Trau keinem Standard, den Du nicht selbst gesetzt hast - nach diesem Motto scheinen die meisten Unternehmen Software zu entwickeln. Das legt zumindest die Studie "Software Quality Models in Practice" nahe, für die die Technische Universität München (TU) 125 Entscheider aus Deutschland und Österreich befragt hat. Ergebnis: 70 Prozent arbeiten mit einem unternehmenseigenen Qualitätsmodell.
Insgesamt 58 Prozent nutzen außerdem Quality Gates (Meilensteine im Projektverlauf), 43 Prozent Defect Classification (Modell zur Fehlerklassifikation). Danach wird es dünn. Den aktuellen Standard ISO 9126 verwenden nur 28 Prozent. Den noch im Aufbau befindlichen Nachfolger ISO 25000 setzen vier Prozent ein.
87 Prozent der Entscheider nehmen Anpassungen an den Qualitätsmodellen vor. Laut TU München wird das aber "in üblichen Qualitätsmodellen kaum unterstützt".
Auf die Frage, wie zufrieden die Unternehmen mit ihren Qualitätsmodellen sind, erhielten die Forscher denn auch laue Antworten. Auf einer Skala von Eins ("sehr unzufrieden") bis Zehn ("sehr zufrieden") gruppieren sich rund sechzig Prozent der Antworten auf den Rängen sechs bis acht.
Bessere Noten vergeben nur 15 Prozent. Schlechtere Bewertungen verteilen 18 Prozent.
Manfred Broy, Informatik-Professor an der TU München, kommentiert: "Offensichtlich genügen die jetzigen Normen nicht. Die Unternehmen vertrauen stärker ihren eigenen Modellen." Und weiter: "Die bestehenden Standards sind zu starr, sie lassen sich zu wenig auf die individuellen Notwendigkeiten anwenden."
TU München wirbt für eigenes Qualitätsmodell
Das will Broy ändern. Darum dient die Studie nicht nur der hehren Wissenschaft, sondern der Professor trommelt für sein Projekt Quamoco: Gemeinsam mit Industrieunternehmen erarbeitet das Projekt selbst ein Qualitätsmodell, das "leicht auf unternehmensspezifische Bedürfnisse anpassbar sein wird", wie Broy verspricht. Ehrgeiziges Ziel: Das Etablieren eines neuen, allgemein akzeptierten Standards.
Mit im Boot sitzen SAP, Siemens, Capgemini sd&m und Itestra. Außerdem arbeitet das Fraunhofer-Institut für experimentelles Software-Engineering mit. 2012 soll das Projekt abgeschlossen sein.