Entwicklungen des Marktes hätten laufend neue Anforderungen an das im Jahr 2000 gestartete Projekt hervorgebracht, erklärte Swiss Life-Sprecherin Irene Fischbach gegenüber CIO-Online zu den Gründen für das Scheitern. Sie räumte ein: "Die Komplexität wurde zu Beginn offenbar nicht ganz richtig eingeschätzt." Die Sprecherin verwies auch darauf, dass die Rahmenbedingungen für Versicherer auf dem Markt in den letzten Jahren insgesamt härter geworden seien. Zudem habe 2002/2003 das Management der Swiss Life vollständig gewechselt.
Wie viel Geld der Versicherer bisher in Amarta gesteckt hat, wollte Fischbach nicht sagen. Angaben der in der Schweiz erscheinenden Sonntagszeitung, wonach das Vorhaben 500 bis 800 Millionen Franken verschlungen hat, bezeichnete sie als "viel zu hoch". Für IT-Entwicklungen habe die Swiss Life in der Schweiz insgesamt nur ein jährliches Budget von rund 60 Millionen Franken.
Bereits im April wurde die Abkehr von Amarta intern bekanntgegeben. Man wolle "das IT-Entwicklungsprogramm für das Kollektivgeschäft neu ausrichten", schrieben Schweiz-Chef Paul Müller und der verantwortliche IT-Manager Reto Himmel laut der Sonntagszeitung damals in einer Mitteilung.
Auch Irene Fischbach betont, dass es sich um eine Neuausrichtung handle. "Das Ziel, alle Plattformen für das Kollektivgeschäft auf einem System zusammenzuführen, bleibt bestehen." Statt einer Lösung aus einem Guss sollen nun im Rahmen von Amarta entwickelte Kernfunktionalitäten mit Modulen ergänzt werden, die für das Einzelversicherungsgeschäft entwickelt wurden.
Diese Lösungen müsse man natürlich in einigen Punkten anpassen, sagte Fischbach. Die Programme sind im Rahmen des Projekts für das Einzelversicherungsgeschäft, "EV-Transformation", entstanden. Dieses habe die Swiss Life 2007 erfolgreich abgeschlossen.
Projekt erst 2014 abgeschlossen
Laut Sonntagszeitung trägt das Amarta-Ersatzprojekt den Titel "KV-Transformation" und soll im vierten Quartal des Jahres anlaufen. Den ursprünglichen Planungen für Amarta zufolge sollte die einheitliche IT-Plattform bis 2009 fertig sein. Dieses Zeitziel werde nicht erreicht, sagte Fischbach jetzt. Das Unternehmen peilt nun das Jahr 2011 an, um die einheitliche IT-Plattform aufzubauen. Danach soll es weitere drei Jahre dauern, bis alle notwendigen Anpassungen umgesetzt sind.
Nach dem Aus für Amarta müssen der Sonntagszeitung zufolge nun zunächst alte Systeme wieder zum Einsatz kommen und rund 200 Firmenkunden erneut umgestellt werden, die bereits über Amarta betreut wurden.
Effizienzgewinne
Angelaufen war Amarta im Jahr 2000. Das Unternehmen erhoffte sich von der einheitlichen IT-Plattform im Kollektivgeschäft große Effizienzgewinne. Der Branchen-Dienst Inside-IT.ch verweist auf Medienberichte, wonach die IT-Konsolidierung der Swiss Life jährliche Einsparungen von 130 Millionen Franken ermöglichen soll. Sprecherin Fischbach wollte konkrete Zahlen nicht nennen.
Amarta sollte indes auch den Kunden Vorteile bringen. Ihnen sollten mithilfe des neuen IT-Systems neue Versicherungsformen angeboten werden können.
Insgesamt waren Swiss Life zufolge rund 150 Mitarbeiter mit dem IT-Projekt befasst, allerdings nicht alle in Vollzeit. Neben eigenen Business- und IT-Leuten arbeiteten auch externe Fachleute mit. Die Sonntagszeitung berichtet, dass teilweise auch indische Programmierer zu geringen Lohnkosten engagiert worden seien, als das Projekt 2003 erstmals ins Trudeln geriet.
Geschäftsberichte enthüllen Schwierigkeiten
Im Geschäftsbericht für das Jahr 2000 heißt es, dass die neuen Systeme ab 2002 schrittweise zum Einsatz kommen sollten. Dass bei der Umstellung Probleme auftraten, wird bei der Lektüre von späteren Geschäftsberichten deutlich. So heißt es im Bericht der Beruflichen Vorsorgestiftungen Swiss Life für 2004, dass die Kundendienstmitarbeiter nach der Einführung von Amarta anfangs "oftmals vor ungewollten Herausforderungen" gestanden hätten, die "Flexibilität und Geduld" erforderten.
Die Kollektivverträge der beruflichen Vorsorgestiftungen wurden bis Ende 2003 in der UBS-Applikation GEST geführt und zum 1. Januar 2004 auf Amarta migriert. Laut dem Geschäftsbericht war man damals noch überzeugt, Amarta sei ein "modernes und benutzerfreundliches Workflow-System", das die Mitarbeiter in der Administration entlasten sollte.
Auch im Geschäftsbericht ein Jahr später war davon die Rede, dass die Kundendienstmitarbeiter "verständlicherweise noch mit einigen Tücken" des neuen Systems zu kämpfen gehabt hätten. Gleichwohl seien dessen Vorteile offensichtlich, hieß es damals.