Es gibt immer mehr Gelegenheiten, Softwarelizenzen gebraucht zu kaufen. Doch das ist nach wie vor eine wagemutige Investition: Zwar spart ein CIO gegenüber Listenpreisen erheblich, er riskiert aber eine lizenzrechtliche Auseinandersetzung mit dem Softwarehersteller. Im schlimmsten Fall darf er die Software nicht einsetzen und muss Schadenersatz leisten.
Die Rechtslage beim Gebrauchterwerb war noch nie eindeutig. Allerdings hatte der Bundesgerichtshof schon im Jahr 2000 Grundprinzipien aufgestellt: Danach dürfen Anwender ihre Standardsoftware verkaufen, wenn sie die Software samt Originaldatenträgern weitergeben, der Verkäufer keine Kopien zurückbehält und der Käufer die Lizenzbedingungen anerkennt.
Weiterverkaufsverbote in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Softwareherstellers verhindern in diesen Fällen den Verkauf nicht: Sie sind unwirksam, weil sie das Grundprinzip der freien Übertragbarkeit des Kaufgegenstandes aushebeln. Das gilt aber nicht für andere Einschränkungen in den AGB wie etwa Klauseln, die die Softwarenutzung zeitlich begrenzen oder auf bestimmte Prozessortypen beschränken.
Die Bewertung kann schon wieder anders ausfallen, wenn es sich bei den ursprünglichen Lizenzbedingungen nicht um Standardbedingungen, sondern um individuell ausgehandelte Klauseln handelt. Sie können dem Lizenzinhaber den Weiterverkauf verbieten. Noch schwieriger wird es, wenn der ursprüngliche Käufer die Software gar nicht gekauft, sondern über ein Mietmodell erhalten hat: Dabei wird ihm die Software zeitlich befristet und gegen Lizenzgebühren überlassen. Ein Weiterverkauf der Software ist dann unzulässig, und Weitergabeverbote sind auch in den AGB wirksam. Schon nach der Rechtsprechung im Jahre 2000 war also die Frage nach der Weiterübertragbarkeit von Softwarelizenzen nicht pauschal, sondern nur für den Einzelfall und mit Kenntnis der jeweiligen Lizenzverträge zwischen Verkäufer und Hersteller zu beantworten.
Verunsicherung weiter gestiegen
Im Sommer 2006 ergingen zwei neue Urteile. Das Landgericht Hamburg folgte dabei dem Grundsatz des Bundesgerichtshofs: Danach ist es auch ohne Zustimmung des Herstellers möglich, mit einzelnen Softwarelizenzen zu handeln, die zuvor der Anbieter mit Volumenlizenzverträgen abgegeben hat. Das Gericht hielt es nicht einmal für erforderlich, dass die Masterkopie der Software mit den Lizenzen weiterverkauft wurde. Anders urteilte das Oberlandesgericht München: Es sah den Handel mit Lizenzen für online vertriebene Software als rechtswidrig an. Allerdings zielte die Begründung stark darauf ab, dass die Software beim Weiterverkauf der Lizenzen nicht auf Datenträgern mit übergeben wurde, sondern vom Hersteller über das Web heruntergeladen werden musste.
Mehr Klarheit haben diese Entscheidungen nicht gebracht. Vielmehr wurde neben der ohnehin schon komplexen Unterscheidung zwischen Kauf- und Mietsoftware sowie Standard- und Individualverträgen noch der Vertriebsweg der Software (Datenträger oder Download) als Kriterium eingeführt. Die Rechtmäßigkeit des Kaufs gebrauchter Lizenzen muss daher jeder CIO im Einzelfall prüfen – insbesondere den ursprünglichen Vertrag zwischen Lizenznehmer und Hersteller. Das geringste Risiko besteht für den Käufer nach aktueller Rechtslage: wenn es sich um Standardsoftware handelt, der ursprüngliche Lizenznehmer die Software eindeutig gekauft und nicht gemietet hat und die Software auf einem Datenträger übergeben wird. Um das Risiko weiter zu minimieren, kommt eine Garantie des Software-Weiterverkäufers in Betracht. Damit gewährleistet er, dass er die Lizenzen frei übertragen darf und dass der Nutzung der Lizenzen keine Rechte Dritter – insbesondere des Softwareherstellers – entgegenstehen. Damit sichern CIOs zwar nicht den rechtmäßigen Erwerb, verbessern aber ihre Rechtsposition.
Absolute Rechtssicherheit wird es aber beim Kauf gebrauchter Softwarelizenzen in naher Zukunft nicht geben. Nach der für Anfang 2007 angekündigten Berufungsentscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg über das Urteil des Landgerichts Hamburg ist auch noch mit einer Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs im Hinblick auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts München zu rechnen. Dass diese aber über den Einzelfall hinaus alle wesentlichen Aspekte des Handels mit gebrauchten Softwarelizenzen festlegen wird, darf bezweifelt werden.
Florian Schmitz und Stefan Laun sind Rechtsanwälte der Sozietät Clifford Chance.