Dem Maschinenbau geht's gut, das Geschäft brummt. Finanzkrise, steigende Rohstoffpreise und schwacher Dollarkurs gehen an der Branche noch spurlos vorbei. Auch den CIOs geht´s gut, jedenfalls nach eigener Einschätzung.
Man sei schon ziemlich weit, was die neue Rollenfunktion angehe. Danach sollten CIOs
vom Management gut wahrgenommen werden;
bei strategischen Gesprächen schon in den ersten Runden mit am Tisch sitzen
eigeninitiativ den Fachbereichen Lösungen aufzeigen, mit denen sie ihr Business vorantreiben können;
als Business-Partner wahrgenommen werden, nicht als Abteilungsleiter für Unterhaltungselektronik.
Bei genauer Analyse stellte sich jedoch heraus, dass es sich mehr um ein gefühltes Angekommensein handelte. Denn im Arbeitsalltag haben CIOs noch nicht die Position und Wertschätzung im Unternehmen erreicht, die sie eigentlich einnehmen wollen.
So räumte ein Teilnehmer ein, dass er bei den ersten Gesprächsrunden des Managements nicht mit am Tisch sitze. Er werde erst hinzugebeten, wenn das Projekt entschieden ist und es an die Umsetzung gehen soll. Der CIO zeigt sich also vielfach immer erst reaktiv in dem Moment, wenn er gerufen wird. Allerdings muss er auf diesen Moment sehr gut vorbereitet sein und Lösungen anbieten können.
Erstmalig diskutierten elf CIOs aus dem Maschinen- und Anlagenbau in den Räumen der Frankfurter VDMA-Zentrale (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V.) über ihre Rolle. Sie kamen zwar von veritablen Milliardenunternehmen wie Voith, Deutz, KSB oder KSH, rechnen sich aber hartnäckig zum Mittelstand.
Denn sie leiten den Begriff "Mittelstand" nicht von der Umsatzgröße ab, sondern von der Firmenkultur. Die meist familiengeführten Unternehmen achten darauf, intern nicht wie ein Konzern aufzutreten und zu agieren. Gerade darin sehen sie ihr Erfolgsrezept.
Außer den "Mittelständlern" diskutierten unter der Leitung von Unternehmensberaterin Monika Frick-Becker von MFB Resultants noch Mitglieder der Abteilung Informatik des VDMA sowie einige IT-Anbieter. Er habe noch nie in diesem Kreis eine so offene Atmosphäre und Diskussion erlebt, sagte Rainer Glatz, Leiter des Ausschusses Informatik beim VDMA.
Carr-Thesen nerven
Gesprächsstoff war ausreichend gegeben. So sahen sich die CIOs mit drei Vorwürfen konfrontiert:
1. In seinem neuesten Buch "The Big Switch" sagt Autor Jonathan Carrs schon mal das Ende der IT-Abteilungen und damit in einem Rutsch auch gleich das der CIOs voraus. Diese Aufgaben würden in Zukunft Service-Provider übernehmen.
CIOs wundern und ärgern sich zwar immer wieder über Carrs Thesen und möchten darauf am liebsten gar nicht mehr eingehen. Doch CEO und Management konfrontieren sie mit diesen Aussagen.
CIO Andreas Groth vom Kölner Motorenhersteller Deutz AG räumte ein, das die IT im Maschinenbau eher nicht im Wettbewerb differenziert. Damit meinte er aber nicht Embedded Systems, die in Maschinen und Anlagen stecken. "IT wird Commodity", gab er Carr recht. "Sie bleibt aber eine äußerst wichtige Commodity." So sollte ein Unternehmen nie die gesamte IT-Kompetenz an IT-Dienstleister abgeben. Unternehmen müssen immer ausreichend IT-Kompetenz im eigenen Haus behalten, um Planungs- und Beurteilungsfähigkeit zu behalten. Nur so sei die IT in der Lage, Providern auf Augenhöhe zu begegnen und sie zu treiben, rechtfertigte er die Bedeutung von IT und CIO.
"CIOs müssen sich neu definieren", sagte CIO Andreas Schumann vom Dortmunder Hersteller von Abfüll- und Verpackungsanlagen KHS. In Unternehmen mit einem hohen Anteil von Wissensarbeitern lassen sich IT-Entscheidungen nicht per Dekret verordnen. Vielmehr müssen sie einen möglichst breiten Konsens herstellen. Der CIO ist dabei Moderator eines stetigen Abstimmungsprozesses zwischen wirtschaftlichen Zielen, Interessen der Anwender und technischen Möglichkeiten. "Dazu muss er zum Sozialarbeiter, Kommunikator und Informationsagenten werden", so Schumann. Auf 50 Prozent der Zeit veranschlagte er den Aufwand für Kommunikation.
CIO muss sich zum CPO wandeln
2. Diese Eigenschaften sind besonders gefordert, wenn CIOs der zweiten Forderung nachkommen wollen: Der CIO muss sich zum Chief Process Officer (CPO) wandeln und sich um Geschäftsprozesse kümmern, will er nicht bedeutungslos im Unternehmen werden.
Diese Forderung unterstützten die Teilnehmer einstimmig, schränkten sie allerdings ein. Die IT darf sich dabei nicht zu stark in die Fachbereiche einmischen, weil es sonst zu Machtkonflikten kommen kann. Zeigt der CIO der Fachabteilung einen Wert auf, den er generieren kann, könnte der Fachbereich das als Vorwurf auffassen, er habe schlecht gearbeitet. Manchmal muss die IT halt eigene Erfolge als den Erfolg der anderen verkaufen.
Umgekehrt möchte auch kein CIO, dass ihm der Vertriebler erklärt, wie er seine IT zu betreiben hat. Außerdem soll sich die IT zurückhalten, weil sie weder die Prozessverantwortung noch die Stammdatenpflege übernehmen will.
Um Potenziale fürs Unternehmen zu heben, sollten CIOs sich um Geschäftsprozesse kümmern. Denn große Rationalisierungspotenziale allein durch IT-Technologie gebe es kaum noch, weil technisch inzwischen fast alles möglich sei, sagte CIO Harald Prior vom Hersteller von Industriekranen und Krankomponenten Demag Cranes & Components mit Sitz in Wetter an der Ruhr. "CIOs müssen sich verstärkt um die Organisation kümmern. Viele CIOs haben es versäumt, die Organisation vor der Einführung neuer IT-Systeme an die neuen Erfordernisse anzupassen", so Prior selbstkritisch.
3. Um die Geschäftprozesse zu verbessern oder gar neue zu kreieren, müssen CIOs wissen, wie das Geschäft des Unternehmens und der einzelnen Fachbereiche funktioniert. Der dritte Vorwurf lautet daher auch: CIOs wissen zu wenig über das Geschäft.
Diesen Vorwurf weisen CIOs naturgemäß weit von sich. Hier liegt eine unterschiedliche Wahrnehmung vor: Während sich CIOs als Geschäftsprozesskenner und Innovator sehen, erkennen Fachbereiche in ihnen nur den IT-Dienstleister und die Kostenstelle.
Quartalsdenken verhindert Erfolge
Das liegt zum einen in äußeren Umständen begründet. Viele Unternehmen und insbesondere Aktiengesellschaften denken nur noch kurzfristig in Quartalen. Auch das Management wechselt bei AGs deutlich häufiger als in Familienunternehmen. In einem solchen Umfeld sei es schwierig, eine mittel- und langfristige Strategie durchzuhalten und damit den Wertbeitrag der IT zum Unternehmenserfolg nachzuweisen.
Schnittmengen zwischen IT und Fachbereichen gibt es genug. So überlappen sich Produkt-IT (wie Embedded Systems) und Produktions-IT (die "klassische" IT) immer stärker: Ein Servicetechniker auf einem Hallenkran unter dem Dach einer Industriehalle muss auf alle relevanten Daten in Echtzeit zugreifen können. Hier kann die IT Mehrwert generieren. Letztlich muss die IT an ihrer Außenwahrnehmung arbeiten und sie ändern, und zwar durch Kompetenz und Vertrauen.
Sich zu zeigen stellt allerdings eine Daueraufgabe dar, wie CIO Falko Lameter vom Coburger Druckluftsystemanbieter Kaeser Kompressoren aus Erfahrung berichtete: "Gute Projekte und Ideen geraten schnell in Vergessenheit. Man muss sich ständig durch neue Initiativen in Erinnerung bringen."