Frankreich und Großbritannien besser

Standort Deutschland hat das Nachsehen in Europa

31.05.2022
Tesla in Brandenburg, Intel in Magdeburg: Deutschland ist als Standort für ausländische Konzerne attraktiv. Dennoch haben in Europa andere weiter die Nase vorn - woran liegt das?
Deutschland steht für langwierige Verwaltungs- und Genehmigungsprozesse sowie vergleichsweise hohe Energiekosten.
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Bei ausländischen Investitionen droht Deutschland einer neuen Studie zufolge den Anschluss an die beiden europäischen Spitzenreiter Frankreich und Großbritannien zu verlieren. Das geht aus einer Untersuchung des Prüfungs- und Beratungsunternehmens EY (Ernst & Young) hervor, die in Stuttgart veröffentlicht wurde.

Ausländische Investoren kündigten im vergangenen Jahr demnach 841 Projekte in Deutschland an, was im Jahresvergleich ein Rückgang von zehn Prozent bedeutet. Der europäische Primus Frankreich verbuchte hingegen 1.222 Vorhaben, das war ein deutliches Plus von 24 Prozent. Das Nicht-EU-Land Großbritannien kam auf 993 Investitionsprojekte, ein Zuwachs um zwei Prozent, wie EY berichtete.

"Im innereuropäischen Standortwettbewerb scheint Deutschland derzeit das Nachsehen zu haben", sagte Henrik Ahlers, Vorsitzender der EY-Geschäftsführung. Der britische EU-Austritt (Brexit) habe Großbritanniens Anziehungskraft auf ausländische Investoren hingegen nur unwesentlich geschmälert. Nachbar Frankreich habe in den vergangenen Jahren wichtige Reformen umgesetzt und sich einen Ruf als attraktiver Investitionsstandort erarbeitet.

Hohe Energiekosten in Deutschland

"Deutschland ist ohne Zweifel ein sehr starker und wettbewerbsfähiger Standort", sagte Ahlers. Er erinnerte an das neue Werk des E-Autobauers Tesla im brandenburgischen Grünheide und die von Intel angekündigte Chip-Fabrik in Magdeburg. Deutschland werde aber nachgesagt, langwierige Verwaltungs- und Genehmigungsprozesse sowie vergleichsweise hohe Energiekosten zu haben.

Auch der Fachkräftemangel spiele eine Rolle. "In Deutschland herrscht in einzelnen Regionen und Branchen annähernd Vollbeschäftigung - wer hier neu Fuß fassen möchte, hat es teils sehr schwer, in ausreichendem Maß qualifiziertes Personal zu finden", sagte Ahlers. Das schrecke potenzielle Investoren ab.

Die Umfrage

Für die Studie wurden laut EY Investitionsprojekte berücksichtigt, die zur Schaffung neuer Standorte und neuer Arbeitsplätze führen. Sogenannte Portfolio- und M&A-Investitionen wurden hingegen nicht erfasst - dabei geht es beispielsweise um Beteiligungen an Unternehmen, Fusionen und Unternehmenskäufe. Zudem wurden 501 Entscheidungsträger von international tätigen Unternehmen im Zeitraum vom 17. Februar bis zum 6. April 2022 befragt. (dpa/rs)