„Wenn die Leute in Paderborn nach Haus gehen, übernimmt der User-Helpdesk in Austin/Texas“, schildert der kaufmännische Leiter im CIO-Bereich, Holger Blank. „Und bevor wir kommen, sind die Kollegen in Singapur bereits vor Ort tätig.“
Weltweit arbeiten 90 IT-Mitarbeiter an der Umsetzung der IT-Strategie, die unter der Leitung von Konzern-CIO Kirsten Dorsch in Steering-Committees mit Fachbereichs-Beteiligung entwickelt wird. Die Strategie richtet sich auf die Unterstützung der Unternehmensstrategie und der -prozesse mit standardisierten, innovativen und sicheren IT-Lösungen, fasst die CIO zusammen.
Wincor Nixdorf, seit Mai 2004 an der Börse und seit September 2004 im MDAX gelistet, bietet IT-Lösungen für Banken und Handelsunternehmen. Das Portfolio des Unternehmens besteht aus Hardware, Software, Consulting-Leistungen und Services und ist darauf ausgerichtet, Geschäftsprozesse in den Filialen von Banken und Handelsketten zu optimieren.
Know-how aus dem Kerngeschäft mit Banken und Handelsunternehmen nutzt Wincor Nixdorf zur Expansion in weitere Branchen wie Lotteriegesellschaften, Tankstellenbetreiber oder Industrieunternehmen. Mit umfassenden Serviceleistungen stellt Wincor Nixdorf die Verfügbarkeit der installierten Systeme über den gesamten Produktlebenszyklus sicher.
In Sachen Outsourcing findet CIO Dorsch es „wichtig, selbst Know-how im Haus zu haben“, ein komplettes Auslagern von IT-Entwicklung und -Betrieb kommt für sie daher nicht in Frage. Jedoch wollen sie und Blank die Performance der IT immer wieder gegen den Markt messen können, und sei es nur, um Services „sinnvoll und richtig einkaufen zu können.“
Dorsch will Infrastruktur und Anwendungen konsequent standardisieren, konsolidieren und vereinfacht, um die Kosten so günstig wie möglich halten. Eine Zentralisierung der IT ergibt sich daraus zwangsläufig. Als Betriebssystem-Standards setzt Wincor Nixdorf auf Linux, weil es, so Blank, „mittel- bis langfristig am flexibelsten zu handhaben ist.“
Hier und da werde es freilich immer noch Anwendungen auf Windows oder anderen Betriebssystemen geben; „eine 100-Prozent-Quote schafft man nie, aber wir versuchen spätestens bis Mitte 2007 überall bei 80 bis 90 Prozent zu landen“, so Dorsch. Das gelte für alle Standardisierungen.
Auf der Hardwareseite hat man sich auf Clients von HP verständigt; rund 5000 wurden zentral von Deutschland aus ausgerollt, ebenso wie die knapp 200 Fujitsu-Siemens-Server in Blade-Technik an demnächst drei Standorten. Im Rahmen einer „Double-Vendor“-Politik halte das, so Dorsch, die Möglichkeit offen, bei Bedarf wechseln zu können. Maximal fünf große IT-Anbieter, die sich gegenseitig ersetzen können, will man langfristig beauftragen.
Mit der Standardisierung auf Intel-basierte Hardware verbindet sich ein großer Innovationsschritt: Seit gut einem Jahr ist Wincor Nixdorf „in Richtung Grid-Computing unterwegs; für alle will man möglichst die Verarbeitung aller Anwendungen im Grid ansiedeln. Dazu bietet sich die Gelegenheit bei Releasewechseln und neuen Projekten.
Dorsch betont, mittels des konsequent verfolgten „Template-Ansatzes“ strebe man an, dass weltweit alle User auf die Ressourcen in diesem Grid-Verbund zugreifen können. Standardisiert ist auch die Telefonie, zumindest in Deutschland: Alle Mitarbeiter telefonieren mit IP-Telefonen von Avaya und dem Carrier Deutsche Telekom.
Ein wichtiges IT-strategisches Ziel ist ferner die Flexibilität: So viele Dienste wie möglich will man „auf Abruf“ bereitstellen, um sie bei Bedarf wie bei recht häufig vorkommenden Akquisitionen kleinerer Unternehmen im international ausrollen zu können.
Zu den 2004 abgeschlossenen oder weit gediehenen IT-Projekten zählen neben dem Grid und der Neuorganisation der Basis-Infrastruktur nach getrennten Gewerken (Computing, Storage, Network, VoIP, Hardware) auch der internationale Roll-out eines Service-Management-Systems, bestehend aus einer Call-Center-Lösung und einer Einsatzsteuerung für die Techniker (die neben den Geldautomaten von Wincor auch solche fremder Hersteller warten und reparieren). Außerdem wurde ein neues HR- Management-System eingeführt.
2005 und 2006 will man dann die Servicelogistik weiter optimieren, indem man die Techniker mittels Handhelds und Smartphones „always online“ hält. Auch ein großes Business-Intelligence-Projekt zur Automatisierung der Planung und Berichterstattung für den Konzernverbund im SAP-Umfeld steht auf dem Plan.
Das Ziel ist die Unterstützung der strategischen Geschäftsplanung mit Templates, die aus dem (SAP-)Business Warehouse gespeist werden. Noch in diesem Kalenderjahr, aber erst im Geschäftsjahr 2005/2006 hat sich Dorsch eine Migration von SAP 4.6 auf das Relase 5.0 vorgenommen.