Das Aus für das Pannen-Smartphone Galaxy Note 7 kommt für den Technologie-Riesen Samsung wie für Südkorea zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Schon gibt es Befürchtungen, die Probleme mit dem Gerät, das eigentlich ein Vorzeige-Smartphone werden sollte, könnten nicht nur Samsungs Image schaden, sondern auch auf Südkoreas Ruf als High-Tech-Standort abfärben. Doch wie weit die Folgen für Asiens viertgrößte Volkswirtschaft letztlich reichen werden, gilt zumindest als ungewiss.
Samsung habe eine große Bedeutung für den Handel und die Industrie des Landes, sagt Kang Du Yong von der Analyse-Abteilung beim staatlichen Koreanischen Institut für Industrie, Wirtschaft und Handel (Kiet). Es sei aber eine Krise für Samsung, "nicht für Korea".
Allerdings stemmt sich die Regierung derzeit mit allen Kräften gegen die Wachstumsschwäche. Die Exporte - normalerweise die Triebkraft der Wirtschaft - gingen im September erneut zurück, nachdem sie im August erstmals seit 20 Monaten wieder gestiegen waren. Neben anderen Faktoren wie etwa Streiks in der Autoindustrie machte das Handelsministerium auch den Rückruf des Note 7 wegen Brandgefahr bei den Akkus dafür verantwortlich.
Samsung ist die wertvollste Marke des Landes, die Produkte des Elektronikherstellers gehören zu den wichtigsten Exportgütern und prägen das Bild eines technikversessenen Landes mit, das Ausländer von Südkoreahaben. "Psychologisch ist Samsung für die Koreaner das Aushängeschild, und es ist ein Unternehmen, das sich ein gewisses Branding erarbeiten konnte", sagt der Leiter von Germany Trade and Invest, die Außenwirtschaftsagentur Deutschlands in Südkorea, Alexander Hirschle.
Samsung spielte neben anderen großen Mischkonzernen wie Hyundai oder LG unter Südkoreas Kommandowirtschaft der 60er- und 70er Jahren eine wichtige Rolle, als es darum ging, das Land nach japanischem Vorbild zu einer modernen Industrienation umzugestalten. Doch Anfang der 90er Jahre hatte Lee Kun Hee, der öffentlichkeitsscheue frühere Chef der Samsung-Gruppe, erkannt, dass der Konzern die Größten wie Sony oder Philips nur dann überholen könne, wenn er auch selbst modernste Technologien entwickeln und sich als Qualitätsmarke etablieren könnte. Heute ist das Konzern-Flaggschiff Samsung Electronics Weltmarktführer bei Smartphones, Fernsehern und Speicherchips.
Einig sind sich die Analysten, dass die Smartphone-Krise für das Unternehmen keine existenzbedrohende Dimensionen annimmt, aber empfindliche Kratzer an seinem Image hinterlassen wird. Samsung hatte das erkannt, als sich nach der ersten Rückrufaktion im September erneut Verbraucher mit Beschwerden meldeten, dass auch vermeintlich sichere Note-7-Austauschgeräte in Flammen aufgingen. Der Apple-Konkurrent stellte daraufhin nicht nur den weltweiten Verkauf, sondern gleich die ganze Produktion ein.
Für Samsung kommt das Debakel auch deshalb zu einem kritischen Zeitpunkt, da sich das Unternehmen angesichts wachsender Konkurrenz aus China unter großem Druck befindet. Hirschle sieht die Probleme mit dem Samsung-Smartphone dann auch von einer grundsätzlichen Seite. "Samsung ist symptomatisch für die gesamte südkoreanische Wirtschaft." Früher habe Südkorea damit Erfolg gehabt, bestehende Produkte auf hoher Qualitätsstufe, aber zu einem attraktiven Preis zu kopieren. Doch mittlerweile habe man mit China einen Konkurrenten im Rücken, der nach ähnlichem Muster vorgehe, aber über eine größere Marktmacht verfüge.
Südkorea wird vom einstigen Jäger zum Gejagten
"Südkorea befindet sich damit in einer ähnlichen Situation wie Deutschland, weil sie eine Qualitätslücke zwischen sich und die Verfolgern setzen müssten", sagt Hirschle. Das werde eine Herausforderung für Samsung wie auch die gesamte koreanische Wirtschaft sein.
Die Antworten auf die Frage, inwieweit sich der Smartphone-Rückruf auf das Land auswirken könne, fallen vorsichtig aus. "Das ist nicht leicht vorauszusagen", sagt etwa Wi Pyoung Ryang vom Forschungsinstitut für Wirtschaftsreformen in Seoul. Aber Samsung sei natürlich ein Unternehmen, das weltweit vom Kundenvertrauen abhänge. "Und es ist ein Unternehmen, das Korea repräsentiert." Insofern könnten die Probleme mit dem Smartphone, wenn auch nur zu einem gewissen Grad, auf das Südkorea-Bild im Ausland abfärben. (dpa/s)