Sollte es in diesen Tagen in der neuen Formel-1-Fabrik in Neuburg an der Donau etwas ruhiger zugehen, liegt das höchstens an den Herbstferien im Freistaat Bayern. Längst ist das mehrere 100 Millionen Euro schwere Projekt von VW-Tochter Audi angerollt. Längst wird zielgerichtet auf den Einstieg zur Saison 2026 mit einem eigenen Werksteam nach der Übernahme des Schweizer Traditionsrennstalls Sauber hingearbeitet, auch vor dem rund 10.000 Flugkilometer von Ingolstadt entfernten Großen Preis von Brasilien in Interlagos. Immer wieder kommen aber Gerüchte auf, Audi werde doch nicht einsteigen wie geplant.
Selbst die jüngste Ansage von Jürgen Rittersberger wird daran bemerkenswerterweise wohl erstmal nicht viel ändern. "Wir haben eine klare Entscheidungslage bei uns im Vorstand und im Aufsichtsrat", sagte der Vorstand der Audi AG für Finanzen, Recht und IT unlängst bei einem Treffen mit Wirtschaftsmedien zur Veröffentlichung von Finanzzahlen der Marke.
Einstieg soll laut Rittersberger kommen
Demnach steigerte Audi in den ersten neun Monaten den Absatz um 16 Prozent auf 1,4 Millionen Fahrzeuge und verkürzte damit den Rückstand auf die Konkurrenten BMW und Mercedes-Benz, der Umsatz stieg um 13 Prozent auf 50,4 Milliarden Euro, das Betriebsergebnis fiel jedoch um 26 Prozent auf 4,6 Milliarden Euro und der Gewinn nach Steuern von 5,8 auf 4,5 Milliarden Euro. Im Zusammenhang mit der Formel 1 betonte Rittersberger: "Wir halten an unseren Zeitplänen für den Einstieg in 2026 fest. Es gibt dazu keine andere Entscheidung."
Eine Entscheidung, die im August 2022 mitgeteilt wurde - im passenden Rahmen. Das Formel-1-Wochenende im belgischen Spa-Francorchamps hatten sich die Verantwortlichen ausgesucht. Mit dabei der Formel-1-Geschäftsführer Stefano Domenicali, der Präsident des Internationalen Automobilverbandes FIA, Mohammed ben Sulayem, und neben Oliver Hoffmann, Vorstand für Technische Entwicklung, vor allem Markus Duesmann, damals der Vorsitzende des Vorstands der Audi AG.
Formel 1 nicht "aus Jux und Dollerei"
"Mit dem neuen Reglement ist für uns genau jetzt der richtige Zeitpunkt für den Einstieg", betonte er bei der damaligen Pressekonferenz - 2026 will die Formel 1 mit einer Motorenreform einen weiteren großen Schritt in Sachen Nachhaltigkeit machen. Duesmann sagte später noch, dass Audi die Formel 1 "nicht aus Jux und Dollerei" machen wolle, sondern um zu zeigen, "was wir können. Der olympische Gedanke, nur dabei sein zu wollen, trägt uns nicht". Selbst über seinerzeit noch nicht stattgefundene Gespräche mit Mick Schumacher sprach Duesmann schon. Während das Chassis bei Sauber im schweizerischen Hinwil gebaut werden soll, kommt das Herzstück - der Motor - aus Neuburg an der Donau. So der Plan.
Seit dem 1. September ist Duesmann aber nicht mehr der Audi-Chef, sondern Gernot Döllner, der davor für die Gesamtstrategie des VW-Konzerns zuständig gewesen war. Und dieser hat in den ersten 100 Tagen in seinem neuen Amt eine Art Schweigepflicht. Der Eindruck: Solange Döllner nicht über das Formel-1-Projekt reden wird, spekulieren andere immer und immer wieder lieber über einen möglichen Ausstieg, der allerdings auch noch mal ordentlich Geld kosten würde bei den bereits abgeschlossenen Verträgen.
Auch Porsche, VW-Tochter wie Audi, wollte 2026 einsteigen, scheiterte aber bei einer Zusammenarbeit mit Red Bull und einem damaligen Bericht des Fachmagazins "auto, motor und sport" zufolge auch noch mit seinen Anfragen bei Williams, McLaren und Aston Martin. Ein Aus des Audi-Projekts wäre ein weiterer ziemlicher Image-Unfall. Zuletzt kamen am Gerüchtemarkt sogar Vermutungen auf, dass womöglich Toyota bei einer Rückkehr in die Formel 1 die Sauber-Anteile von Audi kaufen könnte. Belege oder Quellen gab es dafür nicht.
Jüngst berichtete das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", dass das Formel-1-Projekt von Audi intern auf dem Prüfstand stehen soll und die Verantwortlichen des Mutterkonzerns die Situation "noch einmal genau analysieren" würden. Dass Döllner sich zunächst einmal einen Überblick über alle Bereiche und Felder bei Audi verschafft, ist mehr als naheliegend. Zuletzt schaute er sich auch die Fabrik in Neuburg an der Donau an. (dpa/rs)