Vorsicht, jetzt kommt ein ganz alter Hut: Mehr als ein Drittel aller Projekte gehen schief; Projektmanagement ist weithin ein Feld des Scheiterns. Ja, das weiß jeder CIO, das erleben die meisten tagtäglich und gelesen haben sie das auch schon oft - vor zig Jahren wahrscheinlich das erste Mal. Da muss die Frage nach dem Neuigkeitswert erlaubt sein, zugestanden. Also: Eine Studie des Project Management Institute (PMI), für die tatsächlich erst im Januar 2015 fast 2500 Projektverantwortliche weltweit befragt wurden, liefert als eine zentrale Erkenntnis genau das. Der alte Hut ist ein Evergreen; seine Gestalt ändert sich nicht.
Projektmanagement - eine Oase des Stillstands
Langweilig? Eher das Gegenteil. Denn eigentlich verändert sich doch alles rasend schnell. Und fast jeder vermeintlich begrabene Hype nimmt irgendwann doch Fahrt auf. Cloud Computing, Big Data, Internet der Dinge - die Themen mögen sich eine Weile zäh entwickeln, aber irgendwann tun sie genau das. Projektmanagement hingegen erscheint als Oase des Stillstands in unglaublich schnelllebigen Zeiten.
So sind weiterhin nur 64 Prozent aller Projekte halbwegs erfolgreich. Das ist eine Kennziffer, die das PMI ermittelt hat. Und dieser Wert liegt seit vielen Jahren immer bei 64 Prozent. Nur ab und an gibt es Ausnahmejahre, in denen sind es dann immer noch 62 Prozent sind. Außerdem ist die PMI-Studie eine jener Untersuchungen, die High Performer in ihrem Segment mit dem Rest des Feldes vergleicht. Es sind 12 Prozent der Firmen, die sich als besonders erfolgreich hervortun. Auch hier sind es seit Jahren 12 Prozent.
In Geld ausgedrückt heißt das: Von jeder Milliarde, die für Projekte und Programme ausgegeben wird, werden 109 Millionen nach PMI-Lesart schlicht und einfach verschwendet. Das Institut hat selbstverständlich eine Botschaft, die sie mit gewissem Eifer vertritt. PMI-Präsident Mark A. Langley schließt sein Vorwort im klassischen Prediger-Stil: "Spread the word - and let's do great things together."
Wie beim Lesen des Evangeliums
Und ja, es ist wie in der Kirche beim Lesen des Evangeliums, in dem nun auch nicht plötzlich etwas anderes drin steht als dereinst aufgeschrieben. Das PMI geht durchaus davon aus zu wissen, was die High Performer konkret besser machen als die anderen. Diese Botschaft ist in diesem Jahr deshalb auch nicht substanziell anders als in der Vergangenheit. Nur dass es neue Zahlen gibt, die das Erfolgsgeheimnis an sich ziemlich anschaulich enthüllen.
Aber verändern oder gar bessern will sich flächendeckend offenbar nichts. Die Baustelle Projektmanagement bleibt eine Baustelle bleibt eine Baustelle. Und im kommenden Jahr wird sie das auch noch sein. Wer es aber besser machen will, erfährt von Langley diesen Tipp: Back to basics!
3 Pfade zu mehr Erfolg
Es seien, ganz grundsätzlich, erst einmal drei fundamentale Wege, die back to basics führen, so das PMI:
1. Kultur: High-Performer verstehen die Wertigkeit von Projektmanagement und schaffen eine förderliche Denkart in ihren Organisationen.
2. Talent: Die erfolgreichen Firmen legen in signifikanter Weise mehr Augenmerk als andere auf Talent Management, fortlaufende Schulungen sowie formellen und effektiven Wissenstransfer.
3. Prozesse: Die Vorreiter unterstützen Projekt-, Programm- und Portfolio-Management durch standardisierte Praktiken. Und sie tun das, indem sie Projekte und Programme mit der Unternehmensstrategie verzahnen.
Agiles Projektmanagement verbreitet sich
Positive Veränderungen im Detail gibt es übrigens durchaus. So nutzen mittlerweile 38 Prozent der Firmen häufig agile, abgestufte und sich wiederholende Praktiken im Projektmanagement - ein Anstieg um acht Prozentpunkte innerhalb eines Jahres. Um ein Fünftel gestiegen ist im vergangenen Jahr auch die Effektivität beim Wissenstransfer.
Was zu tun wäre, erfahren die Anwender am anschaulichsten im vielfältigen Zahlenmaterial, das High Performer und Low Performer kontrastiert. Konsequentes Risikomanagement etwa muss in jede Erfolgsformel mit hinein. 83 Prozent der Klassenbesten nutzen dieses Instrument häufig, aber nur für 49 Prozent der Nachzügler gilt das ebenso.
Im Bereich der Kultur fällt besonders die Bedeutung von aktiv engagierten Unterstützern im Unternehmen auf. 81 Prozent versus 45 Prozent lautet hier das Verhältnis. 80 Prozent der Erfolgreichen verstehen nach eigener Einschätzung vollumfänglich den Wert von Projektmanagement; nur 36 Prozent der Erfolglosen tun das ebenfalls. Ausgeprägt sind in diesem Gebiet auch die Reifeunterschiede zwischen beiden Gruppen.
Wissenstransfer scheitert an Unternehmenskultur
Besonders intensiv beleuchtet die diesjährige Studie den Erfolgsfaktor Wissenstransfer. Die in diesem Feld effektivsten Firmen verbessern ihre Ergebnisse laut Studie um fast 35 Prozent. Dreimal so häufig wie andere verfügen diese Unternehmen über formale Wissenstransfer-Programme.
Das Scheitern in diesem Bereich liegt laut PMI vor allem an kulturellen Aspekten. 52 Prozent der Befragten verweisen darauf, dass ihr Unternehmen schlichtweg andere Prioritäten setze. 42 Prozent sagen, der Wert dieses Gebiet werde in ihrem Hause unterschätzt.
5 Schritte beim Wissenstransfer
Fünf Schritte hin zu einem erfolgreichen Wissenstransfer-Programm werden in der Studie genannt:
1. Identifizieren: Es gilt zu bestimmen, welches Wissen übertragen werden muss.
2. Sammeln: Das essenzielle Wissen, das transferiert werden soll, muss zuvor gesammelt werden.
3. Teilen: Methoden für den Transfer müssen etabliert werden.
4. Anwenden: Das transferierte Wissen sollte man hinterher auch wirklich nutzen.
5. Prüfen: Eine Evaluierung der Vorteile des transferierten Wissens empfiehlt sich.