Der Klimawandel hat die Diskussion um Kohlendioxidemissionen neu angeheizt. Das Marktforschungsinstitut Gartner rechnet vor, die gewerbliche IT sei für rund zwei Prozent des weltweiten CO2-Austoßes verantwortlich und belaste damit die Umwelt genauso wie der Flugverkehr. Da trifft es sich, dass sich umweltfreundliche IT-Infrastrukturen mit dem Wunsch der Unternehmen decken, bei der IT die Kosten zu verringern. Im Idealfall lässt sich mit praktiziertem Umweltschutz tatsächlich eine ganze Menge Geld sparen.
Effiziente Infrastruktur spart Energie
Für die Europäische Union (EU) besteht Grüne IT vor allem aus Fragen der Entsorgung von Altgeräten (WEEE, "Waste Electrical and Electronic Equipment") und der Vermeidung von Schadstoffen bei der Herstellung (RoHs, "Restriction of the use of certain hazardous substances in electrical and electronic equipment"). Im kommenden Jahr 2008 wird eine Vorschrift zum Stromverbrauch im Stand-by-Betrieb elektronischer Geräte hinzukommen (EuP, "Energy using Products"). Der Umwelt ist damit aber ebenso wenig gedient wie dem Budget von Unternehmen, die über eine umfangreiche IT-Infrastruktur verfügen. Daher erweitern Analysten und Anbieter von Hard- und Software die Definition. Die Experton Group beispielsweise versteht unter umweltfreundlichen IT-Infrastrukturen "eine effiziente Nutzung der Energie(Hardware), energieeffiziente Hardware und Kühlung sowie Abwärmenutzung". Auch Soft- und Hardware-Hersteller sowie Unternehmen wie Google, Yahoo, Intel, Microsoft oder Fujitsu Siemens blasen ins gleiche Horn und arbeiten an Technologien, die die hohe Latte der gerade in Kraft getretenen Energy-Star-Richtlinie (Version 4.0) der US-Umweltbehörde EPA überwinden helfen. Die verlangt unter anderem eine Energie-Effizienz von 80 Prozent.
Von Green IT angesprochen fühlen sich aber auch Druckerhersteller und Anbieter von Storage-Lösungen, die ihrerseits Beiträge zum umweltfreundlichen und kostensparenden Computing leisten möchten.
Weltweit arbeiten einer Studie von Jonathan Koomey zufolge rund 14 Kraftwerke der 1.000-Megawatt-Klasse daran, Rechenzentren mit Strom zu versorgen. Die Rechnung für diesen gigantischen Stromverbrauch präsentiert der Wissenschaftler der Lawrence Berkeley National Laboratories gleich mit: Rund 5,2 Milliarden Euro gingen im Jahr 2005 für Server und die für ihren Betrieb nötige Infrastruktur drauf. Seit dem Jahr 2000, so Koomey weiter, habe sich der Strombedarf von Servern verdoppelt, und bis zum Jahr 2010 werde der Energiebedarf um noch einmal 40 Prozent steigen.
Umwelt kaum ein Investitionsthema
Keine Frage: Bei gleichzeitig explodierenden Energiepreisen wird das Stromsparen im Rechenzentrum ein wichtiges Zukunftsthema. Zwar berücksichtigten europäische Unternehmen Umweltgesichtspunkte bei IT-Investitionen "nur zögerlich", wie eine von Hitachi Data Systems durchgeführte Umfrage unter 950 IT-Entscheidern in EMEA ergab. Immerhin ein Drittel ziehe aber "Grün" als Entscheidungskriterium bei Ausschreibungen schon "in Erwägung", für 17 Prozent seien Stromverbrauch und Kühlung "bereits so kritisch, dass sie diese Punkte in den Kriterienkatalog bei Ausschreibungen aufgenommen haben".
Wer sich mit Energiesparkonzepten beschäftigt, dem winken spürbare Einsparungen, hat Fujitsu Siemens Computers (FSC) prognostiziert. FSC hält Stromeinsparungen von mehr als 70 Prozent für möglich. Nicht ganz so optimistisch zeigt sich IBM bei seinen Berechnungen: Bei einem 2.500 Quadratmeter großen Rechenzentrum ließen sich aber immerhin "bis zu 42 Prozent Energieeinsparung erreichen". Weitgehend einig sind sich die Experten über die nötigen Maßnahmen für das Einsparen von Energie und Kosten im Rechenzentrum.
PC: Energieverbrauch ohne Nutzen
Neben der Anschaffung energieeffizienter Server steht eine optimale Auslastung der Rechner im Vordergrund. Für Wolfgang Schwab, Senior Advisor der Experton Group in Ismaning, ist es "eine Binsenweisheit, dass die komplette Energie, die in die IT-Infrastruktur eingeht, früher oder später in Form von Wärme wieder abgegeben wird". Fast 70 Prozent dieser Energie, schätzt die Umweltorganisation Robin Wood, "verbraucht ein Rechner, während nicht an ihm gearbeitet wird". Also müssen - wenn neue Server angeschafft werden sollen - Energiesparmodelle her. Die Stromversorgung des sogenannten Esprimo E5615 EPA Professional PC von Fujitsu Siemens Computers beispielsweise verfügt über einen Wirkungsgrad von 80 Prozent und erfüllt damit die neue EPA-Richtlinie.
Eine Energieeffizienz von 80, bis zum Jahr 2010 sogar von 90 Prozent, ist auch das Ziel der von Intel und Google ins Leben gerufenen Initiative "Climate Savers Computing", der sich neben AMD, Microsoft und Yahoo rund 35 weitere Unternehmen angeschlossen haben. Für geringeren Verbrauch steht auch die bessere Aufgabenverteilung im Rechenzentrum. "Die durchschnittliche Server-Auslastung beträgt weniger als zehn Prozent", hat die Experton Group herausgefunden. Um bestehende Systeme besser mit Arbeit zu versorgen, plädieren Experten für mehr Virtualisierung. Statt für jede Anwendung einen eigenen Server, eine eigene Datenbank und ein eigenes Storage-System aufzusetzen, sollten unwirtschaftliche Server-Farmen durch eine neue Generation von IT-Infrastrukturen ersetzt werden: virtualisierte und automatisierte IT-Landschaften mit einer flexibleren IT bei sinkenden Kosten. Damit diese Vision Realität wird, müssen die Server- und Speicherkapazitäten sich den einzelnen Verbrauchern frei zuweisen lassen und als universeller Ressourcen-Pool zur Verfügung stehen. Zudem sollte dieser Vorgang schnell und automatisiert ablaufen.
Strato spart 30 Prozent der Kosten
Beispiel Strato: An den beiden Standorten Berlin und Karlsruhe sind für rund eine Million Kunden des Web-Hosters gut 30.000 Server im Einsatz. "Durch energieeffiziente Hardware, intelligente Gebäudetechnik und plattformoptimierte Software", so der Strato-Vorstandsvorsitzende Damian Schmidt, "konnten wir den Energieverbrauch und damit sowohl Energiekosten als auch CO2-Ausstoß allein in den letzten 18 Monaten um 30 Prozent pro Kunde senken."
Sinkende Energiekosten verspricht auch das optimale Nutzen der im Server-Betrieb entstehenden Abwärme. Statt aufwendig klimatisierte Luft in die Rechenzentren zu blasen und die warme Abluft nutzlos ins Freie zu entlassen, plädiert Wolfgang Schwab, Senior Advisor bei der Experton Group, für intelligente Nutzung der Abwärme, etwa durch Wärmepumpen: "Ziel sollte es sein, die Wärme in den Rechenzentren durch Wasserkühlungen abzuführen und durch Wärmepumpen weiter zu nutzen, was die Betriebskosten deutlich senkt."
Auch die bestehende Infrastruktur kann zur Kostensenkung beitragen. Moderne Betriebssysteme wie Vista, aber auch Linux-Systeme bieten reichlich Möglichkeiten zum Energiesparen. Der Umstieg von Windows XP auf Vista spare aufgrund der voreingestellten, auf dem Industriestandard ACPI (Advanced Configuration and Power Interface) basierenden Stromsparfunktionen pro Desktop-PC und Jahr rund 70 Euro, wie eine Studie von PC Pro Labs in England ergeben hat. Über Gruppenrichtlinien, so Microsoft Deutschland, könnten IT-Manager die Stromverbrauchfunktionen unternehmensweit einstellen: "Damit reduzieren Unternehmen die laufenden Kosten, ohne den täglichen Arbeitsablauf zu stören."