Zum vorläufigen Ende eines mehrtägigen Streiks haben Beschäftigte des Versandhändlers Amazon an zwei deutschen Verteilzentren erneut die Arbeit niedergelegt. Am Samstag beteiligten sich nach Angaben der Gewerkschaft Verdi 200 Mitarbeiter am größten deutschen Standort in Bad Hersfeld an dem Protest. In Leipzig waren laut Verdi rund 150 Beschäftigte im Ausstand. Das sei ein Drittel der Schicht gewesen. Der Streik sollte mit Abschluss der Spätschicht enden.
Wann Verdi in dem seit mehr als einem Jahr andauernden Tarifkonflikt zum nächsten Streik aufruft, ist unklar. "Amazon muss damit rechnen, dass sie keine ruhige Minute mehr haben", sagte Thomas Schneider von der Gewerkschaft Verdi in Leipzig. Zu jeder Zeit und an jedem Ort könnte die Arbeit niedergelegt werden.
Bei der langwierigen Auseinandersetzung sieht Verdi erste Erfolge. "Wir verzeichnen stetig Terrain-Gewinne. Es gibt mittlerweile an allen deutschen Standorten Betriebsräte", sagte Eva Völpel vom Verdi-Bundesvorstand. Zudem will die Gewerkschaft an allen größeren Standorten einen paritätisch besetzten Aufsichtsrat durchsetzen. "Ziel ist es, künftig auch über die Gremien gegen die Tarif-Blockade des Konzerns vorzugehen", sagte Verdi-Onlinehandelsexperte Stefan Najda der "Wirtschaftswoche".
Verdi habe deshalb in den vergangenen Wochen an den Amazon-Standorten Leipzig, Graben, Koblenz und Rheinberg sogenannte Statusverfahren eingeleitet, sagte Najda. Dabei werde gerichtlich überprüft, ob die jeweiligen Amazon-Tochterunternehmen mehr als 2000 Mitarbeiter beschäftigen und entsprechend Aufsichtsräte bilden müssen, bei denen die Beschäftigten die Hälfte der Mitglieder stellen. Vorbild der Aktion ist der Amazon-Standort in Bad Hersfeld. Dort wurden Ende August zwei Verdi-Vertreter in den Aufsichtsrat gewählt. Zuvor war das Kontrollgremium über ein Statusverfahren erweitert worden.
Verdi will Branchen-Primus Amazon zu Tarifverhandlungen zu den Bedingungen des Einzelhandels bewegen. Amazon sieht sich selbst aber als Logistikunternehmen und lehnt die Forderungen ab. Mittlerweile wird an bis zu fünf Standorten gestreikt. Involviert sind auch die Lager in Rheinberg und Werne (beide NRW) und Graben in Bayern. (dpa/rs)