Die Corona-Krise bringt weltweit den Konsum und die Märkte zum Erliegen. Viele IT-Verantwortliche sind von heute auf morgen gezwungen, ihre Kosten zu senken oder zumindest einen Plan für etwaige Korrekturen vorzulegen. Die Management-Beratung McKinsey gibt Hinweise, wie die IT-Macher dabei vorgehen können.
CIOs sollten sich einen detaillierten Überblick über alle IT-Kosten verschaffen. Darin sind Betriebs- und Projektkosten, Aufwände für digitale Initiativen sowie auch die Kosten der unvermeidlichen Schatten-IT zu berechnen - soweit dies möglich ist. Was tragen die jeweiligen Bereiche zu den Gesamtkosten bei? Wie hoch ist der Anteil jener Kosten, die mit dem Geschäftsverlauf mitwachsen oder schrumpfen? Für viele Organisationen ist diese Kalkulation unumgänglich, zumal in den Jahren wirtschaftlicher Stabilität oft wenig darauf geschaut wurde.
Auf der Grundlage der IT-Kostenanalyse können CIOs das Einsparpotenzial ermitteln und herausfinden, wie eine Basis-IT-Versorgung aussehen kann, die sich auf ein Minimum an Services und Fähigkeiten beschränkt. Dafür ist es wichtig, die typischen Kostentreiber zu identifizieren und zu hinterfragen. Braucht es in der Krise die Menge an neuen Endgeräten wirklich oder würden weniger ausreichen? Sind all die aufwändig erstellten Reports noch nötig, wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gedreht haben? Müssen kostspielige Systeme weiterbetrieben werden, wenn nur wenige Nutzer damit arbeiten und der Wert dieser Systeme nie wirklich nachgewiesen wurde?
Sind die möglichen Effizienzmaßnahmen identifiziert, gilt es, sie zu ordnen und sich für die richtigen Schritte zu entscheiden. Dabei stehen Fragen nach dem Geschäftsbeitrag, der schnellen Durchführbarkeit oder auch der "Reversibilität" im Mittelpunkt: Lässt sich eine Maßnahme im Zweifel wieder rückgängig machen? Anschließend erfolgt die schrittweise Umsetzung, bei der Geschäftsprioritäten und -abhängigkeiten im Auge zu behalten sind.
Abfolge und Umfang der Maßnahmen sollten immer wieder an die sich ändernden Geschäftsszenarien während des Abschwungs angepasst werden. Steckt das Unternehmen in existenziellen Schwierigkeiten, muss vielleicht das gesamte Spektrum an Kostensenkungsmöglichkeiten auf einmal und parallel umgesetzt werden - mit den erheblichen Nachteilen, die sich daraus ergeben. Ist die geschäftliche Situation weniger kritisch, reichen erst einmal die naheliegenden Schritte aus. Ob tiefer einzugreifen ist, sollte spätestens nach drei Monaten neu bewertet werden.
Auch Kostensenkungsprogramme kosten Geld. CIOs sollten ermitteln, welche Skills und Mitarbeiter sie dafür brauchen, wie hoch die neu entstehenden Aufwände sind und wie teuer es ist, die Risiken für die Kundenwahrnehmung und den laufenden Betrieb vorab zu ermitteln und zu mindern. Auch müssen die IT-Kostensenkungspläne mit den übergreifenden Krisenplänen der Unternehmen abgestimmt werden - sowohl im Hinblick auf das Sparziel als auch auf einen weiterhin gesicherten und unterbrechungsfreien Geschäftsbetrieb.
Um diese Optionen effektiv nutzen zu können, sollten CIOs, je nach aktueller Geschäftslage, entscheiden, ob sie sich den Einsatz eines übergreifenden Planungsteams leisten können oder wollen, das insbesondere Experten aus Controlling und Risikomanagement, Einkauf, Architektur-Entwicklung und Infrastruktur umfasst. In enger Zusammenarbeit mit den Geschäftseinheiten könnte ein solches Team die Kostensenkungen organisieren und koordinieren.
Aus dem Kreis solcher Teams können dann wiederum Experten für die Umsetzung abgestellt werden, die nicht nur bei der Planung, sondern auch in der Implementierung der Maßnahmen eine Schlüsselrolle spielen. Dazu müssten die Planungsteams allerdings angemessene Ressourcen und Budgets bekommen, ebenso brauchen sie eine weitgehende geschäftsübergreifende Entscheidungsbefugnis. Unerlässlich ist für diese Profis auch ein kurzer Draht zum Vorstand, um Probleme schnell eskalieren und lösen zu können. Auch muss das Planungsteam die Freiheit haben, IT-Ausgaben zu kontrollieren und einzugrenzen.
Laut McKinsey gelten IT-Kosten zwar als Fixkosten, tatsächlich verfügen die meisten Budgets aber über eine "eingebaute Flexibilität", so dass es - bis zu einem bestimmten Level - oft gar nicht so schwierig ist, den Bedarf an veränderte Marktbedingungen anzupassen. Erfahrungen aus der Vergangenheit hätten gezeigt, dass die IT-Kosten um bis zu 30 Prozent reduziert werden könnten, ohne dass Business- und IT-Leistung in der Substanz gefährdet würden. Manche Einschnitte könnten sofort unternommen werden, andere bedürften Vertragsanpassungen und Veränderungen an den IT-Betriebsmodellen.
IT-Unterstützung flexibel reduzieren
Relativ schnell möglich ist es demnach, das Projektportfolio zurechtzuschneiden, externe Auftragnehmer zu beurlauben, Hardware-Anschaffungen einzufrieren oder das Niveau der Service-Levels zu senken. Etwas anspruchsvoller ist das Stilllegen wenig genutzter Systeme, die Kapazitätsbegrenzung von Entwicklungsumgebungen oder die Reduzierung des Vor-Ort-Supports.
Viele CIOs sind längst dabei, diese und weitere Maßnahmen umzusetzen. Laut McKinsey kommen sie aber erst dann einen entscheidenden Schritt weiter, wenn sie sich mit den Geschäftsbereichen vernetzen, dort die veränderten Bedarfe erheben und verstehen, wo sich die IT-Unterstützung reduzieren lässt. McKinsey berichtet von einem Unternehmen, das seine IT-Kosten innerhalb von sechs Monaten um 20 Prozent gesenkt habe, indem es nur Wartung und Support einschränkte und die Vor-Ort- auf eine Remote-Unterstützung umstellte. Das Projektportfolio sei nicht berührt worden, es hätten auch keine Verträge neu verhandelt werden müssen.
Die Berater empfehlen auch, das Entgegenkommen mancher IT-Anbieter und Dienstleister während der Krise konsequent zu nutzen, Verträge nachzuverhandeln und den eigenen Bedarf gegebenenfalls anzupassen. Auch lohne sich das Vertragsstudium: Einige Lieferantenverträge enthielten Klauseln, die eine schnelle Reduzierung von Dienstleistungen ermöglichten - oft innerhalb von drei bis sechs Monaten. "As-a-Service"-Technologien wie Infrastructure as a Service (IaaS) oder Platform as a Service (PaaS) könnten in ausgewählten Bereichen innerhalb von drei bis sechs Monaten eingerichtet und wirksam werden.
Wenn die schnellen Maßnahmen nicht ausreichen, wird es für CIOs schwieriger und unangenehmer: Sie müssen in geschäftsunterstützende Funktionen eingreifen, indem sie Systeme stilllegen, die Infrastrukturkapazität reduzieren oder das Projektportfolio zurechtstutzen. Hier sind laut McKinsey weitere Einsparungen von 20 Prozent drin, wenngleich die Widerstände wachsen werden. Zudem müssen viele dieser Maßnahmen in der Regel später wieder rückgängig gemacht werden, da sie so drastisch sind, dass sie nur kurzfristig helfen, langfristig aber die Krise vertiefen und verlängern können.
Laut McKinsey kommt es mehr denn je auf den CIO an, wenn Unternehmen sparen, gleichzeitig aber möglichst stark aus der Krise herauskommen wollen. Ein Erfolgsrezept liege darin, eng mit den Geschäftseinheiten zusammenzuarbeiten und die betrieblichen Kosten, etwa durch Prozessautomatisierung, zu senken. Ebenso kann die IT das Business intensiv auf der Umsatzseite unterstützen, indem digitale Verkaufskanäle neu erschlossen und die vorhandenen verbessert werden. Einsparungen könnten sich für IT und Business auch ergeben, wenn die Anwendungslandschaft rationalisiert und modernisiert werde.
Vier Handlungsfelder für den CIO
Grundsätzlich empfehlen die Berater den CIOs, folgende Handlungsfelder zu priorisieren:
Stellen Sie vor allem solche Anwendungen, Backbone-Systeme und Infrastruktur bereit, mit denen sich die Kontakte zu Kunden und Lieferanten in Online-Kanäle verlagern lassen.
Transformieren Sie Teile Ihrer IT-Architektur, um flexibler zu werden und den Anteil der fixen Betriebskosten zu senken. Cloud-Lösungen und die Modernisierung von Legacy-Anwendungen sind ein Schlüssel - wenngleich die Cloudifizierung von Altanwendungen oft ein Jahr und mehr in Anspruch nehme.
Geschäftsprozesse sollten, wann immer möglich, automatisiert werden. Softwareroboter und KI-Systeme sind hier die Schlüssel für eine neue Generation von unterstützenden Werkzeugen.
Intensivieren und verbessern Sie das Remote Working. Es wird zu einem Standard werden, dass größere Teile der Belegschaft mobil arbeiten, sofern Ihr Unternehmen diese Menschen vernünftig betreut und ausstattet. Vor allem gilt es, eine stabile und besonders sichere Infrastruktur für den Fernzugriff zu schaffen.