Smartphones, Tablet-PCs, herkömmliche Handys – man ist im Jahre 2011 immer und überall erreichbar und stets verbunden mit dem World Wide Web und auch dem Firmennetzwerk. So betrachtet ist es durchaus plausibel, dass die Berater von Deloitte ihre Studie zu den Perspektiven des globalen Mobil-Konsumenten mit dem Begriff "Sucht" überschreiben. Die Sucht nach Konnektivität hat bereits ein bemerkenswertes Ausmaß errreicht. Und die Junkies wollen – so ist das mit dieser Spezies – immer mehr.
Deloitte fragte für die weltweite Studie unter anderem, wie viele mobile Endgeräte die Befragten besitzen oder nutzen können. Auf den ersten Blick scheint es so, als ob ausgerechnet in den stets zum Trendsetter erkorenen Vereinigten Staaten das Mobility-Fieber die niedrigsten Höhen aufweist. Etwa 15 Prozent in den USA verfügen über gar kein mobiles Endgerät, jeweils ein gutes Viertel über eines oder zwei, etwa jeder Zehnte über drei und immerhin über fünf Prozent über vier.
2 bis 10 Handys pro Person
Großbritannien erscheint aus europäischer Perspektive da schon typischer: Kein Handy gibt es nur noch selten, ein mobile Endgerät ist mit über 40 Prozent der Normalzustand, ein gutes Viertel hat zwei Stück, etwa zehn Prozent haben drei. Alles was darüber hinausgeht, sind Ausnahmefälle. Demgegenüber gibt ein Zehntel der befragen Chinesen an, über fulminante zehn mobile Endgeräte verfügen zu können.
Wer diesen Befund alleine für fragwürdig hält, hat Recht. Er erklärt sich durch das Design der ambitionierten Studie, für die mehr als 30.000 Menschen befragt wurden. In Ländern wie den USA, Großbritannien, aber auch Deutschland und Frankreich ließen die Berater für die Gesamtbevölkerung repräsentative Umfragen durchführen; in den asiatischen Ländern und Südafrika adressierte die Befragung alleine die wirtschaftlich entwickelten und potente Ballungsräume.
Nichtsdestotrotz unterfüttern die Ergebnisse die These einer Sucht nach Konnektivität. Deloitte erinnert in einer historischen Rückschau an die These von vor fünf Jahrzehnte, dass es weltweit nur einen Markt für fünf Computer gebe. Tempi passati: „In einem Jahr erwarten wir, dass die durchschnittliche Zahl an Mobiltelefonen weiter gestiegen ist“, merken die Berater an.
Tablets bringen Netzwerke an Grenzen
Die Netzwerkbetreiber sieht Deloitte vor große Herausforderungen gestellt angesichts der Vielfalt der Kunden. Eine Baustelle seien die Interkonnektivität verschiedener Geräte, das Filesharing über alle Geräte hinweg und auch der Beratungsbedarf, welche Art von Gerät denn für die jeweiligen Bedürfnisse eines Nutzers am besten geeignet ist.
Als Beispiel führt Deloitte die wachsende Verbreitung von Tablet-PCs an. Sie werden vor allem vom Kunden mit hohem Datenaufkommen genutzt, gerne herunter geladen werden Videos. „Aber es wird schwierig sein, die vielen Video-Streaming-Anfragen der Tablet-Besitzer über ein zellulares Mobilfunknetzwerk zu befriedigen“, argwöhnt Deloitte.
Die Berater nahmen des Weiteren verschiedene Perspektivfragen auf dem Mobility-Markt unter die Lupe. Etwa jene, was zur Verbreitung von mobilen Breitbandverbindungen der neuesten Generation mit einer Geschwindigkeit von 100 Mbit pro Sekunde beitragen kann. Die Antwort ist eindeutig: Zwar wünschen sich die Befragten partiell auch bessere Qualität, mehr Sicherheit und größere Nutzerfreundlichkeit, fast jeder Zweite sogar noch mehr Speed.
Highspeed-Verbindungen nur bei niedrigem Preis
Aber alles das scheint zweitrangig gegenüber der Frage nach dem Preis. Über die Hälfte gibt an, erst bei niedrigeren Tarifen über eine Breitbandnutzung nachdenken zu wollen.
Deloitte schürfte an dieser Stelle tiefer und analysierte für die Märkte in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden, wie tief die Verbraucher für mobilen Data Service in High Speed in die Tasche greifen würden. Der Ergebnis: Der optimale Preis wäre um die 50 US-Dollar monatlich. 55 US-Dollar wären für die meisten Befragten zu viel, unter 40 US-Dollar würde ebenfalls unattraktiv für die User erscheinen.
Nach Einschätzung der Berater wird sich dieser Markt entwickeln, aber mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Für die Anbieter könne die Avantgarde eine höchst lukrative Zielgruppe sein, das gleiche gelte aber für Nutzer, die mit niedrigen Geschwindigkeiten vollauf zufrieden sind.
Kein Ende von SMS
Die Berater klopfen ferner die These auf Plausibilität ab, dass in der angebrochenen Smartphone-Ära das Text Messaging via SMS allmählich beerdigt werde. Dafür gibt es empirisch allerdings keinen Ansatzpunkt. Für Großbritannien zeigt sich, dass Smartphone-User zwar weniger häufig SMS verschicken als junge Erwachsene bis zu 24 Jahre. Aber rund 80 Prozent der Smartphone-Nutzer nutzen diesen Kommunikationskanal jeden Tag – ein Wert, der über dem Bevölkerungsschnitt liegt.
Sowohl im Vereinigten Königreich als auch in China ist die SMS für fast alle Smartphone-Besitzer eine alltägliche Angelegenheit, während nicht einmal die Hälfte täglich E-Mails versendet oder in sozialen Netzwerken unterwegs ist.
Werbelinks werden oft nicht angeklickt
Noch auf sich warten lässt der Durchbruch des Werbens über den mobilen Kanal. Rund fünf Milliarden Handyverträgen weltweit stellt Deloitte weltweite Werbeausgaben von 500 Milliarden US-Dollar gegenüber, von denen aber lediglich ein verschwindender Bruchteil für mobiles Marketing ausgegeben wird. „Mobile Werbung sollte besser abschneiden“, meinen die Berater. Trotz aller Hemmnisse: Weil sich über keinen anderen Kanal die Zielgruppe genauer treffen lasse, werde das Zeitalter der mobilen Werbung früher oder später kommen.
Die wichtigsten Impulse dafür dürften aus Asien kommen, wenn man die aktuelle Deloitte-Umfrage zu Grunde legt. Denn die Zurückhaltung liegt nicht alleine bei Unternehmen, die sich auf dieses Terrain bisher nicht so recht begeben wollen.
Desinteresse an Werbung
Auch die Verbraucher in den USA und Großbritannien reagieren bisher skeptisch und desinteressiert auf Werbung, die auf ihr Mobiltelefon kommt. Bis auf wenige Ausnahmen reagieren die Briten darauf überhaupt nicht, die Verbraucher in den USA kaum besser.
Anders ist die Lage in China und Südkorea. Dort gibt es nicht nur mehr direkte Einkäufe auf die Anregung hin. Um die zwei Fünftel der Befragten klicken wenigstens Links an oder informieren sich anderweitig über das beworbene Produkt. In Europa und Nordamerika tut das kaum einer.
Die Studie Addicted to connectivity. Perspectives on the global mobile consumer, 2011 steht auf der Homepage von Deloitte zum Download bereit.