Von 800 auf zehn: Philips; von 40 auf fünf: BP; von 160 auf zwei: Unilever. Immer häufiger wird bekannt, dass Großkonzerne die Zahl ihrer Lieferanten radikal reduzieren. Das Zauberwort heißt: strategische Lieferantenbeziehung, neudeutsch: Strategic Sourcing. Im Autobau längst Usus, setzt sich der Weg nun auch im Bereich IT-Services fort. Schon seit einigen Jahren verringern Unternehmen damit die Fertigungstiefe ihrer IT (siehe Grafik).
Doch beim Lieferanten-Management geht es um mehr als um Kostenreduzierungen dank einer schlankeren Verwaltung. "Die Situation ist unüberschaubar, es gibt keine oder nur eine geringe Kontrolle, also können die Unternehmen kaum verhindern, dass teils sich überschneidende, teils gegensätzliche Arbeiten erledigt werden", sagt Ralph Jahnke, Geschäftsführer im Bereich Technology bei Accenture. Mit anderen Worten: Wegen fehlender Transparenz zahlt der CIO für kostspielige externe Leistungen und bekommt im schlimmsten Fall noch nicht einmal die gewünschte Qualität.
Accenture hat nun eine Studie in Auftrag gegeben, um diese zunächst nur gefühlte Lage mit Fakten zu erhärten. Die von PAC durchgeführte Erhebung für den Bereich Anwendungsbetreuung und -entwicklung bestätigt die Beobachtungen: Dank strategischem Lieferanten-Management spart die IT Geld, verbessert die Qualität der Services und vermeidet unnötige Risiken. "Wer sich auf viele verschiedene Kleinstlieferanten verlässt, hat keine Transparenz", sagt PAC-Analyst Tobias Ortwein. Saubere Dokumentationen über die geleistete Arbeit fehlen oftmals ebenso wie Service Level Agreements. So etwas kann über einen bestimmten Zeitraum gut gehen, darf aber keine langfristige Einkaufspolitik sein. "Letztlich fahren die Unternehmen damit ein wesentlich höheres Risiko, als wenn sie sich auf einen strategischen Lieferanten verlassen und mit ihm einheitliche Service Levels vereinbaren", warnt Ortwein.
Ersatz oder Vermittlung
Prinzipiell stehen dem CIO zwei Wege zur Konsolidierung seiner IT-Lieferanten offen: Er ersetzt viele oder sogar alle Dienstleister durch einen einzelnen Anbieter (Substitution), oder er wählt einen Dienstleister, der sich um die Service-Erbringer kümmert, indem er die Verträge verwaltet und die Kommunikation steuert (Vermittlung). "Einen Königsweg gibt es nicht", sagt Ortwein. Auf keinen Fall soll der CIO das Thema allein bewältigen. Nur wenn der Finanzchef, der Einkauf und auch die Personalabteilung die geplante Maßnahme unterstützen, kann man überhaupt von einer Strategie sprechen. Und nur wenn es eine Strategie gibt, kann diese auch Früchte tragen.
"Von den gesamten Kosten der Anwendungsentwicklung und -betreuung lassen sich zwischen 30 und 40 Prozent einsparen"verspricht Accenture-Manager Jahnke. Er greift damit höher, als die Teilnehmer der Studie erwarten, 42 Prozent der befragten Manager rechneten mit rund zehn Prozent. Um mehr rauszuholen, fällt ein nicht geringer Aufwand an. Dieser lohnt sich laut Jahnke erst für Konzerne mit einem Umsatzvolumen von mindestens fünf Milliarden Euro und einer Zahl von Subkontraktoren von wenigstens 60. Partner finden die Konzerne vor allem bei klassischen globalen IT-Dienstleistern wie Accenture, IBM, HP oder T-Systems, die strategisches Sourcing in der einen oder anderen Form anbieten. Dank einer Mischung aus standardisierten Methoden, Skalenerträgen und Nutzung von Offshore-Kapazitäten können diese den Service für beide Seiten gewinnbringend liefern.
Doch auch mit erfahrenen Profis an der Seite kommt auf den CIO ein echter Kraftakt in Sachen Change-Management zu. Gründliche Vorbereitung, Analyse und Ausarbeitung der Strategie ist das eine. Das andere ist der Know-how-Transfer, und hier wird es richtig spannend. Schließlich braucht die IT nun das Wissen von Leuten, die jahrelang einen guten Job gemacht haben, um sich dann von ihnen zu verabschieden. Besonders knifflig ist es auch, wenn der Freelancer sogar geistiges Eigentum an der Software-Entwicklung besitzt. "Wird die Transformation falsch angefasst, gehen die Leute einfach und nehmen ihr Wissen mit", sagt Ortwein.
CIO mit breitem Kreuz gefragt
Darüber hinaus müssen auch die internen IT-Kräfte lernen, dass die mitunter langjährig gepflegten Beziehungen zu Dienstleistern nicht mehr in der gewohnten Form bestehen bleiben. Auch in den Fachabteilungen kann sich durchaus Widerstand gegen die neue Methode bilden. Die Einführung eines strategischen Lieferanten-Managements verknüpft Tobias Ortwein daher klar mit den Fähigkeiten des IT-Management: "Um das durchzusetzen, muss der CIO schon ein breites Kreuz haben."