"Spiegel Online"-Leser müssen sich umgewöhnen - ein bisschen. Nach rund 25 Jahren verschwinden der Name und das Logo "Spiegel Online". Die Internetseite heißt ab sofort so wie das Nachrichtenmagazin: "Der Spiegel". Am Mittwoch startete der Hamburger Verlag nach jahrelanger Überarbeitung seinen neuen Webauftritt. Eines der bekanntesten Magazine Deutschlands mit etwa 500 Journalisten will damit die eigene Marke stärken. Und im Digitalen wachsen.
Im Online-Journalismus hat der Name "Spiegel Online" schon eine lange Geschichte vorzuweisen. Nach Verlagsangaben ging "Spiegel Online" am 25. Oktober 1994 als weltweit erstes Nachrichtenmagazin online - damals noch unter dem Logo "Der Spiegel". Der Name "Spiegel Online" war dann seit 1995 gesetzt. Seither gab es viele Überarbeitungen der Webseite - Relaunches.
"Spiegel"-Chefredakteur Steffen Klusmann sagt zum neuen Webauftritt: "Ziel ist, noch mehr als bislang schon Taktgeber zu werden." Er betont auch: "Wir können künftig große Themenschwerpunkte bei großen Nachrichtenlagen bündeln."
Online-Auftritt will magaziniger wirken
Zu den Veränderungen gehört, dass auf der Webseite Beiträge mit Text-, Video- oder Audioinhalten stärker als Schwerpunkt gebündelt werden können. Auch die digitalen Inhalte, für die man ein Bezahl-Abo benötigt, sollen dabei integriert sein. Der Bereich Bewegtbild soll vielfältiger und das Audio-Angebot soll ausgebaut werden, wie es weiter heißt. Zudem wird ein neues Ressort mit dem Namen "Leben" auf der Internetseite geschaffen. Das Design des neuen Auftritts soll magaziniger als bislang sein.
Online-Journalismus hat seit Jahren in Deutschland einen immer höheren Stellenwert bekommen. Das liegt auch an den sinkenden Auflagen von gedruckten Zeitungen und Magazinen und sinkenden Werbeerlösen im Print. Viele Verlage und Medienhäuser experimentieren deshalb mit Abo-Bezahlmodellen und Bezahlschranken für journalistische Inhalte, um im Digitalen Geld zu verdienen. Auch der "Spiegel"-Verlag setzt online auf Wachstum von Abo-Zahlen und Werbeerlöse.
Der Spiegel verkauft weniger Hefte
Die Auflage des gedruckten Wochen-Magazins ist wie bei vielen anderen Zeitungen und Zeitschriften auch, in den vergangenen Jahren rückläufig gewesen. Nach Zahlen der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) wurden im dritten Quartal 2019 719.326 Exemplare (mit E-Paper) verkauft. Im dritten Quartal 2016 waren es demnach noch fast 790.000 gewesen.
Das digitale Abo "SPIEGEL+" gibt es seit Mai 2018. Zuvor gab es seit Juni 2016 den Einzelverkauf von Artikeln unter dem Namen "SPIEGEL Plus", wie es vom Verlag heißt.
125.000 Nutzer zahlen derzeit für ein digitales Abo, hinzu kommen noch 9.000 Probe-Abos, wie der Leiter Produktentwicklung der Spiegel-Gruppe, Stefan Ottlitz, sagt. Vor eineinhalb Jahren seien es noch 60.000 weniger Abonnenten gewesen. Der Durchschnittspreis der Digital-Abos liege zwischen 15 und 20 Euro. Über genaue Details zu Umsätzen spricht der Verlag nicht.
Erst ein Viertel der Spiegel-Umsatzerlöse aus dem Digitalgeschäft
Sprecherin Anja zum Hingst sagt bezogen auf das Jahr 2019: "Wir erwarten leicht wachsende Umsätze, der Gesamtumsatz wird voraussichtlich bei 262 Millionen Euro liegen." Das wäre eine Million Euro mehr als 2018. Der Jahresabschluss stehe noch aus. "Davon sind mehr als ein Viertel inzwischen Erlöse aus dem Digitalgeschäft." Und zwar bezogen auf beide Geschäftsbereiche Werbe- und Vertriebserlöse. Zu den digitalen Umsätzen sagt sie: "Die wollen wir im jetzt laufenden Jahr 2020 auf 30 Prozent steigern, die Zuwächse kommen vor allem aus SPIEGEL+."
Der Fälschungsskandal um den früheren "Spiegel"-Autoren Claas Relotius hatte Klusmann zufolge soweit keine negative Auswirkungen auf das Abogeschäft. "Im Anzeigen- aber auch im Abogeschäft hat uns das nicht geschadet." Bezogen auf den Umsatz aber schon. "Weil wir eine Preiserhöhung, die wir eigentlich Anfang des Jahres machen wollten, beim Heft erst im April vorgenommen haben." Die verzögerte Preiserhöhung merke man schon in der Bilanz.
Dass der Online-Auftritt nun genauso heißt wie das Magazin, spricht auch dafür, dass die Redaktionen Print und Online beim "Spiegel" inzwischen viel stärker zusammenarbeiten als früher. In vielen Medienhäusern ist dieser Trend zu beobachten. Im vergangenen Jahr wurde Klusmann zufolge eine Betriebsvereinbarung zur Fusion der Redaktionen verhandelt. "Natürlich sind die Gehälter dadurch nicht nivelliert, die sind noch recht unterschiedlich", betont der Chefredakteur. "Aus der alten Printwelt gibt es nun mal noch einige Gehaltsspitzen, mit denen wir noch eine Weile leben müssen." (dpa/rs)