Analysten-Kolumne

Stammdatenstrategie - nur ein IT-Thema?

12.03.2008 von Gérard Richter und Dirk Möbus
Der weltweite Markt für Lösungen zum Management von Stammdaten (Master Data Management - MDM) ist allein zwischen 2005 und 2006 um 30 Prozent gewachsen. Bis zum Jahr 2011 prognostiziert die ARC Advisory Group einen weiteren Anstieg um 14,7 Prozent pro Jahr. Das Gesamtvolumen des weltweiten Markts schätzt sie auf 1,35 Milliarden US-Dollar.
Dirk-Möbus: "Eine Stammdatenstrategie ist weit mehr als ein reines IT-Thema."

Eine systematische Verwaltung von Stammdaten ist heute aus vielen Gründen nötig:

Die angesprochenen Themen sind keineswegs neu und finden sich bereits auf den meisten CIO-Agendas. Neu ist dagegen das Schlagwort des Master Data Management, unter dem unterschiedliche technische Lösungen zusammengefasst werden, die darauf abzielen, Stammdaten aus unterschiedlichen Quellsystemen zentral zusammenzufassen.

Hauptziel einer MDM-Lösung ist es, eine integrierte, akkurate und konsistente Datenbasis für alle unternehmensrelevanten Stammdaten zu schaffen, die über entsprechende Schnittstellen oder im Rahmen einer serviceorientierten Architektur in die bereits bestehende Anwendungslandschaft eingebunden ist.

Angesichts der Bedeutung eines konsistenten Stammdaten-Universums für das Unternehmen stellt sich hier aber die Frage, ob die reine Systemsicht ausreicht. Um eine Master Data Management-Lösung effektiv und effizient einsetzen zu können, gilt es vielmehr, eine unternehmensweite Stammdatenstrategie zu definieren und umzusetzen.

Erfolgsfaktoren einer Stammdatenstrategie.

Vier Faktoren tragen wesentlich zum Erfolg einer Stammdatenstrategie bei::

Klar definierte Prozessverantwortlichkeiten sind der Schlüssel zum Erfolg. In vielen MDM-Projekten erhält eine "Master Data Governance", also Regeln und Authorisierungskonzepte, wie Stammdaten über die gesamte Organisation hinweg behandelt werden sollen, nicht den gleichen Stellenwert wie die Auswahl des unterstützenden Tools. Die Definition konsistenter Datenobjekte wie Kunde, Produkte oder Lieferant wird ohne Erfolg bleiben, wenn die Pflege und Entwicklung dieser Stammdaten nicht klaren Prozessen und Zuständigkeiten unterliegt. Das MDM-Tool selbst kann nur bedingt für eine verbesserte Datenqualität sorgen.

Phasen eines Stammdatenstrategieprojekts.

Die Definitionsphase eine ganzheitlichen Stammdatenstrategie sollte daher aus drei Phasen bestehen und folgende Kernfragen beantworten:

  1. Welche Stammdaten sind für das Unternehmen kritisch, weil beispielsweise Produktqualität, Kundenzufriedenheit sowie Compliance unmittelbar beeinflusst werden?

  2. Welche Anforderungen stellt die Organisation an diese Stammdaten?

  3. Welchen Regeln und Strukturen sollen die Stammdaten künftig folgen?

  4. Welcher Business Case wird durch eine erfolgreiche Stammdatenstrategie realisiert?

  1. Welche funktionalen und nicht-funktionalen Anforderungen stellt das Unternehmen an die MDM-Lösung?

  2. Wie fügt sich die neue Lösung in die bestehende Anwendungslandschaft ein?

  3. Wie hoch ist der Integrationsaufwand, um notwendige Schnittstellen zu schaffen?

  1. Welche Rollen dürfen Stammdaten anlegen und modifizieren?

  2. Welche Stammdaten dürfen lokal vom Benutzer modifiziert werden und welche Änderungen werden zentral für das gesamte Unternehmen verantwortet?

  3. Welche Genehmigungswege (wie zum Beispiel Workflows) müssen angestoßen werden?

Der Business Case einer Stammdatenstrategie kann enorme Vorteile für alle Bereiche bringen:

Eine Stammdatenstrategie ist aus den genannten Gründen weit mehr als ein reines IT-Thema. Wird ein Senior Sponsor eingebunden und die Strategie voll in alle bestehenden Unternehmensorganisationen und -prozesse integriert, profitieren alle Unternehmensbereiche von der zentralen Verwaltung der Unternehmensdaten.

Gérard Richter ist Partner, Dirk Möbus ist Project Manager bei Roland Berger Strategy Consultants.