drei Prozent) und Fieldglass (ein Prozent).
Deutlich wichtiger für die SAP-Anwender ist dagegen die Interoperabilität der von ihnen eingesetzten Lösungen. Das betrifft Lenck zufolge nicht nur die Verknüpfung zwischen verschiedenen SAP-Lösungen sondern auch zwischen SAP- und Non-SAP-Lösungen. Denn, so Lenck: "DSAG-Mitglieder ziehen auch Alternativlösungen von anderen Anbietern in Betracht, um Digitalisierungsvorhaben umzusetzen."
Unternehmen sind in der Plattformfrage offen
Deutlich wird dies zum Beispiel bei der Frage nach den von SAP-Anwendern eingesetzten Plattformen. Nicht einmal ein Drittel der Befragten (31 Prozent) favorisiert bei der Integration verschiedener Services für die Digitalisierung des eigenen Geschäfts die SAP Cloud Plattform. Es folgen Microsoft Azure mit 22 Prozent und Amazon Web Services mit sieben Prozent. Vier von zehn SAP-Anwendern setzen auf andere Cloud-Plattformen wie Google (drei Prozent) oder Salesforce (drei Prozent).
"Selbst unter SAP-Anwendern sind alternative Plattformen weit verbreitet", fasst Lenck zusammen. Das Thema Interoperabilität werde die DSAG daher in Zukunft massiv beschäftigen, kündigte er an. Darüber hinaus sieht der DSAG-Vorstand weiteren Diskussionsbedarf mit SAP. Gerade im Zusammenhang mit der digitalen Transformation und der damit zusammenhängenden engeren Vernetzung verschiedener Systeme gehe es beispielsweise um die Frage nach der indirekten Nutzung.
Speziell für IoT-Szenarien bräuchten die Anwenderunternehmen Lösungen, die sich am Business Case orientierten. Die Lizenzmodelle müssten kalkulierbar bleiben. Lenck verweist an dieser Stelle auf Gespräche, die derzeit mit den SAP-Verantwortlichen geführt würden. Diese seien allerdings noch nicht erfolgreich abgeschlossen.