Dass sich die Arbeitswelt ändert, ist an sich nichts Neues. Neu sind die Geschwindigkeit und Menge an Veränderungen, mit denen sich Unternehmen konfrontiert sehen: New Work, People Culture, HR 4.0, KI und Big Data sind nur einige der Buzzwords, die aktuell durch die Büroflure schwirren. Schon deren Anzahl zeigt, dass in den HR-Bereichen aktuell viel im Umbruch ist und dass eine digital getriebene, rasante Zeitenwende auf Arbeitgeber zurollt. Das zwingt HR, sich ebenso rasant und konsequent anzupassen.
Dabei stellen sich elementare Fragen: Wohin soll diese Transformation führen? Wie lässt sich die Fülle an gleichzeitigen Veränderungen bestmöglich managen? Die Antworten darauf und den Weg in die Zukunft weist die HR-Transformation Roadmap. Darunter ist die bewusste Auseinandersetzung mit der Frage zu verstehen, wohin sich der HR-Bereich innerhalb der eigenen Organisation entwickeln soll.
Es fehlt eine zentrale Steuerung
Häufig, und das gilt übrigens nicht nur für den Bereich HR, wird Transformation mit Digitalisierung gleichgesetzt. Das bedeutet dann oft, dass bestehende Prozesse und die Organisationsstruktur digital abgebildet, also im Extremfall vormals manuelle Prozesse eins-zu-eins in ein digitales System übertragen werden. Das überrascht nicht, denn viele Unternehmen arbeiten im Personalwesen noch in einem Mix aus Analog und Digital, verschiedene Standorte arbeiten mit unterschiedlichen Systemen und es fehlt eine zentrale Steuerung.
Dass bei einer derart eingeschränkten Transformation enorme Potentiale verschenkt werden, ist offensichtlich. Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Transformation ist die ganzheitliche Betrachtung aller Dimensionen im Unternehmen zur Erarbeitung strategischer Ziele. Die zentrale Frage ist die nach dem Mehrwert für das ganze Unternehmen. Im Zentrum des Transformationsmodells einer HR-Transformation Roadmap steht erwartungsgemäß die Dimension Personal und Strategie. Da diese Dimension stark mit den Dimensionen Organisation, Technologie und Prozesse interagiert, sind auch diese immer Gegenstand der Betrachtung.
Die typischen Bausteine einer Transformation Roadmap
Die Konzeption einer Roadmap setzt sich aus vielen einzelnen Bausteinen zusammen, die jeweils aufeinander aufbauen. Wichtig dabei ist, dass dieser Prozess nicht strikt linear verlaufen muss, sondern iterativ gestaltet werden kann. So werden die Ergebnisse jeder Phase geprüft, ob sie noch im Einklang mit den Zielen stehen und bei Bedarf Anpassungen vorzunehmen sind. Denn oft zeigt sich erst im laufenden Prozess, dass Ausgangslage und Ziele der Roadmap Nachbesserung benötigen. Durch den iterativen Ansatz ist dies möglich, was nicht nur den Weg zum Ziel erleichtern kann, sondern auch das Ergebnis verbessert.
Der Weg zur Transformation Roadmap besteht im Wesentlichen aus zwei großen Abschnitten: der As-Is-Analyse, also dem Bestimmen der Ausgangslage. Und den To-Be-Scenarios, also den unterschiedlichen möglichen Lösungen und Wegen dorthin.
Phase 1 der Roadmap: As-Is-Analyse
Phase 1: Analyse der Konzern-, Personal- & IT-Strategie
Der erste Arbeitsschritt einer HR-Transformation Roadmap ist das Sichten und Analysieren aller strategischen Unterlagen und Dokumentationen, die für das Projekt relevant sein können. Am Ende sollte ein klares Bild stehen, wohin das Unternehmen und damit auch wohin der HR-Bereich in Zukunft steuern möchte. Diese Key-Findings werden in einer Dokumentation festgehalten und bilden das Fundament für die Festlegung der Ziele der Roadmap in der nächsten Phase.
Phase 2: Festlegung von Zielen, Design-, IT- & Priorisierungskriterien
Im zweiten Schritt geht es darum, die grundlegenden Leitlinien der Roadmap zu erarbeiten. Das betrifft vor allem die Dimension Personal und Strategie als Kern des Transformationsmodells. Das geschieht in Form von Workshops und Interviews mit den wichtigsten Stakeholdern, wie zum Beispiel Mitgliedern der Unternehmensführung, Prozessverantwortlichen, Mitarbeitenden aus dem HR-Bereich auf lokaler und globaler Ebene, Führungskräften und weiteren Mitarbeitenden aus der Linie.
Hier geht es darum, sich aus allen Bereichen und Ebenen des Unternehmens Standpunkte, Wünsche und Feedback einzuholen. Am Ende dieser zweiten Phase stehen die strategischen Vorgaben und Leitlinien für das Projekt, die sich aus der Gesamtstrategie des Unternehmens ableiten und gemeinsam mit den wichtigsten Stakeholdern erarbeitet wurden. In diesen Leitlinien ist zum Beispiel festgelegt, ob die Ausrichtung der Roadmap global oder lokal ist, ob Standard-IT-Lösungen eingesetzt werden sollen oder sogar eine Eigenentwicklung bevorzugt wird.
Phase 3: Ist-Analyse der bestehenden HR-Prozesse & Systeme
Dieser letzte Schritt der As-Is-Analyse ist eine ganzheitliche Betrachtung und Analyse der Dimensionen Organisation sowie Technologie und Prozesse. Dabei geht es darum, die bestehenden HR-Prozesse und -Systeme unter die Lupe zu nehmen und damit auch die technischen Rahmenbedingungen der Transformation zu eruieren. Besonders wichtig an dieser Stelle ist die Identifikation von "Pain-Points", also konkreten Herausforderungen und Problemen aus dem Tagesgeschäft, die HR umtreiben. Diese können sich von der Ineffizienz beim Zugang zu einer Dienstleistung bis hin zu Frustrationen mit dem Kundensupport eines Produktes erstrecken. Die Mittel der Wahl hierfür sind Interviews mit allen relevanten Stakeholdern sowie HR- und IT-Analyse-Workshops.
Am Ende steht ein umfassendes Dokument, welches die Analyse der bestehenden HR-Prozesse und Systeme des Prozesshauses (die Gesamtheit aller Prozesse, die betrachtet wurden) und dessen Komponenten beinhaltet. Sämtliche Prozesse werden dabei je nach Wichtigkeit unterschiedlich granular erfasst. Eine "Heatmap" wiederum visualisiert, wie dringlich sich der Handlungsbedarf je Prozess darstellt.
Phase 2 der Roadmap: To-Be-Scenarios
Phase 4: Aufbau eines Verständnisses für mögliche Lösungen
Neue Lösungen erscheinen am Anfang oft abstrakt und komplex. Gleichzeitig ist es für Mitarbeitende und Unternehmen oft schwer, etablierte und gewachsene Strukturen und Prozesse unvoreingenommen zu betrachten und gegebenenfalls über Bord zu werfen. Deshalb beginnt die zweite Stufe mit Solution Workshops, in denen gemeinsam Ideen gesammelt und deren Umsetzbarkeit geprüft werden.
Phase 5: Bewertung von Zielen, Hauptprozessen und Lösungen
Jetzt wird es konkret: In der Phase fünf geht es darum, von der Idee zu einer möglichen Lösung zu kommen. Konkret bedeutet das, Business Calculations und Benchmark-Lösungen zu sichten, Systemdemos wahrzunehmen sowie Einschätzungen von Lösungsanbietern einzuholen. Das Ziel dieser Phase ist, verschiedene Lösungen zu kennen und diese im Hinblick auf die Ziele, Kosten und Mehrwerte vergleichen zu können. Die relevantesten Lösungen werden detailliert ausgearbeitet.
Phase 6: Erarbeitung von Lösungs- und Umsetzungsszenarien
Im letzten Schritt erfolgt die Erarbeitung von konkreten Lösungs- und Umsetzungsszenarien. Durch eine qualitative und quantitative Bewertung der vorher erarbeiteten möglichen Lösungen anhand eines Kriterienkatalogs wird die "beste" Lösung bestimmt und ein Szenario erarbeitet, wie dieses realisiert werden kann. Nach diesem Schritt wird die HR-Transformation Roadmap der Unternehmensleitung zur Entscheidung vorgelegt. Der gesamte Prozess von Beginn bis zur Vorlage dauert erfahrungsgemäß zwischen drei und sechs Monaten.
Fehlende Bereitschaft zum Wandel
Wie bei jedem Transformationsprozess in Unternehmen gibt auch bei einer HR-Transformation Roadmap typische Stolpersteine. Wer ein solches Vorhaben in einem Unternehmen erlebt hat, wird darin Bekanntes wiederfinden. Da jede dieser Herausforderungen eine Transformation zum Scheitern bringen kann, müssen sie im Vorfeld unbedingt mit eingeplant werden. Eine Organisation muss wirklich bereit sein, sich zu ändern. Diese intrinsische Motivation ist oft nicht oder nur in Teilen vorhanden. Deshalb sollte eine HR-Transformation Roadmap auch immer durch Change Management begleitet werden.
Eine HR-Transformation Roadmap folgt der Strategie des Unternehmens. Fehlt eine Unternehmensstrategie oder ist diese unklar, muss sie im ersten Schritt klar definiert werden. Eine HR-Transformation Roadmap kann auch der Impulsgeber sein, die Erarbeitung einer Strategie für das gesamte Unternehmen anzugehen.
Unrealistische Ziele
Bei allen Zielen, die sich ein Unternehmen setzt, muss auch hinterfragt werden, ob diese unter einem vertretbaren Einsatz von Unternehmensressourcen erreicht werden können. Und manche Ziele bleiben unerreichbar. Das ist nicht unbedingt immer allen Stakeholdern bewusst. Für eine erfolgreiche Transformation Roadmap ist daher zu ermitteln, welche Ziele ein Unternehmen tatsächlich und sinnvoll erreichen kann. Erst wenn das klar ist, kann darauf hingearbeitet werden.
Die digitale Transformation ist zu Recht ein wichtiges Thema unserer Zeit. Wer dabei den Anschluss verliert, riskiert mindestens den Unternehmenserfolg. Aber: Die Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Es reicht nicht, einfach Prozesse zu digitalisieren. Entscheidend für den Erfolg sind eine ganzheitliche Betrachtung und die Frage nach dem tatsächlichen Nutzen für das Unternehmen.
Mangelnde Akzeptanz durch die Organisation
Um eine Transformation erfolgreich durchzuführen, benötigt sie die Unterstützung durch das Management. Das trägt auch dazu bei, ein Scheitern des Projekts aus "politischen" Gründen oder durch eine "Hidden Agenda" einzelner Stakeholder zu verhindern.
Die Erfahrung zeigt, dass in Unternehmen oft sehr viele Projekte parallel gestartet werden. Das bringt häufig das Problem mit sich, dass finanzielle wie personelle Ressourcen priorisiert werden und eben nicht in ausreichendem Maß für eine Transformation im Bereich HR bereitgestellt werden können. Denn im Gegensatz zu einer Investition in eine Produktionsanlage ist der Return-on-Invest bei einer HR-Transformation eben nicht sofort offensichtlich. Deshalb ist es wichtig, allen Stakeholdern den Ressourcenbedarf von Anfang deutlich zu machen und gegebenenfalls auch einzufordern.
Kein Patentrezept für erfolgreiches Change Management
Wir Menschen sind Gewohnheitstiere. Entsprechend schwer fallen uns meist Veränderungen - besonders wenn diese ein so komplexes Gebilde wie ein Unternehmen und seine Prozesse betreffen. Change Management in Form einer ganzheitlichen Begleitung, die alle Stakeholder und ihre unterschiedlichen Perspektiven mit einbezieht, ist deshalb ein entscheidender Faktor für den Erfolg einer Transformation. Wie bei allen Transformationen gibt es auch bei der HR-Transformation Roadmap kein Patentrezept für erfolgreiches Change Management, da jedes Unternehmen anders ist. Aber es haben sich im Laufe der Zeit einige wesentlichen Faktoren herauskristallisiert, die zu einem Projekterfolg beitragen.
Mitarbeitende für eine Transformation zu begeistern gelingt erfahrungsgemäß nur im Einzelfall. Dennoch ist es wichtig - und auch möglich - ein Projekt positiv emotional zu verankern. Dazu müssen zum einen die durch die Transformation entstehenden Vorteile klar erkennbar sein. Zum anderen sollte eine Projekt-Vision entwickelt werden, die sämtliche Ziele im Detail beschreibt.
Change Agents: Die Erfahrung der Mitarbeitenden nutzen
Die Erfahrung der Mitarbeitenden ist wichtig für das Verständnis von Prozessen. Mitarbeitende wissen, was funktioniert und was nicht - und oft auch warum. Stakeholder aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen bringen unterschiedliche Perspektiven ein. Das macht es einfacher, unterschiedlichen Ansprüchen gerecht zu werden.
Es ist wichtig, die Mitarbeitenden von Anfang an in die Transformation einzubinden und als Change Agents einzusetzen. Diese Mitarbeitenden tragen die Transformation als glaubwürdige Multiplikatoren in die Belegschaft und sorgen dort für die notwendige Akzeptanz.
Großes Hindernis ist die interne Politik
In der Projektrealität scheitern viele Vorhaben an internen Widerständen, zum Beispiel durch interne Politik oder persönliche Befindlichkeiten der beteiligten Stakeholder. Eine sichtbare Unterstützung durch das Management mindert das Risiko eines Scheiterns deutlich.
Fazit: Eine HR-Transformation Roadmap ist ein vielschichtiges Projekt und bedeutet oftmals einen erheblichen Aufwand. Das wirft die Frage der Sinnhaftigkeit auf. Die Antwort hierauf ist eindeutig: Der bereits deutlich spürbare Fachkräftemangel wird sich in den kommenden Jahren aufgrund des demografischen Wandels weiter verschärfen. Unternehmen werden in Zukunft deshalb noch mehr Aufwand betreiben müssen, um die richtigen Talente zu gewinnen und zu halten. Insofern wird es für Unternehmen immer wichtiger werden, einen leistungsfähigen HR-Bereich vorzuhalten.
Die Frage danach, wann der ideale Zeitpunkt ist, diese Transformation zu beginnen, ist ebenfalls einfach zu beantworten: jetzt. Denn der aktuelle Wandel ist rasant und bringt eine unüberschaubare Fülle von gleichzeitigen Veränderungen mit sich - was eine Organisation überfordern kann. Die HR-Transformation Roadmap ist der Weg, dabei den Überblick zu behalten und diesen Wandel bestmöglich zu gestalten.
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