Während das Konzept der Service Orientierten Architekturen, im Umfeld von ERP-Standardsoftware und operativen Systemen laut Gartner bereits den "Höhepunkt der überzogenen Erwartungen" erreicht hat ("SOA bedeutet den Tod von ERP") und bereits SOA 2.0 propagiert wird, war das Thema in der BI-Community lange Zeit nicht präsent. In den vergangenen zwei Jahren wurde das Schlagwort SOA dann aber von nahezu allen Herstellern von BI-Werkzeugen gleichzeitig aufgegriffen. Die Idee einer Service Orientierten (BI-) Architektur wurde zur zentralen konzeptionellen Basis für die Weiterentwicklung der BI-Suiten von Herstellern wie Arcplan, Business Objects, COGNOS bis ORACLE, SAP bis hin zu SAS. Mit SOA soll sich nicht nur die Interaktion der einzelnen Werkzeugkomponenten eines Herstellers wie beispielsweise das Zusammenspiel von Planung und Reporting verbessern, es wird auch versprochen, dass sich für den Anwender eine Vielzahl von Vorteilen in Bezug auf Flexibilität, Kosteneffizienz und Investitionssicherheit ergeben.
Viele der Heilsversprechen von SOA erinnern doch sehr an den Hype um Geschäftsprozesse, Workflow oder auch Objektorientierte Architekturen vor zehn bis 15 Jahren. Kritische Stimmen weisen zu Recht auf die Probleme hin: Angefangen bei den Schwierigkeiten, den Return on Investment einer SOA zu rechnen, über offene Fragen zu SOA-Governance bis hin zu Spaghetti-SOA und Problemen bei Qualität und Performance. So passt es ins Bild, dass aktuell weniger als zehn Prozent der Unternehmen im Thema SOA wirklich aktiv sind.
Wird SOA als rein technische Disziplin und nicht als Management-Prozess verstanden, ist die Gefahr in der Tat groß, damit zu scheitern. Aber es wäre fatal daraus den Schluss zu ziehen, dass man die SOA-Welle beruhigt ausrollen lassen könnte, um auf die nächste Welle zu warten. Denn die Probleme, die SOA adressiert, existieren in fast allen Unternehmen und sind seit vielen Jahren ungelöst: Monolytische, unflexible Anwendungssysteme, die die Geschäftsprozesse ungenügend bis gar nicht unterstützen.
Was aber bedeuten Service Orientierte Architekturen für Business Intelligence?
Die Verbindung von Business Intelligence und Geschäftsprozess-Management verspricht einen Paradigmenwechsel mit enormem Potenzial für die Firmen. Höhere Reaktionsgeschwindigkeit auf Marktveränderungen, weniger Reibungsverlust bei Prozessumstellungen oder schnelleren Return on Investment.
Ein flexibles Geschäftsprozess-Management basiert dabei idealerweise auf Active beziehungsweise Real Time Data Warehouse-Lösungen, die in einer Service-Orientierten Architektur eingebettet sind. Darauf setzt Corporate-Performance-Management (CPM) zur unmittelbaren Messung des Geschäftserfolgs auf. Den professionellen organisatorischen Rahmen schafft eine BI-Service-Organisation nach Standards wie ITIL. Als Ergebnis entsteht ein geschlossener Kreislauf aus Analyse, Planung und Steuerung.
Soweit die Theorie. In der Praxis spielt das Thema Real Time Data Warehouse für weniger als ein Drittel der Unternehmen eine Rolle, wie in den Studien biMA 2004 und biMA 2006 von Steria Mummert Consulting festgestellt wurde. Für Active Data Warehouse, das heißt dem automatischen Anstoßen von Geschäftsprozessen durch das BI-System, interessieren sich nur zehn Prozent der befragten Firmen. Eine konsequente Umsetzung einer BI-Lösung mit SOA ist im Moment noch die absolute Ausnahme und wird auch nur von sieben Prozent der Unternehmen geplant.
SOA bietet Chancen gerade für die BI
Neben dem strategischen Ansatz für die Zusammenführung von SOA und BI gibt es aber auch ganz pragmatische Wege, die Vorteile einer Service-Orientierten Architektur für BI zu nutzen. Ein Anwendungsbereich ist Reporting: bei Standard-BI-Werkzeugen muss der (Fach-)Anwender wissen, wo die Daten liegen und wie sie anzusprechen sind. SOA-BI-Services sind dagegen Metadaten-gesteuerte Zugriffe auf semantischer Ebene. Die Informationen werden fachlich identifiziert und damit entkoppeln sie Datenspeicherung und Datenverwendung. Objekte mit standardisierter Zugriffslogik sind in einer BI-SOA-Welt Kennzahlen, die über das Service Repository angesprochen werden. Das erleichtert auch verteilte Datenhaltungs-Szenarien und vereinfacht die Verwaltung von Rollen und Verantwortlichkeiten.
Letztlich steigt die Flexibilität bei der Auswahl der Front End-Tools. So sind nicht mehr nur dedizierte BI-Tools nutzbar, sondern beispielsweise auch eine Portal-Software, die auf die BI-Services zugreift. Die Anforderungen an die Umsetzung sind in diesem Szenario allerdings hoch: Die Service-Architektur entkoppelt den Service-Ersteller vom Service-Nutzer. Sie setzt dabei voraus, dass die Semantik der Services, wie zum Beispiel die Bedeutung der Kennzahlen, sauber definiert, die Zuverlässigkeit der Daten gewährleistet ist sowie Sicherheitsfragen wie Zugriffsberechtigungen gelöst sind.
Es bleibt am Ende die Aufgabe, mit konstruktiv kritischem Blick die Marketing-Botschaften zu relativieren und sich auf die Chancen zu konzentrieren, die SOA auch und gerade für BI bietet. BI muss raus aus der Ecke eines passiven "Berichtsgenerators" und durch die Einbindung in Geschäftsprozesse zum aktiven Werttreiber im Unternehmen werden. SOA kann und wird auf diese Weise ein Schlüssel zum Erfolg sein.
Joachim Philippi ist Senior Executive Manager bei der Unternehmensberatung Steria Mummert Consulting AG.