Analysten-Kolumne

SOA - Totgesagte leben länger

11.03.2009 von Melanie Mack
Anfang des Jahres war in Analystenkreisen bereits vom "Tod von SOA" die Rede. Trotz Wirtschaftskrise bleiben Service-orientierte Architekturen aber ein Wachstumstreiber. Einige Trends werden im SOA-Umfeld immer wichtiger: Event Driven Architecture, Business Rules Management, Web 2.0 sowie Business Intelligence und Open Source.
PAC-Analystin Melanie Mack: "Mit SOA kann und sollte man schnell auf Veränderungen bezüglich Nachfrage, Regularien und Organisation IT-seitig reagieren."

SOA wird langfristig den Markt treiben, weil die Vorteile überwiegen. Der SOA-Markt ist reifer geworden, was sich nicht zuletzt an der Vielzahl neuer SOA-Projekte zeigt. Deswegen rechnet PAC auch mit einem soliden mittel- bis langfristigen Wachstumspotenzial.

Der Einsatz von SOA entwickelt sich zunehmend hin zur Normalität, was sich auch darin widerspiegelt, dass immer mehr Produkte "SOA-fähig" sind. Waren die Investitionen vor ein bis zwei Jahren noch rein von Technologie getrieben, so steht heute immer öfter das Business im Vordergrund.

Generell ist zu beobachten, dass Unternehmen in einer Krise relativ zögerlich mit Investitionen umgehen und eher Projekte mit kurzfristigem ROI durchführen. Großvolumige Projekte, die natürlich SOA-Projekte einschließen, stehen generell zunächst einmal auf dem Prüfstand. Dies kann dazu führen, dass das große "Projekt SOA" mit kleineren Initiativen angegangen oder eventuell sogar auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird.

Organisationen, die eher konservativ agieren und noch keine SOA-Initiative geplant haben, werden aller Voraussicht nach diesen Schritt auch in nächster Zukunft nicht wagen. Unternehmen, die bereits SOA-Projekte am Laufen haben, werden trotz Krise eher dazu tendieren mit diesen fortzufahren.

Neue SOA-Projekte bei Media Saturn und Esco

In Deutschland wurden in den vergangenen Monaten sogar einige neue SOA-Projekte gestartet: Media Saturn setzt beispielsweise ab sofort Produkte von Tibco ein. Und der Salzlieferant Esco, ein Tochterunternehmen von Kali & Salz, errichtet ein Kundenportal errichtet und integriert dabei ihre SAP CRM- und SAP ERP-Anwendungen über Web Services in eine Web-Oberfläche integriert hat.

Alle Branchen führen eine SOA ein

Service-Orientierung findet sich in allen Branchen, wobei jedoch Banken und Telekommunikationsgesellschaften zu den Pionieren zählen. Beide Branchen hängen sehr stark von IT ab, die Treiber variieren allerdings. Banken könnten von SOA profitieren, unter anderem weil derzeit viele mit ihren Altsystemen kämpfen und deshalb vor der Entscheidung stehen, neue Lösungen wie SAP einzuführen bzw. auch einzelne Anwendungen auszulagern. Bekannte Referenzen wären hier die Deutsche Bank, die ihren Kernprozess Privatkundengeschäft Service-orientiert gestaltet. Aber auch Credit Suisse, die schon vor Jahren begonnen hat, ihre IT-Landschaft flexibler zu gestalten.

Bei Telekommunikationsgesellschaften verhält es sich etwas anders. Hier ist die größte Herausforderung die Dynamik des Marktes - Stichwort "Time-to-Market". Besonders in der Festnetz-Sparte wandern Kunden massenhaft ab. Als wichtige Referenz wäre hier die Deutsche Telekom zu nennen.

Auch die Automobilindustrie sowie die diskrete Fertigungs- und Prozessindustrie können von SOA profitieren. Hier liegen die Herausforderungen eher im Bereich Collaboration und Global Supply Chain. Ein bekanntes Projektbeispiel wäre hier Daimler, die ihre Vertriebsprozesse mit SOA optimiert.

SOA ist nicht nur was für Großunternehmen

Grundsätzlich bietet sich SOA für Großunternehmen besonders an, da diese tendenziell komplexe IT-Landschaften zu managen haben. Nichtsdestotrotz wird das Thema auch für mittelständische Unternehmen zunehmend interessant, da sie ebenfalls von den SOA-Vorzügen profitieren können und wollen: Kostensenkung, Steigerung der Effizienz und Flexibilität, stärkeres Business-IT-Alignment und schnellere Time-to-Market. Auf Grund der Tatsache, dass sie teilweise noch auf der "grünen Wiese" beginnen können, werden oftmals weniger Zeit und Aufwand für die Implementierung einer Service-orientierten Architektur benötigt.

Die Schwerpunkte im SOA-Umfeld

PAC hat verschiedene Trends rund um SOA identifiziert, die immer wichtiger werden. Anwender benötigen zunehmend eine integrierte Middleware-Plattform, die eine Vielzahl an Funktionen und Tools umfasst. Im Kontext von SOA erscheinen die folgenden Themen besonders wichtig: Event Driven Architecture (EDA), Business Rules Management Systems (BRMS), Web 2.0, Business Intelligence (BI) und Open Source.

1. Event Driven Architecture (EDA) beschäftigt sich mit der Verwaltung von Ereignissen und verhilft Unternehmen auf diese Weise zu mehr Flexibilität. PAC sieht EDA als eine Art Erweiterung einer SOA, wobei hier die Grenzen fließend sind. Aus Branchensicht sieht PAC besonders im Bereich Telekommunikation, Banken und Logistik einen verstärkten Bedarf. Anbieter wie beispielsweise TIBCO, IBM und Oracle haben bereits die Verwaltung von Events in ihr Produktportfolio integriert.

2. Business Rules Management Systems (BRMS) gewährleisten eine Zentralisierung der Geschäftsregeln, wobei die Geschäftslogik/Geschäftsregeln von der Programm- und Prozesslogik getrennt werden. Die Pflege der Geschäftsregeln wird vereinfacht, was wiederum dazu führt, dass diese Tools zu einer Erhöhung der Flexibilität und Agilität von Unternehmen beitragen. Mittlerweile ist IBM durch die Übernahme von Ilog ein wichtiger Anbieter im Bereich BRMS.

3. Web 2.0-Technologien wie beispielsweise Blogs, Wikis oder Mashups finden langsam vermehrten Einsatz in Unternehmen. Auf der Präsentationsschicht (Portal) ergänzen sie geradezu ideal Service-orientierte Architekturen, da sie sich problemlos integrieren lassen. Hersteller wie IBM und Microsoft haben Web 2.0-Technologien bereits seit einiger Zeit in Produkte integriert.

4. Business Intelligence (BI) befasst sich vorrangig mit Daten - bei SOA um Services bestehend aus Daten und Geschäftslogik. In den Unternehmen trifft BI mehr und mehr auf Service-orientierte Architekturen, was die Unternehmen vor die Herausforderung stellt, BI und die darunterliegenden Data Warehouses in eine SOA einzubetten.

5. Open-Source-Software wird auch vor dem Segment SOA-Software nicht Halt machen. PAC geht davon aus, dass quelloffene SOA-Software eine Alternative zu kommerziellen Anbietern wird. Als Argumente für Open Source werden sehr oft die verringerte Abhängigkeit von herstellerspezifischen Lösungen, geringere Lizenzkosten sowie die Veränderbarkeit des Source Codes aufgeführt. Als Anbieter können hier Red Hat (Jboss), Progress mit der Akquisition von IONA Technologies und SOPERA genannt werden.

SOA ermöglicht mehr Flexibilität

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Krise auch immer eine Chance birgt, bisher unangetastete Bereiche in Angriff zu nehmen. Flexibilität und die Fähigkeit, schnell auf Veränderungen bezüglich Nachfrage, Regularien und Organisation reagieren zu können, stellen Unternehmen vor eine ernstzunehmende Herausforderung. Mit SOA kann und sollte man dieser Herausforderung IT-seitig begegnen.

Weitere Informationen zum Markt für Service-orientierte Architekturen finden Sie in PACs aktueller Studie "Service-Oriented Architecture (SOA) Germany 2007-2012".

Melanie Mack ist Consultant für Infrastruktur-Software und Tools bei PAC München.