Cloud Sourcing

Sourcing Advisor müssen sich neu erfinden

27.08.2015 von Carlo Velten
Spezial-Know-How hinsichtlich des Service- und Leistungsspektrums sowie der Preismodelle der jeweiligen großen IT Service- und Outsourcing-Provider machte die „Sourcing Advisor“ auf beiden Seiten des Teichs zu begehrten Beratern. Doch die Tage der hohen Tagessätze und des klassischen IT Sourcing Advisory sind gezählt.

30 Jahre Erfahrung im Outsourcing, dezente Garderobe und ein breites Netzwerk in die Organisationen von IBM, HP, Accenture & Co. Das war lange Jahre das klassische Profil der sogenannten "IT Sourcing Advisor". Diese spielten als Makler, Vermittler und "Influencer" in den vergangenen 20 Jahren eine wesentliche Rolle in den IT-Planungs- und Beschaffungsprozesse der großen IT-Anwenderorganisationen und IT-Abteilungen. Konnte man als Provider doch über die Sourcing Advisor in den einen oder anderen Deal einsteigen oder als IT-Anwender seine Beschaffungs- und Ausschreibungsprozesse abkürzen. Heute sieht es anders aus.

Cloud Computing macht IT-Leistungen transparenter

Im Zeitalter des Cloud Computing wird die Erbringung von Rechenleistung immer transparenter. So bieten Cloud Infrastruktur Provider - vom globalen Player bis zum lokalen IaaS-Provider - ihre Services über standardisierte Schnittstellen und zu weitgehend standardisierten Preisen an. Buchbar über verschiedene T-Shirt-Sizes (l, XL, XXL) virtueller Maschinen oder nach vorab definierter Rechenleistung in CPU-Leistung pro Stunde oder Monat.

Herausforderungen und Risiken beim Sourcing und Externen-Management
Herausforderungen und Risiken beim Sourcing und Externen-Management
Viele Unternehmen haben erkannt, dass im Bereich Dienstleistungs-Einkauf jede Menge Optimierungspotenzial schlummert, und entsprechend groß ist das Interesse an konkreten Lösungsansätzen. Folgende Punkte sollten Sie dabei im Auge behalten
Scheinselbständigkeit
Scheinselbständigkeit und Arbeitnehmerüberlassung zählen zu den permanenten Risiken beim Einkauf externer IT-Dienstleister, die unter anderem hohe Nachzahlungen an Sozialversicherungen nach sich ziehen können. Manche Vermittler begnügen sich mit Unbedenklichkeitsbescheinigungen, andere Anbieter beraten Auftraggeber und Dienstleister über rechtliche Risiken und erarbeiten Lösungsmöglichkeiten.
Netzwerkoptimierung und Partnerentwicklung
Durch Portfolioanalysen wird das eingesetzte Netzwerk überprüft und die Sourcing-Strategie nachjustiert. Ziel ist es, die IT-Projekte richtig zu besetzen, die passenden Anforderungsprofile zu ermitteln sowie mögliche Überqualifizierung zu vermeiden. Auf diese Weise lassen sich das Lieferantennetzwerk und die eingesetzten Berater kontinuierlich verbessern, um den passenden Berater und Service für die angeforderte Leistung zum besten Preis zu ermitteln. Ein weiteres Ziel ist in diesem Kontext die Weiterentwicklung von Dienstleistern zu Partnern.
Maßgeschneidertes Netzwerk
In großen Unternehmen, die ihr Externen-Management noch nicht optimiert haben, arbeitet der Einkauf oft mit mehreren hundert dezentral beauftragten Lieferanten. Eine Konzentration auf ein maßgeschneidertes strategisches Netzwerk ermöglicht große Optimierungseffekte.
Sourcing-Strategie
Nachhaltige Verbesserungen des Externen-Managements erfordern die Entwicklung einer Sourcing-Strategie. Hier stehen Fragestellungen im Vordergrund wie die, welche Aufgaben über externe Dienstleistungen erbracht werden oder welche Dienstleister für welche Themen eingesetzt werden.

Das Angebot an lokalen, europäischen und globalen IaaS-Anbietern hat sich in den letzten 5 Jahren allerdings von rund 30 auf derzeit mehr als 700 IaaS-Providern mehr als verzwangzigfacht. Das macht den Vergleich und die Auswahl der Provider nicht gerade leichter. Denn neben der Kernleistung müssen weitere Merkmale wie Verfügbarkeit relevanter OS und Technologien, RZ-Standorte oder SLAs evaluiert werden, um die verschiedenen Angebote vergleichbar zu machen.

Hierzu muss man die Service-Kataloge der relevanten IaaS-Provider nicht nur kennen, sondern sollte im Idealfall auch schon einmal auf deren Cloud-Plattformen entwickelt und Anwendungen betrieben haben. Somit müssen Sourcing Advisor ihr Skill- und Beratungs-Spektrum deutlich erweitern, um auch zukünftig wertstiftende Beratungsleistungen für die IT-Organisationen der großen Unternehmen erbringen zu können.
Denn diese beginnen derzeit in einem nie geglaubten Tempo ihre Web- und Unternehmens-Workloads auf IaaS-Plattformen zu verlagern. Und zwar maßgeblich auf diejenigen, die sich als Public Cloud klassifizieren lassen.

Während in den letzten drei bis fünf Jahren, gerade im deutschsprachigen Markt, die Datenschutz- und Compliance-Debatte für verstärkte Private Cloud-Implementierungen gesorgt hat, so shiften derzeit die Unternehmen ihren Fokus auf die Public Cloud. Der Impuls und das Budget kommen aus den Initiativen, die im Kontext der "digitalen Transformation" gestartet werden. Diese haben Rückendeckung von der Vorstandsebene beziehungsweise werden durch diese angestoßen, getrieben und finanziert. So haben mittlerweile viele Unternehmen verstanden, dass die Digitalisierung der internen Prozesse und Geschäftsmodelle eine grundlegende Bedingung für die langfristige Existenz des eigenen Unternehmens ist.

Cloud Marktplätze und Ökosysteme erleichtern die Vergleichbarkeit

Cloud Marktplätze, wie zum Beispiel Deutsche Börse Cloud Exchange, aber auch die Cloud-Ökosysteme der großen Cloud Provider spielen eine maßgebliche Rolle hinsichtlich der Planung, Beschaffung und Integration von externen Cloud-Diensten. Denn Marktplätze führen nicht nur relevante und "lieferfähige" Cloud Provider auf, sondern ermöglichen auch eine Vergleichbarkeit hinsichtlich Preisen und Leistungsmerkmalen.

Foto: Crisp Research AG

Im Idealfall erfolgen eine qualifizierte Bewertung von Seiten des Marktplatzbetreibers sowie die Möglichkeit, Provider nach eigenen Evaluierungskriterien zu filtern und auszuwählen. So verlagern sich die klassischen Aufgaben des IT Sourcing Advisors in die Cloud und werden zum Self Service-Feature für den Anwender. Hinzu kommt, dass somit ein Großteil des Prozesses "digitalisiert" wird und Anwender und ihre Berater nicht riesige Excel-Sheets in zig Versionsständen aktualisieren und verwalten können. Cloud-Vergleich auf Knopfdruck sozusagen.

Skills für Umsetzung und Architektur - nicht über Preise und SLAs

Im Rahmen der digitalen Transformation beginnen Großunternehmen und Mittelständler ihre Prozesse zu verschlanken und software-basiert abzubilden. Um Cloud-Plattformen hierfür effektiv einsetzen zu können und agile Entwicklungsmethoden sowie DevOps-Ansätze zu unterstützen, ist seitens der Berater zukünftig vielmehr "hands on"-Know-How gefordert.

Unternehmen benötigen weniger Informationen über Preise, SLAs oder RZ-Standorte der Provider. Denn diese kann man bequem auf der Website erfahren oder sich auf einem Marktplatz oder Vergleichs-Website anzeigen lassen. Vielmehr sind Cloud-Architekten und Software-Entwickler gefragt, die sich mit der Konzeption und "Programmierung" der neuen Cloud-Infrastrukturen auskennen.

Doch dieses Know-How ist rar gesät und ist meist nur in Kombination mit Wissen und Erfahrung im Bereich IT-Strategie für die neuen Cloud-Anwender "verdaulich". Denn wenn Developer ungefiltert auf IT-Einkaufsleiter treffen, muss dies keine konstruktive Kombination sein. So werden sich in den kommenden Jahren wohl neue Formen der IT-Sourcing-Beratung etablieren, die einen neuen Mix aus Entwicklungs- und IT-Strategie-Know-How abdecken.

Architecture Advisory als neues Wachstumsfeld

Die Frage, wie sich komplexe und hybride Cloud- und IT-Landschaften konzipieren, aufbauen und betreiben lassen, beschäftigt derzeit die Unternehmen. Der "Cloud Architekt" wird somit zur Hauptfigur in einer digitalisierten Welt, die ihre Innovations- und Rechenkraft maßgeblich aus den großen Cloud-Plattformen bezieht. Aus dem traditionellen "Sourcing Advisory" wird somit eine "Architecture Advisory".