Es war nicht schön, was Noch-Telekom-Chef René Obermann gestern verkünden musste: Der Konzern hat im abgelaufenen Jahr einen Verlust von 5,3 Milliarden Euro angehäuft. Schuld daran sind Abschreibungen auf eine US-Tochter, seinen Ursprung hat das Desaster in Vor-Obermann-Zeiten.
T-Systems, der IT-Dienstleister, erzielte dagegen ein Plus von 0,6 Prozent. Insgesamt belief sich der externe Umsatz hier auf 6,6 Milliarden, der Gesamtumsatz, also der Umsatz inklusive der Geschäfte mit dem eigenen Konzern, auf zehn Milliarden Euro. Das Plus war in beiden Teilen - also intern und extern - gleich hoch. Die bereinigte EBIT-Marge lag bei 1,1 Prozent nach 0,2 Prozent im Jahre 2011.
Traditionell stark im Infrastruktur-Geschäft
T-Systems bewegt sich mit diesem Wachstum auf einem ähnlichen Niveau wie andere große IT-Dienstleister. Positiv zu bewerten ist das Ergebnis deshalb, weil T-Systems traditionell stark im Infrastruktur-Geschäft engagiert ist, jenem Bereich, der am meisten dem hohen Preisdruck in der Branche ausgesetzt war und ist.
Für Ausgleich sorgte die Globalisierung des Geschäfts, T-Systems steigerte den internationalen Umsatz um satte sechs Prozent gegenüber 2011 auf 3,2 Milliarden Euro.
Kein Schlaraffenland mehr
Frank Ridder, Vice President Research bei Gartner, ist davon überzeugt, dass das Servicegeschäft mit Firmenkunden dem Telekom-Konzern auch in Zukunft weit mehr Freude bereiten wird als beispielsweise das mühselige Beglücken von Handybenutzern: "T-Systems hat eine enge Bindung an seine Kunden, die Umsatzströme sind langfristig und stabil."
Wie stabil, das beweist ein Deal, auf den das Unternehmen stolz in der Pressemitteilung zu den Bilanzzahlen hinweist: Der Mineralölkonzern Shell hat den 2008 mit T-Systems geschlossenen Vertrag über weltweite Rechenzentrumsleistungen vorzeitig um weitere fünf Jahre bis 2018 verlängert.
Im Mobilfunk dagegen, so Gartner-Analyst Ridder, seien die Umsätze volatil und schwer prognostizierbar: "Die Anbieter müssen die Netze immer weiter ausbauen, Bandbreite schaffen, nur um ihre Kunden zu bestenfalls stabilen Preisen halten zu können."
Dass auch die Deutsche Telekom diesem Druck ausgesetzt ist, offenbarte René Obermann, als er bei der Verkündigung der Bilanzzahlen über die Zukunft sprach: Allein in den Jahren 2013 bis 2015 werde der Konzern 30 Milliarden Euro investieren, vorrangig in den Netzausbau. Erträge durch diese Maßnahme? Unklar.
Da ist das Business von T-Systems deutlich angenehmer, selbst wenn vom "Schlaraffenland IT-Services" keine Rede mehr sein kann, wie Frank Ridder formuliert.
Auch Hagen Rickmann, Mitglied der Geschäftsführung von T-Systems, sieht fundamentale Veränderungen im Markt, hält sein Unternehmen aber für gut vorbereitet:
Auftrag von BAT über SAP-Services aus der Cloud
"Klassische Outsourcing-Aufträge werden zahlenmäßig immer weniger vergeben. Die großen Unternehmen haben diese Form längst genutzt und steigen immer stärker darauf ein, Cloud-Lösungen für ihre Geschäftsmodelle einzukaufen. Das heißt für uns als Dienstleister, dass wir leicht integrierbare Cloud-Services erstellen, die wir mit möglichst wenig Reibungsverlusten durch interne Schnittstellen auf die Straße bringen."
Dafür habe man gerade den Enterprise Marketplace für Großkunden gestartet. Er biete unterschiedliche Cloud-Lösungen, ausgelegt für bis zu fünfstellige Anwenderzahlen. "Die Aufträge von heute sind kleiner - in der Laufzeit und im Volumen. Dafür kommen mehr", so Rickmann.
Vor allem aus dem Ausland: T-Systems hat mit dem Tabakkonzern BAT einen Deal für SAP-Services aus der Cloud mit einer Laufzeit von sieben Jahren abgeschlossen. Die Georg Fischer AG, ein Industriekonzern aus dem Schweizerischen Schaffhausen, bezieht fünfeinhalb Jahre lang Cloud Services aus dem Rechenzentrum von T-Systems in München.
Und der BP-Konzern setzt, wie bereits erwähnt, bei der Kommunikation von weltweit 83.000 Mitarbeitern ebenfalls auf Wolkendienste der Telekom-Tochter. Um nur drei Beispiele zu nennen.
Telkos sind im Vorteil
Nach Ansicht von Christophe Chalons, Chief Analyst von PAC, hat T-Systems "strukturell die richtigen Entscheidungen getroffen. Gut war vor allem, das Portfolio weitgehend zu standardisieren. Das Unternehmen hat die richtigen Themen, wird aber immer noch zu sehr als Infrastrukturprovider wahrgenommen. Das wollen sie unbedingt ändern, auch deshalb hat T-Systems aus vier Geschäftsbereichen zwei gemacht."
Der Vorstand hatte vor Weihnachten verkündet, sämtliche Aktivitäten ab 2013 unter den beiden Labels 'Sales' und 'Delivery' zu bündeln mit dem Ziel, noch kundenspezifischer integrierte Cloud-Lösungen anbieten zu können.
Am Image der T-Systems werden diese Pläne nicht scheitern: Als die Wirtschaftswoche zusammen mit dem Hamburger Beratungsunternehmen Faktenkontor zwischen April und August 2012 Entscheider aus den 1.500 größten Unternehmen und den 100 größten Finanzdienstleistungsgesellschaften in Deutschland nach ihren Erfahrungen mit IT-Dienstleistern fragte, machte das Unternehmen eine gute Figur. T-Systems wurde am zweithäufigsten von allen empfohlen und ist auch die Nummer zwei, wenn es um besonders schwierige Aufgaben geht. Auf die Frage, wen die Befragten in den zurückliegenden 24 Monaten Beauftragt hatten, nannten sogar die meisten T-Systems.
Alles golden also? Nicht ganz. Der Druck auf die Preise wird noch größer werden in den kommenden Monaten. Denn immer mehr Anwendungen und Services wandeln sich zu Commoditys. Was aber Commodity ist, will der Kunde so billig wie möglich einkaufen. Und den Weg, die eigenen Services maximal zu standardisieren und zu industrialisieren, um trotz Preisdrucks noch etwas daran zu verdienen, gehen die anderen IT-Dienstleister auch.
Die T-Systems ist nach Auffassung von Gartner-Analyst Frank Ridder dabei leicht im Vorteil: "Es gibt aktuell vier Zunkunftsthemen in der IT: Social Media, Mobility, Analytics und Cloud Computing. Bei zwei dieser Themen, Mobility und Cloud, haben Telkos beziehungsweise ihre Töchter eine Pole-Position, weil sie über eine eigene Netzinfrastruktur verfügen."