13,5 Milliarden Dollar ist Symantec der Einstieg in das Geschäft mit Speichersoftware wert. So viel wird das Unternehmen in Form von Aktien für die Übernahme von Veritas auf den Tisch legen - die Aufwendungen für die Integration nicht eingeschlossen.
Damit geht Symantec in die Vollen, was die neue Ausrichtung seiner Produktstrategie betrifft. Die entsprechende Losung war bereits Anfang 2004 ausgegeben worden: Speichersoftware, Systemmanagement und Sicherheitslösungen sollen künftig gemeinsam unter dem Etikett "Datenintegrität" verkauft werden. "Die Kunden wollen die Komplexität zum Managen ihrer Infrastruktur verringern," begründet Symantec-CEO John Thompson den Schritt. Und mit je weniger Anbietern sie dies verhandeln desto besser.
Die Wünsche der Kunden sind die eine, der eigene Drang nach mehr Größe die andere Seite der Medaille. "Der Sicherheitsmarkt hat seine Grenzen", beschreibt Thomas Raschke, IDC-Security-Spezialist, das Dilemma des Anbieters. "Wer stark wachsen will, muss das in anderen Bereichen tun." Mit Veritas hat Symantec den passenden Kandidaten gefunden. Niemand bezweifelt, dass der Trend zu Überschneidungen im Sicherheits- und Speichergeschäft geht. Beide Unternehmen sind wichtige Größen in ihrem Segment: Symantec führt mit Abstand im stark fragmentierten Security-Geschäft, Veritas ist, je nach Definition, die Nummer eins beziehungsweise zwei für Storage-Software.
Auf Dauer waren diese Positionen beiden zu unbequem. Langfristig muss sich Symantec nicht nur gegen direkte Wettbwerber wie CheckPoint oder McAfee behaupten. Auch Konzerne wie Cisco und Microsoft zeigen ein reges Interesse am wachsenden Security-Markt. Dagegen kämpfte Veritas mit einem Umsatz von rund zwei Milliarden Dollar gegen EMC, Computer Associates, HP und IBM. Allesamt globale Schwergewichte, die anders als Veritas nicht bloß mit Speichersoftware ihr Geld verdienen.
Wechsel in eine andere Liga
Nun wird der neu zu formende Konzern selber zum Schwergewicht. "Symantec wechselt damit in eine andere Liga", erklärt Raschke. "Aber ich glaube nicht, dass wir von heute auf morgen eine Verschmelzung von Storage- und Security-Markt sehen werden", bremst er die Euphorie. Das Unternehmen reiht sich nun hinter den Softwaregrößen Oracle, SAP und Microsoft ein. Als Nummer vier im weltweiten Software-Markt hofft man auf den Vorteil der Starken. "Die Großen erhalten ein größeres Stück vom Kuchen, und zu denen zählen wir jetzt", bekannte John Schwarz, Chief Operating Officer von Symantec.
Damit kann sich das Machtgefüge sowohl im Sicherheits- als auch im Speichermarkt durchaus zugunsten des neu geschaffenen Riesen verschieben. Doch Symantec darf keine Zeit verlieren. "Die Integration muss gelingen," sagt Rakesh Kumar, Senior Vice President for Technology bei Meta Group. "Das ist keine triviale Übung." Es gilt, sowohl die Produkte beider Hersteller zu integrieren als auch den Vertrieb neu aufzustellen. Mindestens ein Jahr, glaubt Kumar, wird das Unternehmen dafür benötigen.
Inzwischen wird die Konkurrenz alles daran setzen, das Vakuum zu nutzen, das eine Integration in dieser Größenordnung unweigerlich erzeugt. Ganz so neu, wie Symantec glauben machen will, ist das Angebot von kombinierten Storage- und Security-Lösungen schließlich nicht. CA etwa etablierte erfolgreich seine Produktfamilie "Brightstore", und IBM bietet mit einem Bündel unterschiedlicher Produkte Lösungen sowohl für die Sicherheit als auch für die Speicherung und Verfügbarkeit von Daten an. Dagegen müssen Symantec und Veritas nun den Vorteil ausspielen, dass ihre Produkte in beiden Bereichen anerkannt sind.
Mit der Kombination beider Welten bewegt sich der Markt in eine Richtung, die für viele CIOs schon Realität ist. Auf der einen Seite stehen sie einer steigenden Datenflut gegenüber, die sie mit unterschiedlicher Software über verschiedene Speichermedien hinweg bewältigen. Auf der anderen Seite erfordern neue Regularien wie der Sarbanes-Oxley Act, Basel II und KonTraG eine ausgefeilte Sicherheitsstrategie. Das Internet, die Verbreitung von Speichernetzen, immer mehr große Wide Area Networks, aber auch die Verlagerung der Intelligenz auf Netzinfrastrukturen wie bei Switches machen auch Speichersysteme angreifbarer.
Da bislang keine integrierte Software existiert, die die wachsenden Probleme auf einen Schlag löst, erweitern die Anbieter vor allem durch Zukäufe ihr Portfolio. CA etwa erwarb mit Netegrity eine IdentityManagement-Lösung, die auch für die Sicherung von Speichersystemen eingesetzt werden kann.
EMC kaufte den Back-up-Spezialisten Legato und rüstete sich für das Thema Information-LifecycleManagement mit dem Content-Management von Documentum. Für den Bereich Virtualisierung akquirierte der US-Konzern außerdem den Spezialisten VMware. Veritas wiederum übernahm die Firmen Ejasent, Invio Software und KVault Software (KVS), um sich unter anderem Zugang zu Märkten wie Applikationsvirtualisierung oder E-Mail-Archivierung zu verschaffen.
Entsprechend dieser zusammengewürfelten Angebote setzen auch die meisten Unternehmen die unterschiedlichsten Produkte ein. Diese heterogene Infrastruktur zu verwalten, zu warten und zu pflegen kostet. Um möglichst effizient zu arbeiten, wollen CIOs verstärkt in Storage-Management-Systeme investieren. Laut IDC und Gartner verzeichnen Lösungen zur Verwaltung von Kapazitäten, Speichernetzen und Softwareverteilung sowie virtuelle Systeme den stärksten Nachfrageanstieg. "Die Umsätze werden bis 2008 im Schnitt um mehr 16 Prozent pro Jahr wachsen", prophezeit Gartner-Analystin Carolyn di Cenzo. Auftrieb wird auch das Geschäft mit Archivierungslösungen oder hierarchischem Speichermanagement erhalten.
Der Anwender steckt in einer Zwickmühle
Doch schlägt sich die starke Nachfrage nicht unbedingt in besseren Konditionen für den Kunden nieder. "Die Softwarepreise steigen", warnt Meta-Group-Mann Kumar. "Da tickt in vielen Unternehmen eine Zeitbombe." Denn in den meisten Fällen sind die Kosten direkt an die Speicherkapazitäten gekoppelt. Vergrößern sich diese über die Jahre, explodieren die Budgets irgendwann. Der Anwender steckt in einer Zwickmühle, denn den Luxus eines Speichersystemwechsels leistet sich kaum jemand. "Der CIO ist gefangen", sagt Kumar. Seien die Produkte einmal integriert und das Personal trainiert, steige keiner mehr so schnell um. "Außerdem steht er dann wieder vor demselben Problem."
Er rät den Kunden, die Verhandlungen so hart wie möglich zu führen. Auch einen zweiten Anbieter ins Unternehmen zu holen verstärke den Druck. "Die einzelnen Lösungen unterscheiden sich immer weniger", so Kumar "Aber ohne saubere Storage-Management Prozesse werden die CIOs am Ende verdammt viel Geld bezahlen müssen." Er ist überzeugt, dass Speichertechnologien künftig nur noch vor dem Hintergrund einer entsprechenden Sicherheitsstrategie eingesetzt werden. Langfristig heißt das, dass die Verschmelzung beider Bereiche für Anwender wie Anbieter gleichermaßen schlüssig ist.