Globales Netzwerk bei Heidelberger

Standardisieren mit Druck

03.02.2003 von Marita Vogel
Mehr als 250 Stützpunkte weltweit kommunizieren bei Heidelberger Druckmaschinen miteinander, 30 Dienstleister stellten bisher die Infrastruktur für E-Mail und Internet. Nach der Standardisierung spart CIO Michael Neff rund 40 Prozent der Kosten.

Schon die nackten Zahlen machen das Dilemma deutlich: 25000 Mitarbeiter und 250 Stützpunkte weltweit, 30 regionale Dienstleister für die Datenkommunikation mit unterschiedlich gestalteten Verträgen. "Jeder Unternehmensberater hätte uns das um die Ohren gehauen", sagt Michael Neff, CIO bei Heidelberger Druckmaschinen. Kein Wunder, dass bei den süddeutschen Maschinenbauern Standardisierung ganz oben auf der Prioritätenliste für die IT-Strategie stand.

Nötig wurde die Vereinheitlichung, nachdem Hartmut Mehdorn - von 1995 bis 1999 Vorstandsvorsitzender der Heidelberger Druck und jetzt CEO der Deutschen Bahn - das Unternehmen völlig umgekrempelt hatte: Aus dem Druckmaschinenhersteller wurde ein weltweiter, börsennotierter Systemanbieter für die Printmedienindustrie, der sich mittlerweile in 170 Ländern als Weltmarktführer im Bereich Druckmaschinen bezeichnet. In diesen vier Jahren wurden acht Unternehmen gekauft oder in Kooperation betrieben, darunter Stork Contiweb, ein holländischer Produzent von Rollenwechslern, und der Druckvorstufenspezialist Linotype-Hell.

So schnell kam die IT nicht hinterher: "Die ist erst seit 2000 global aufgestellt; deshalb kann ich ja auch richtig gestalten", sagt Neff, der vor rund drei Jahren als erster verantwortlicher CIO zu Heidelberger kam. Für die damaligen Bedürfnisse, betont er, seien die Lösungen "aber recht ordentlich betrieben und optimiert" worden. Die 2000 entwickelte IT-Strategie hatte vor allem die Harmonisierung der Infrastruktur zum Ziel, die in drei Projekten betrieben wurde: weltweite Standardisierung der PC-Anwendungen, Konsolidierung der IT-Services in Europa und den USA sowie Aufbau eines Datenkommunikationsnetzwerks namens HDGN (Heidelberg Global Network).

Spareffekt: sechs Millionen Euro pro Jahr

Im Frühjahr sollen die Arbeiten an HDGN abgeschlossen sein. Dann werden alle Datenkommunikationsdienstleistungen durch das US-Unternehmen AT&T erbracht. Wichtigster Effekt: "Wir sparen gut 40 Prozent unserer bisherigen Kosten", erklärt Neff. Der 20-Millionen-Euro-Deal ist zunächst auf drei Jahre angelegt. So hält sich das Unternehmen die Möglichkeit offen, bei Diskrepanzen einen neuen Carrier zu suchen.

Dem internen Widerstand, der sich zunächst regte, setzte er vor allem das Argument der Arbeitserleichterung entgegen. In einem Schreiben an alle reisenden User machte er deutlich, dass sich nun jeder problemlos von jedem Standort aus in das HDGN einloggen könne.

Nicht nur in der Datenkommunikation, auch auf den PCs herrschte Wildwuchs. Durch die bereits abgeschlossene Standardisierung der weltweit 19500 Clients weiß Neff, wie effektiv Harmonisierung sein kann: "Bei einer Stichprobe auf 6150 Geräten fanden wir insgesamt 5984 verschiedene Software-Produkte", erinnert er sich. Jetzt laufen noch etwa 300 Produkte, die alle Unternehmensbedürfnisse abdecken, beispielsweise Office-Programme, spezielle Vertriebs-Software oder Routenplaner. Zudem werde die Zahl der Abstürze deutlich reduziert: "Früher mussten wir alle drei bis vier Wochen booten - das wird damit vorbei sein."

Geschäftslage erzwingt IT-Einsparungen

Doch trotz dieser technischen Fortschritte hat auch der erfolgsverwöhnte Lösungsanbieter für die Printmedienindustrie mit der Konjunkturflaute zu kämpfen: Der Umsatz wird in diesem Geschäftsjahr voraussichtlich um zehn Prozent auf 4,5 Milliarden Euro sinken. Bis Ende März sollen deshalb insgesamt 2200 Arbeitsplätze abgebaut werden, 1800 davon in Deutschland. Im gesamten Konzern sollen 200 Millionen Euro eingespart werden.

Neff reagiert gelassen: "Die IT hat schon in der letzten 100-Millionen-Sparrunde mehr als 20 Prozent beigetragen." Dennoch seien natürlich auch seine Mitarbeiter betroffen. So soll die Produktion in Kiel aufgegeben werden - "und wenn es dort keine Produktion mehr gibt, braucht man eben auch weniger ITler", sagt er pragmatisch. Trotzdem ist er zuversichtlich: "Das kriegen wir schon hin."