Digitalisierung in Pflege und Medizin

Stand der Dinge im Gesundheitswesen

29.05.2019 von Siegfried Jedamzik
Anwendungen wie Diagnostik per Telemedizin, Robotik im Pflegebereich oder die Priorisierung von Notfällen in der Triage sind bei Medizinern im Gespräch. Manches funktioniert und andere Pläne sind noch Wunschdenken.
Ein in der Medizin eingesetzter Roboter lernt per künstliche Intelligenz den Umgang mit geistig behinderten Menschen.
Foto: Miriam Doerr Martin Frommherz - shutterstock.com

Die Digitalisierung revolutioniert das Gesundheitswesen. Neben Telemedizin sind Begriffe wie Künstliche Intelligenz, Robotik und Augmented Reality in aller Munde.

Telemedizin und ihre Möglichkeiten

Vor dem Hintergrund eines rapiden, technologischen und medizinischen Fortschritts sowie der Weiterentwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologien in den letzten Jahren, kommt dabei der Telemedizin zukünftig eine wachsende Bedeutung zu. Wie oft beschrieben, stellen folgende mit den Jahren veränderte Parameter das deutsche Gesundheitssystem vor veränderte Anforderungen:

Der demografische Wandel spiegelt sich nicht nur im Durchschnittsalter der Landbewohner wieder. Eine weitere Rolle spielt auch die sinkende Zahl an Landärzten, die sich ihrem Ruhestand annähern und zum Beispiel aufgrund der Auswanderung junger, gut ausgebildeter Mediziner der Herausforderungen gegenüberstehen, freiwerdende Arztsitze neu zu besetzen.

Die Digitalisierung ist kein Trend mehr, sondern Realität

Die Gesundheitstelematik ist dabei ein wichtiger Fortschritt auf dem Weg ins digitale Zeitalter des Gesundheitswesens. Smartphones und Tablets sind im Alltag vieler Menschen nicht mehr wegzudenken. Auch in der medizinischen Versorgung werden diese Geräte fester Bestandteil sein. Am 10. Mai 2018 sprach sich der 121. Deutsche Ärztetag in einer Neufassung des § 7 Absatz 4 der (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte dafür aus, das Fernbehandlungsverbot für Ärzte zu liberalisieren. Damit soll der Kontakt zwischen Ärzten und Patienten künftig auch ausschließlich aus der Ferne erfolgen können.
Diese Entscheidung eröffnet nicht nur Chancen in Deutschland für die Patientenversorgung im Allgemeinen, sondern auch für die Telemedizin im Speziellen.

Weite Wege der Patienten beziehungsweise unzureichende Verkehrsanbindungen zu den Ärzten erschweren zusätzlich die medizinische Versorgung. Insbesondere älteren Patienten, die nur eingeschränkt mobil sind, kann durch den Einsatz von telemedizinischen Anwendungen, wie zum Beispiel Videosprechstunden, so mancher Weg zum Arzt erspart bleiben, wenn Befunde und Beschwerden am Bildschirm abgeklärt werden können. In ländlichen Regionen mit einer geringen Bevölkerungsdichte und (drohenden) Lücken in der wohnortnahen Versorgung sind regionale Versorgungskonzepte mit telemedizinischen Funktionalitäten eine reale Option zur Unterstützung der medizinischen Versorgung.

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Für den Einsatz von Telemedizin gibt es verschiedene Szenarien, die vom Monitoring chronisch erkrankter Patienten bis zur Unterstützung der Akutversorgung reichen. In einigen Be-reichen sind telemedizinische Konzepte schon weit verbreitet. Beispiele sind Teleradiologie, telemedizinische Schlaganfallnetzwerke sowie das telemedizinische Monitoring von Patienten mit Herzinsuffizienz.

Künstliche Intelligenz - welche Fortschritte verspricht sie?

Spannend bleibt im Kontext von Digital Health die Frage, wie sich der Markt rund um digitale Angebote für den Gesundheits- und Pflegebereich entwickeln wird. Zu den aktuellen Trends zählen unter anderem künstliche Intelligenz, Robotik, Blockchain und Augmented Reality. Während manche dieser Digital Health-Trends vor allem dieses Jahr so richtig an Fahrt aufnehmen werden, werden andere erst in den kommenden Jahren marktreif sein.

Lesetipp: Mit KI und Big Data wird die Medizin smart und personalisiert

Die Anwendung Künstlicher Intelligenz (KI) ist eine der wegweisenden technischen Innovationen des 21. Jahrhunderts. KI ist in letzten Jahren so weit vorangeschritten, dass mittlerweile schier alles damit möglich erscheint. In der Medizin hat KI bereits Einzug in den Bereich bildgebende Diagnostik, Wirkstoffforschung und Risikoanalyse gehalten. Konkrete Anwendungsfelder im Bereich der KI liegen zum einen in der medizinischen Triage. So können Notfällen unter Verwendung von KI-Algorithmen priorisiert werden. Zum anderen kann KI einen Beitrag dazu leisten, Nachwuchsmediziner nach höchsten Qualitätsstandards auszubilden.

Robotik als Lösung für den Pflegenotstand?

Robotik ist ein weiteres zukunftsträchtiges Forschungsgebiet. Vor allem in den Branchen Gesundheit, Arbeit und Mobilität liegt ein großes Potenzial für Effizienzsteigerungen. Roboter-gestützte Assistenzsysteme können beispielsweise bei der medizinischen und pflegerischen Betreuung älterer oder körperlich beeinträchtigter Menschen eingesetzt werden und so für eine körperliche und zeitliche Entlastung der Pflegefachkräfte sorgen.Nur einige Beispiele hierfür sind:

Was für die einen Zukunftsmusik ist, gehört in Japan längst zur Realität. Keine andere Industrienation überaltert so schnell. Aus diesem Grund wurde in Japan frühzeitig die Chance identifiziert, dass die Robotertechnik den scheinbar unüberwindbaren Herausforderungen wie demografischer Wandel oder Ärztemangel positiv entgegenwirken kann.

Auch in Deutschland stehen immer mehr Patienten immer weniger Ärzte gegenüber. Ganz zu schweigen von den Pflegekräften, welche die zunehmend älter werdende Gesellschaft dringender denn je benötigt.

Robotersysteme unterstützen dabei bei Tätigkeiten, wie zum Beispiel die logistische Bereitstellung von Pflegeutensilien, Aufsetz-, Hebe- und Umsetzhilfen sowie der Pflegedokumentation. Möglich ist es auch, die Themen Robotik und KI miteinander zu verbinden. Auf diese Weise kann eine elektronische Patientenakte patientenindividuell automatisch mit den aktuellsten Daten befüllt werden. Die Beziehung von Mensch und Roboter ist in Japan eine andere als in Deutschland. Im Gegensatz zu Europa spielen in Japan die Ängste vor Überwachung und Unkontrollierbarkeit eine kleinere Rolle.

Lesetipp: Die Vorteile der Digitalisierung im Gesundheitswesen

Akzeptanz ist ein wichtiger Erfolgsfaktor

Die Akzeptanz einer Technologie durch ihre Anwender ist ein wichtiger Erfolgsfaktor bei der Implementierung neuer Technologien. Die Akzeptanz hängt dabei stets von unterschiedlichen Faktoren ab und muss bei verschiedenen Anwendungen differenziert bewertet werden.
Viele Studien haben erwiesen, dass es bei telemedizinischen Diensten keine größeren Akzeptanzprobleme auf Seite der Patientinnen und Patienten gibt. Vielmehr profitieren gerade sie und gerade auch die älteren Personen von telemedizinischen Diensten.

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Viele ältere Menschen sehen in telemedizinischen Anwendungen eine Möglichkeit zur Unterstützung und Optimierung ihrer Therapien. Grundlage hierfür ist jedoch, dass einerseits die Technik bzw. konkrete Anwendungen nutzerfreundlich gestaltet sind und dass Patienten in der Anwendung geschult werden. Zudem darf die digitale Anwendung nicht um ihrer selbst willen eingesetzt werden, sondern muss den Anwendern sowohl auf Ärzte- als auch auf Patientenseite, einen konkreten Mehrwert beziehungsweise Vorteil bieten.

Auf Seite der Behandelnden verhält es sich ähnlich. Natürlich gibt es hier gerade zu Beginn gewisse Unsicherheiten oder auch Ablehnung. Diese lässt sich jedoch durch Aufklärung, Schulung und die nutzerorientierte Gestaltung der Technologie abmildern.