Weihnachten wie es sich gehört. Endlich bescherte das Schlussquartal den Warenhäusern von KarstadtQuelle den ersehnten Wandel: Zum ersten Mal seit zehn Jahren wuchsen die Einnahmen je Verkaufsfläche im Vergleich zum Vorjahresquartal statt zu schrumpfen. Damit sei es gelungen, "die Negativ-Spirale zu stoppen und eine Trendumkehr zu erreichen", sagte Vorstandschef Thomas Middelhoff zu Beginn dieses Jahres.
Im Sommer 2005 hatte der Konzern kräftig geräumt und unter anderem 75 kleinere Warenhäuser unter dem Namen "Karstadt Kompakt" an die britischen Investoren Dawnay, Day Group und Hilco veräußert. Im Vorfeld hatte man bereits die IT-Systeme getrennt. Die Koordination des "Distanglement" (Entflechtung) lag beim Dienstleister Atos Origin. Drei Monate benötigte er, dann war die Arbeit getan. Pünktlich zur Eröffnung der "neuen" Firma Karstadt Kompakt am 3. Januar 2005 liefen die Systeme getrennt. Neun Monate später waren sie verkauft.
"KarstadtQuelle beziehungsweise die IT-Tochter Itellium konzentrierten sich derweil auf die Umsetzung der vereinbarten Restrukturierungen", sagt Joachim Brands, Geschäftsführer der IT-Tochter Itellium in Essen. "Dazu stellt Itellium im Schwerpunkt handelsnahe IT-Beratung bereit.“ Ein Fokus liegt dabei auf dem im Jahr 2003 gestarteten IT-Projekt "Forward", der Implementierung einer neuen Warenwirtschaft auf Basis von SAP Retail. An dieser Baustelle arbeiten sowohl Essen als auch Walldorf in einer strategischen Entwicklungspartnerschaft.
Im Betrieb ab August
Die Ende 2005 getestete Betaversion wurde offiziell in höchsten Tönen gelobt. Als "außergewöhnlich gut“ bezeichnete Helmut Merkel die Lösung. Merkel ist verantwortlich für den Einzelhandel im Vorstand von KarstadtQuelle. Operativ gesteuert werden die Prozesse ab August dieses Jahres, wenn sämtliche Kassensysteme ausgetauscht sind. Von der ursprünglichen Planung, das System später auch im Versandhandel einzusetzen, hat man sich allerdings wieder verabschiedet.
Dank der Zusammenarbeit mit dem Essener Warenhaus-Konzern konnte SAP die Standard-Lösung weiterentwickeln. Ab 2006 werden die Funktionalitäten für den Textilhandel im Standard "ERP 2005“ angeboten. Der Handel ist eine der "Schwachstellen“ des Software-Konzerns. Eine interne Untersuchung aus dem vergangenen Jahr zeigt, dass die Durchdringung unter den Top-500-Unternehmen mit 40 Prozent unterdurchschnittlich ist. In manchen Industrien liegt dieser Wert über 80 oder 90 Prozent.
Auch für KarstadtQuelle wird sich die Anwendung lohnen. Muss und will der Konzern doch seine IT-Kosten weiter senken. Bereits jetzt konnte mit Unterstützung der neuen Warenwirtschaft die Planung automatisiert, die Abschriften reduziert, der Lagerumschlag beschleunigt und der Einkauf enger an den Vertrieb gebunden werden. Läuft das System in sämtlichen Warenhäusern produktiv, könnte das nächste Weihnachten noch schöner werden.