Der Wunsch, Finanzstrukturen und -flüsse einzelner oder mehrerer Partner einer Lieferkette zwecks Rentabilitätssteigerung unternehmensweit zu optimieren, lässt Entscheider offenbar in die Tasche greifen. 69 Prozent der Unternehmen evaluieren Supply Chain Finance Tools (SCF) oder arbeiten bereits damit. Wenn man es richtig macht, lohnt es sich: Besonders erfolgreiche Firmen ("Best in Class") berichten sechs mal häufiger von Wettbewerbsvorteilen durch SCF als der Durchschnitt.
Dabei beziehen sie sich zum Beispiel auf Personalkosten, die Schnelligkeit von Rechnungsbegleichungen oder die Transparenz von Geschäftsprozessen.
Beim SCF geht es um den Austausch von Geldern, Dokumenten und Informationen zwischen allen Partnern einer Lieferkette. Damit kann im einfachsten Fall schon E-Invoicing gemeint sein. Aberdeen glaubt jedoch, dass Supply Chain Finance über kurz oder lang ganz anders aussehen wird und strategische Bedeutung erhalten kann.
Noch ist es nicht soweit. Ein Blick auf den faktischen Einsatz von SCF zeigt, dass selbst bei den Klassenbesten unter den Studienteilnehmern Electronic Invoicement mit 63 Prozent der Nennungen dominiert. Weitere 25 Prozent planen den Einsatz binnen 18 Monaten. Immerhin mehr als jeder Zweite (53 Prozent) managt handelsspezifische Dokumente per SCF (Planung innerhalb von 18 Monaten: 40 Prozent). Geht es dagegen um elektronische Zahlungsprozesse, Invoice Discount Management oder Charge-back Management, wird die tatsächliche Durchdringung mit 38 Prozent, 20 Prozent und 19 Prozent schon dünner.
Warum? Zunächst einmal ist der technologische Aufwand nicht zu unterschätzen: 56 Prozent der Studienteilnehmer nennen die interne Integration als Hauptschwierigkeit. Fast ebenso vielen (55 Prozent) bereitet das Re-Design der Geschäftsprozesse zwecks Einpassung der neuen Lösung Probleme. Und immerhin 49 Prozent berichten von erheblichem Widerstand der Belegschaft. 47 Prozent nennen Zeit und Kosten für Trainings als Problem, 44 Prozent geben offen zu, die internen IT-Ressourcen nicht bereitstellen zu können.
Die Autoren der Studie lassen zusätzlich einen CIO zu Wort kommen, der allein schon Schwierigkeiten hatte, einen Anbieter zu finden, der seine Erfordernisse einschätzen und bedienen konnte.
Nichtsdestoweniger sind die Erwartungen an SCF hoch. 88 Prozent der Befragten wollen den Status der Rechnungen kontrollieren können, 81 Prozent den Bearbeitungsstand von Bestellungen. Außerdem sollte es Informationen über Key Financial Metrics, Lieferungen oder Zahlungsbedingungen geben.
Bei den Features stehen Cash flow Forecasting sowie Analyse-Tools (je 69 Prozent) und der mobile Zugang zur Plattform (67 Prozent) ganz oben auf der Liste.
Die Analysten raten CIOs Folgendes:
Zunächst einmal muss geklärt werden, welche Partner sich an Supply Chain Finance beteiligen sollen und wo Ziele und Bedürfnisse übereinstimmen. Welche Metriken stehen im Vordergrund? Hat jeder Partner die eigene IT gut genug organisiert, damit die Kette funktioniert?
Unternehmen müssen sich für eine Plattform entscheiden, die Zugang zu den adäquaten Financing-Optionen bietet. Geht es um den Purchase-to-Pay-Prozess mit Zulieferern (AP-Seite) oder um den Order-to-Cash-Prozess mit Kunden (AR-Seite)? Es sollte ein entsprechender Business Case entwickelt werden.
CIOs mit mehr Erfahrung können sich auf das Verbessern der Transparenz konzentrieren. Dabei geht es nicht nur um Lieferungen und Bestandsverwaltung, sondern auch um B2B hubs und das Einklinken in globale Handels-Management-Plattformen.
Übergeordnetes Ziel für SCF-Könner ist die Optimierung des Financial Risk Managements.
Aberdeen hat für den Report "Technology Platforms for Supply Chain Finance" die Strategien von 100 Unternehmen analysiert.